Ahrensburg. Prozess des wegen Beleidigung angeklagten Großhansdorfers geht schleppend voran. Befragung des Zeugen muss unterbrochen werden.
Aktenberge stapeln sich auf dem Richtertisch. Sie sind der überbordende Ertrag eines langwierigen Verfahrens, das auch an diesem Nachmittag nur schleppend vorankommt: Im stickigen Saal 1 des Ahrensburger Amtsgerichts nutzt der wegen Beleidigung angeklagte Umzugsunternehmer Erwin T. (alle Namen geändert) sein Recht zur Befragung des Zeugen Peter M. mehr als drei Stunden lang.
Ursprünglich wurde dem Großhansdorfer T. Beleidigung des Ahrensburger Bloggers Horst L. (72) vorgeworfen, mit dem er bereits seit 2009 im Streit liegt. Während diese Anschuldigungen wegen Gegenseitigkeit fallen gelassen wurden, muss er sich nun noch verantworten, weil er im Zuge mehrerer Verfahren auch Anwälte und Richter als Nazis oder Betrüger bezeichnet haben soll. So ist auch M., der in einem vorherigen Gerichtsprozess den Blogger vertreten hatte, in den Fokus des Angeklagten geraten.
Während des Verfahrens sitzt Erwin T. mit seinem Laptop auf der Anklagebank, stellt Fragen und notiert penibel Antworten. Zeuge M.: „Ich habe nur meinen Mandanten verteidigt und nichts gegen den Angeklagten gehabt. Erst als er mich als Nazi bezeichnet, mir Bestechung unterstellt und meine Frau obszön beleidigt hat, habe ich selbst begonnen, Strafanträge zu stellen“, sagt der Anwalt.
Während der Befragung muss der Vorsitzende Richter den Angeklagten immer wieder ermahnen, sein Recht zur Zeugenbefragung nicht zur Rechtfertigung seiner Beleidigungen zu nutzen. T. bittet um Verständnis, sagt, seine Äußerungen seien nur im Kontext einer auf dem Blog von L. veranstalteten Hetzjagd gegen ihn zu verstehen. „Sie mögen krass sein, haben aber einen Sachhintergrund“, sagt T. Wo er diesen verlasse, handele es sich um „Hilfeschreie“. Der Ahrensburger zerstöre mit seinen Blog-Beiträgen das Leben des Angeklagten, seine Ehe und seine Firmen, wie der Großhansdorfer behauptet.
Dabei sieht er sich der Justiz hilflos ausgeliefert. Zu kurze Öffnungszeiten des Gerichts erschwerten ihm seine Verteidigung, ein psychologisches Gutachten diene seiner Demütigung und sein Pflichtverteidiger koste nur Geld und Zeit, anstatt ihm zu helfen.
Er betont: „Ich bin uneingeschränkt verhandlungsfähig.“ Danach geht er jedoch so weit, seine Situation mit der von Juden und Kommunisten in den Konzentrationslagern des Dritten Reichs zu vergleichen.
Als „quälend“ bezeichnet der Vorsitzende Richter die nicht enden wollende Befragung des Zeugen Peter M. durch den Angeklagten. Obwohl Erwin T. zum wiederholten Mal einen Befangenheitsantrag gegen den Richter stellt, versichert dieser geduldig, alle Äußerungen im Kontext des langen Streits zu sehen. „Ich muss nun jedoch auf sachdienliche Fragen beharren“, sagt der Richter. Er bietet immer wieder an, die Verhandlung zu unterbrechen, damit der 58-Jährige sich sammeln oder mit seinem Verteidiger beraten kann, was dieser jedoch ablehnt.
So vergeht dieser mittlerweile sechste Verhandlungstag, ohne dass überhaupt die Befragung des ersten von zwei geladenen Zeugen beendet werden kann. T. kündigt an, dass er mindestens noch einen weiteren halben Tag brauche, um diese Befragung abzuschließen. Der nächste Verhandlungstermin ist in zwei Wochen, ein Ende des Verfahrens noch nicht absehbar.