Glinde. Politiker gehen im Streit um die Beteiligung Jugendlicher am Geschehen in der STadt auf die Gegenseite zu und heben die Altersgrenze an.
Im Streit um die Beteiligung von Jugendlichen an der Glinder Kommunalpolitik ist eine Lösung in Sicht. Bei einem ersten Treffen nach dem Eklat auf der jüngsten Stadtvertretersitzung näherten sich Politiker und junge Aktive an. Wie berichtet, hatten die Kommunalpolitiker der Bildung eines Jugendbeirates zugestimmt, die Jugendlichen allerdings mit der Änderung der Satzung für das neue Gremium verprellt. Sie beschlossen, dass die Jugendbeiratsmitglieder nur aus Glinde stammen und nicht älter als 18 Jahre sein dürfen. Die Kandidaten verließen aus Protest die Sitzung.
Politiker gestehen Fehler bei der Kommunikation ein
Ähnlich wie im Seniorenbeirat sollten Glinder Kinder und Jugendliche die Gelegenheit bekommen, eine Interessenvertretung zu wählen. Der Jugendbeirat hat Rede- und Antragsrecht in politischen Gremien, ist bei Entscheidungen, die Jugendliche betreffen, anzuhören. Auslöser des Wunsches nach einem solchen Beirat ist die Fusion der Glinder Gemeinschaftsschulen. Die Stadt hatte es versäumt, die Jugend im Vorwege zu beteiligen und musste dies mit einer Großveranstaltung nachholen. Durch die Satzungsänderung können sich nun viele der jungen Aktiven, die sich für eine Jugendvertretung stark gemacht und das Konzept erdacht haben, nicht hineinwählen lassen.
Im einem ersten Krisengespräch hatten der Grünen-Politiker Jan Schwartz und SPD-Stadtvertreter Oliver Sendzik einen runden Tisch vorgeschlagen. Die jungen Leute griffen die Idee auf und luden jetzt selbst Vertreter der Parteien und der Stadt zum Gespräch. Das Abendblatt baten sie um die Moderation. Unterstützung bekamen die jungen Aktiven von Malte Harlapp, dem Grünen-Jungpolitiker und ehemaligen Kreisschülersprecher aus Reinbek.
Im Herbst landesweite Wahl der Jugendbeiräte
Gleich zu Beginn der Diskussion stand eine Entschuldigung seitens der Politiker. „Wir haben ein riesiges Kommunikationsproblem. Wir können ja froh sein, wenn Jugendliche sich engagieren“, sagte Jan Schwartz. „Wir haben uns unter Druck gesetzt gefühlt, dass wir etwas in die Wege leiten sollen, damit die Jugendbeiratswahl im November stattfinden kann“, bekannte der Bürgermeisterkandidat und Ortsvorsitzende der Grünen. CDU-Fraktionschef Rainer Neumann sagte: „Wenn ich gewusst hätte, dass durch diese Satzungsänderung der Großteil der Jugendlichen ausgeschlossen wird, hätte ich länger darüber nachgedacht.“ Oliver Sendzik (SPD) schilderte, was die Politiker zur Änderung bewegt hatte: „Was wäre, wenn die Mitglieder fünf 21-Jährige aus Oststeinbek sind?“ Es sollten aber überwiegend Glinder sein. „Wir wollen, dass Glinder in die Politik kommen.“ Die Politik sei einig, „dass wir das so nicht stehen lassen können“, sagte Neumann. Die CDU sei für andere Lösungen offen. Zum Beispiel, dass die Mitglieder mehrheitlich aus Glinde stammen.
Die Jugendlichen hatte am meisten enttäuscht, dass ihnen im Vorfeld nicht mitgeteilt wurde, dass es zur Satzung Bedenken gab. „Wir saßen in der Stadtvertretung und wussten gar nicht, was da abgeht“, sagte Sinan Tanrikulu (16), Sprecher des kommissarischen Jugendbeirates. Auch Jugendpflegerin Angelika Thomsen saß mit am Tisch. Sie erklärte, der Beirat habe kein Stimmrecht, sondern nur eine Beratungsfunktion und ein Antragsrecht. „Kein Oststeinbeker bestimmt also über irgendwas in Glinde“, stellte sie klar. Thomsen erläuterte auch die Idee hinter der Landesmustersatzung für Jugendbeiräte, die als Vorlage für das Glinder Regelwerk gedient hatte. Sie sei den Lebensbedingungen im Flächenland Schleswig-Holstein angepasst. Die Jugend treffe sich heutzutage in den Schulen, in denen im Herbst auch landesweit die neuen Jugendbeiräte gewählt werden dürfen.
Annäherung beim Alter der Beiratsmitglieder
Dabei werde es schwierig, die Glinder von Nichtglindern zu trennen, meinte Sinan Tanrikulu. „Jugendliche aus anderen Orten verbringen viel Zeit in Glinde“, betonte er. Die jungen Leute hätten zueinander Vertrauen aufgebaut, wollten jetzt nur gemeinsam weitermachen. „Uns ist es wichtig, dass wir – die wir hier unseren Lebensmittelpunkt haben – für die Kinder und Jugendlichen in Glinde da sein können.“ Die Ansage der Stadtvertreter, sie könnten sich nicht wählen lassen, habe sie frustriert.
Auch hinsichtlich des Alters der Beiratsmitglieder gibt es eine Annäherung. Die Altersgrenzen seien in vielen Nachbarkommunen höher gesetzt, räumte Jan Schwartz ein. Er sehe trotzdem die Gefahr der Beeinflussung der Jüngeren durch die Älteren. „Wir haben das eher als pädagogische Unterstützung gedacht, dass die Älteren die Jüngeren an die Hand nehmen“ , erläuterte Thomsen. Malte Harlapp sagte: „Im Ahrensburger Kinder- und Jugendbeirat gibt es einen Studenten, der ist 25 Jahre alt, das hat dem Beirat nicht geschadet.“ Dass 18-Jährige in politische Parteien eintreten könnten, zählte für ihn nicht: Die Obergrenze in den Jugendorganisationen läge bei 30 (Jusos) bis 35 Jahren (Junge Union).
Am Schluss stand ein Kompromiss. „Wir haben alle die Bereitschaft erklärt, das Gremium gemischt zu besetzen, mit einer Majorität von Mitgliedern aus Glinde, und die Altersgrenze auf 21 Jahre anzuheben“, sagte Jan Schwartz. Ein Verhältnis von 3:2 oder 4:3 von Glindern zu Nicht-Glindern scheint allen praktikabel. Die Politiker wollen das nun in ihre Fraktionen tragen. Die müssen die Satzung erneut auf die Tagesordnung des Sozialausschusses am 12. September setzen, sagte Bürgermeister Rainhard Zug. Die Jugendlichen werteten das Gesprächsergebnis als Vertrauensbeweis in ihre Arbeit. Sie boten an, als Arbeitsgemeinschaft weiterzumachen, bis die Satzung überarbeitet ist.
Der Auftakt zur Jugendbeiratswahl ist am 20. September im Kieler Landeshaus. Die zwei Monate bis zu den Wahlen sollen für Wahlwerbung und Kandidatensuche genutzt werden. Die Wahlen in den teilnehmenden Kommunen sind vom 20. bis 27.November angesetzt. Der 20. November ist der Tag der Verabschiedung der UN-Kinderrechtskonvention.