Ahrensburg. Der Ausbau der Bahnstrecke bedeutet für einen Bahnübergang das Aus. Doch dann wäre eine Frau vom Verkehrsnetz abgeschnitten.

Ein Haus mit eigenem Bahnübergang – klingt nach Luxus, ist aber in diesem Fall eine schlichte Notwendigkeit. Denn das ehemalige Bahnwärterhäuschen kurz vor Wulfsdorf, das keine zehn Meter von den Schienen entfernt an der Bahnstrecke zwischen Hamburg-Rahlstedt und Ahrensburg liegt, ist nur über den kleinen beschrankten Bahnübergang Grävinghorst erreichbar. Das Gleiche gilt für das Weide- und Ackerland zwischen Wulfsdorf und dem Braunen Hirsch, das nur über die Schienenquerung zugänglich ist, weil es vom sensiblen Naturschutz- und Grabungsgebiet des Tunneltals umschlossen wird und nicht an ein bestehendes Straßennetz östlich der Bahntrasse angebunden werden kann.

Fiele der Bahnübergang weg, die Frau wäre vom Verkehrsnetz abgeschnitten

Die endgültige Schließung des exklusiven Bahnübergangs ist jedoch absehbar. Denn mit dem geplanten Bau der S 4 wird die Trasse verbreitert und die Frequenz auf der Strecke erhöht, so dass beschrankte Übergänge nicht mehr für die Querung zugelassen sind. Gleichwohl muss Ersatz geschaffen werden, denn die Bewohnerin des Bahnwärterhäuschens wäre abgeschnitten von der Verkehrsinfrastruktur. Und auch die Landwirte könnten ihre Wiesen und Äcker jenseits der Gleise nicht mehr erreichen. Der Weg zum Wohnhaus und zu den landwirtschaftlich genutzten Flächen ist im Sinne des Paragrafen 3, Absatz 4 im Straßen- und Wegegesetz Schleswig-Holstein eine „sonstige öffentliche Straße“. Im Eisenbahnkreuzungsgesetz (EKrG) ist begründet, dass als Ersatz für den wegfallenden Bahnübergang eine andere Querung geschaffen werden muss. Die Planungshoheit dafür liegt bei der Deutschen Bahn.

Ahrensburg müsste ein Drittel der Kosten für die Brücke tragen

Bund und Land übernehmen jeweils ein Drittel der Kosten eines Neubaus. Das letzte Drittel würde die Stadt Ahrensburg tragen, zu deren Straßennetz die Verbindung am Grävinghorst gehört. Ahrensburg liegt im Planfeststellungsabschnitt 2, der noch im Stadium der Vorplanung ist. Gerade erst am Freitag, 28. Juli, wurde der Antrag auf Planfeststellung samt Unterlagen von der DB Netz, einer 100-prozentigen Konzern-Tochter, die für die Infrastruktur der Deutschen Bahn zuständig ist, beim Eisenbahnbundesamt eingereicht. Teil dieses Pakets ist ein Lösungsvorschlag für das vergleichsweise minimale Problem am Übergang Grävinghorst – oder besser gesagt: eine Vorplanung, die nach Abwägung verschiedener Alternativen für die Querung als bestmögliche, weil praktikabelste bevorzugt wird.

Die Bahn favorisiert eine Brücke, die etwa einen Kilometer in Richtung Ahrensburg vom Bahnübergang Grävinghorst entfernt liegen könnte. Sie soll von dem Grundstück Hamburger Straße 179 aus, auf dem seit mehr als 40 Jahren der Gebrauchshundesportverein (GHSV) Ahrensburg zu Hause ist, die Gleise überqueren und in eine Straße übergehen, die dicht an der Bahntrasse bis zum ehemaligen Bahnwärterhäuschen führt. Verworfen wurde die alternative Streckenführung durchs Tunneltal zur geplanten großen Brücke beim Braunen Hirsch. Diese kostengünstigere Lösung einer Straße, die ohne eigenes Brückenbauwerk auskäme, erwies sich als nicht umsetzbar, weil das Tunneltal EU-Naturschutzgebiet mit Fauna-Flora-Habitat-Status und zudem archäologisches Grabungsgebiet ist.

Für den Hundesportverein bedeutet die Planung das Aus

Auch der Bau einer Unterführung sei abgewogen worden, komme aber aus wirtschaftlichen und technischen Gründen nicht in Frage. Die DB Netz will mit einer Spannbetonbrücke mit etwa sechs Meter Fahrbahnbreite und einer lichten Höhe von ungefähr 5,75 Meter planen. Laut Vorplanung könnte sie auf der großen Wiese des Gebrauchshundesportvereins gegründet und von der Hamburger Straße (die ehemalige B 75) her angefahren werden. Klar ist, dass dann kein Platz mehr für den 1976 gegründeten GHSV wäre. Für den Hundesportverein wäre es wohl das Aus, denn die Vereinsmitglieder halten es für eher unwahrscheinlich, dass sie eine neue Fläche zu ähnlichen Konditionen in der Region fänden.

Der Plan, Brücke und etwa ein Kilometer Straßenanschluss zu bauen, mag die praktikabelste Lösung sein, aber es ist ein erschreckend hoher und teurer Aufwand für einen bescheidenen Zweck. Deshalb dürfte die Bahn auch noch eine weitere Alternative verfolgen, nämlich Entschädigungszahlungen für das ehemalige Bahnwärterhäuschens und die landwirtschaftlichen Nutzflächen auszuhandeln – im Falle einer Einigung wäre keine Querung an dieser Stelle mehr notwendig. „Grundsätzlich sind wir mit Anwohnern und Anrainern im ständigen Dialog und versuchen konstruktive Lösungen herbeizuführen“, sagt ein Bahnsprecher dazu diplomatisch. Die Bewohnerin des Hauses am Grävinghorst möchte auf Abendblatt-Anfrage keine Stellungnahme abgeben.