Grönwohld/Kiel. Innerhalb von elf Tagen werden 14 Menschen zwischen Todendorf und Trittau verletzt. Ein Mensch stirbt. Nun soll Kiel handeln.
Trümmerteile liegen über viele Meter auf dem Asphalt verstreut. Retter der Feuerwehr schneiden Autowracks auf, um Verletzte zu bergen – es sind grauenhafte Bilder, die sich in den vergangenen Tagen auf der Bundesstraße 404 boten. Innerhalb von nur elf Tagen ereigneten sich drei schwere Frontalzusammenstöße auf dem Abschnitt zwischen Trittau und Todendorf. Dabei starb ein Mensch. 14 wurden verletzt, fünf davon schwer.
„Nur ein vierspuriger Ausbau, könnte verhindern, dass sich solche Unfälle wiederholen“, sagt Kay-Uwe Güsmer, Verkehrsexperte bei der für Stormarn zuständigen Polizeidirektion in Ratzeburg. Denn erst bei zwei Spuren pro Fahrtrichtung kann eine Mittelschutzleitplanke installiert werden. Sie soll verhindern, dass Autos in den Gegenverkehr geraten. So wie bei den drei Unfällen der vergangenen Tage. Die Gründe für die folgenschweren Spurwechsel waren dabei unterschiedlich.
Beim jüngsten Unfall geht die Polizei von einem Fehler beim Überholen aus. Obwohl auf dem Abschnitt Überholverbot gilt, scherte am späten Sonntagnachmittag kurz vor der Anschlussstelle Grönwohld eine 66-Jährige mit ihrem Audi Q 5 zum Überholen eines Fahrzeugs aus. Wie berichtet, übersah die Frau aus Heidelberg dabei offenbar, dass ihr ein Auto entgegenkam. Beide prallten frontal zusammen. Die Audi-Fahrerin sowie ein 29-Jähriger, ein knapp zwei Jahre alter Junge und ein sieben Wochen altes Mädchen erlitten leichte Verletzungen. Eine 33 Insassin (33) wurde hingegen schwer verletzt.
Polizei stellte Führerschein der Unfallfahrerin sicher
Im anderen Unfallfahrzeug saß eine Familie aus Berlin. Die Fahrerin (37) wurde lebensgefährlich, ihr Beifahrer (33) schwer verletzt. Ein zwei Jahre alter Junge kam mit leichten Verletzungen in ein Krankenhaus. Weil die Audi-Fahrerin eine schwere Straßenverkehrsgefährdung beging, stellte die Polizei ihren Führerschein sicher.
Zu dem tödlichen Verkehrsunfall vom Freitag können die Ermittler bislang noch nicht sagen, warum der Autofahrer plötzlich in den Gegenverkehr geriet und dort mit einem Tanklaster zusammenstieß. Der Mann starb noch am Unfallort. „Laut Zeugenaussagen war er weder zu schnell unterwegs, noch wollte er ein anderes Auto überholen“, sagt Polizeisprecher Marco Hecht-Hinz. Somit könne die Polizei bislang nur spekulieren, ob der Mann beispielsweise wegen eines Smartphones abgelenkt war oder gesundheitliche Gründe vorlagen. Letzteres ist der Grund, warum es am 20. Juli zu einem Zusammenstoß kam. Laut Polizei verlor ein 56-Jähriger die Kontrolle über sein Peugeot und prallte mit einem Kleintransporter zusammen. Der Peugeot-Fahrer und sein zehnjähriger Sohn wurden schwer verletzt. Die Ursachen sind zwar verschieden, doch ein Grund, warum es zu solch schweren Unfällen kommt, ist laut Kay-Uwe Güsmer das hohe Verkehrsaufkommen auf der B 404. Das führt hin und wieder zu riskanten Überholmanövern. Oder es sind Unachtsamkeiten von Autofahrern, die schnell in einen verheerenden Zusammenprall münden.
Polizei zählt 1000 Verstöße jährlich gegen Überholverbot
Bereits seit Jahren gilt die Bundesstraße zwischen den Autobahnen A 24 und A 1 in Stormarn als Todesstrecke. „Wir und der ADAC haben schon 2006 den vierspurigen Ausbau gefordert“, sagt Güsmer. Doch die Politik ordnete damals nur einen dreispurigen Ausbau an, der 2008 begann. „Wir mussten sparen – und ein vierspuriger Ausbau war aufgrund der Verkehrszahlen nicht zwingend erforderlich“, sagt Harald Haase, Sprecher des Innenministeriums, auf Abendblatt-Anfrage. Ferner sei ein dreispuriger Ausbau schneller erledigt und führe somit schneller zur Entschärfung der Situation. Doch dieser Plan ging nicht auf. Heute ist lediglich ein Drittel der Strecke dreispurig, von der A 24 bis Trittau. Abwechselnd haben die Autofahrer beider Richtungen dort eine Überholspur. Für die anderen Abschnitte ist das Planfeststellungsverfahren noch nicht abgeschlossen.
Die drei schweren Unfälle der vergangenen Tage ereigneten sich auf zweispuriger Strecke. Stormarns Polizei zählte seit Anfang des Jahres drei weitere Unfälle, bei denen es aber bei Blechschäden blieb. Um weitere schwere Zusammenstöße zu verhindern, sieht auch Lukas Kilian (CDU), der Vorsitzende des Kreisverkehrsausschusses, nur die Möglichkeit eines vierspurigen Ausbaus. „Der muss jetzt so schnell wie möglich kommen. Alle anderen Möglichkeiten die Verkehrssicherheit sind ausgeschöpft.“ Das sieht auch Kay-Uwe Güsmer so: „Wie haben Überholverbote und auch Tempolimits an gefährlichen Stellen.“ Zudem mache die Polizei verstärkt Geschwindigkeits- und Überholverbotskontrollen. „Pro Jahr haben wir 1000 Verstöße gegen das Überholverbot in Stormarn, die meisten auf der B 404“, sagt Güsmer. Doch ein Ausbau zur A 21, ist laut Ministerium derzeit nicht geplant. Haase: „Wir werden weiter dreispurig ausbauen.“