Stapelfeld. Täglich Spitzenplätze bei Verkehrsmeldungen, immer wieder Unfälle bei Stapelfeld: Hauptproblem sind geringer Abstand und Ablenkung.

Sieben Kilometer Stau auf der A 1 vor Stapelfeld in Richtung Süden! Elf Kilometer stockender Verkehr vor Barsbüttel in Richtung Norden! Nahezu täglich nimmt Stormarn mit der 4,4 Kilometer langen Baustelle auf der Autobahn Hamburg-Lübeck Spitzenplätze in den Verkehrsmeldungen ein. Und nahezu täglich kommt es zu teils schweren Unfällen.

„Oft reicht ein leichter Zusammenstoß im Baustellenbereich aus, um sofort einen langen Stau auszulösen“, sagt Karsten Witt, Leiter des Polizei-Autobahn- und Bezirksreviers (PABR) Bad Oldesloe. Wenn zwei Autofahrer auf den beiden schmalen Spuren warten, bis die Polizei eintrifft, kommen keine weiteren Fahrzeuge mehr durch.

Täglich mehr als 93.000 Fahrzeuge in dem Abschnitt

Für die mehr als 93.000 Autos und Lastwagen, die täglich zwischen den Anschlussstellen Barsbüttel und Stapelfeld unterwegs sind, ist die Baustelle ein Nadelöhr. Zwischen Stapelfeld und Ahrensburg sind es sogar mehr als 95.000 Fahrzeuge in 24 Stunden. Jede Baustelle bedeutet für die Autobahnpolizei automatisch mehr Arbeit. „In den Bereichen passieren erfahrungsgemäß deutlich mehr Unfälle als auf freien Strecken“, sagt Karsten Witt.

Immer wieder Vollsperrungen und Staus

Mittwoch, 10. Mai:Eine Opel-Corsa-Fahrerin (19) schiebt gegen 7 Uhr im Baustellenbereich in Richtung Hamburg vier Autos ineinander. Drei leicht verletzte Frauen kommen ins Krankenhaus. Die Vollsperrung löst lange Staus auch auf den Umleitungen aus.

Donnerstag, 22. Juni: Gegen 10 Uhr bremst ein Lkw-Fahrer am Stauende bei Ahrensburg in Richtung Süden, zwei Kollegen fahren auf. Für einen Hubschraubereinsatz wird die A 1 eine Stunde gesperrt, der Verkehr staut sich bis zur Anschlussstelle Bargteheide.

Sonnabend, 1. Juli: In der Baustelle stürzt in Richtung Norden ein Lastwagen um. Der Fahrer hatte gegen 6 Uhr nach einem Hustenanfall die Kontrolle verloren. Für die Bergung bleibt die Strecke bis in den Nachmittag gesperrt, es gibt 15 Kilometer Stau

.Donnerstag, 6. Juli: Ein Sattelzugfahrer (43) rammt gegen 10.50 Uhr vor Barsbüttel einen VW Beetle am Stauende in Richtung Norden. Der Lkw durchbricht die Leitplanke, prallt auf der Gegenseite gegen einen Nissan. Die A 1 ist stundenlang gesperrt.kx

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Die Zahl bei Stapelfeld sei allerdings nicht überdurchschnittlich hoch. Dort wird seit Mitte April die Fahrbahn für knapp 24 Millionen Euro saniert. Der Verkehr fließt über jeweils zwei verengte Spuren auf der Gegenfahrbahn. „Beim Unfallgeschehen gibt es keine großen Unterschiede zu anderen Baustellen wie zum Beispiel zuletzt zwischen Bad Oldesloe und Reinfeld“, sagt Karsten Witt.

Gerade routinierte Fahrer sind manchmal abgelenkt

„Ablenkung ist ein großes Problem“, sagt Christian Hieff, Sprecher vom Allgemeinen Deutschen Automobil-Club (ADAC) Hansa in Hamburg. Laut einer Studie geht der Blick beim Navigieren und Handytelefonieren am längsten weg vom Geschehen auf der Straße. Aber auch beim Trinken oder Hantieren mit Dingen wie dem Brillenetui fehlt die Konzentration.

Auffällig sei, dass viele routinierte Lkw-Fahrer Auffahrunfälle verursachten. „Große Erfahrung führt schon mal zu Nachlässigkeiten“, sagt Hieff, „das kann jeder Autofahrer beobachten, wenn mit der Zeit der Schulterblick beim Abbiegen vernachlässigt oder mal aufs Blinken verzichtet wird.“ Gerade in Baustellen mit schmalen Spuren – vorgeschrieben sind rechts drei Meter und links 2,50 Meter – kann eine Unachtsamkeit schlimme Folgen haben.

Landesbetrieb: Abstände und Tempolimit einhalten

Der ADAC fordert eine Verschärfung der Gesetze für Notbremsassistenten, die seit 2015 in jedem neuen Bus und Lkw Pflicht sind. „Die Geschwindigkeit wird beim Erkennen von Hindernissen automatisch um zehn km/h reduziert, das ist viel zu wenig“, sagt Christian Hieff. Außerdem ließen sich die Systeme leicht abschalten. Das machten Lkw-Fahrer, um nicht von jedem vor ihnen einscherenden Auto abgebremst zu werden.

Der Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr (LBV) in Lübeck, der die bis Anfang Dezember dauernden Arbeiten koordiniert, appelliert daran, unbedingt Sicherheitsabstände und Tempolimit einzuhalten. Nur so lasse sich im Notfall auch eine Rettungsgasse bilden. „Und man sollte auf das Hin- und Herspringen in Kolonnen verzichten“, sagt LBV-Leiter Jens Sommerburg.

Lkw-Fahrer sollten sich nicht bis zuletzt gegenseitig überholen. Wenn die bis zu 18 Meter langen Trucks erst spät einscherten, werde es „furchtbar eng“. Sommerburg: „Das bremst den Verkehrsfluss, führt zu Staus und gefährlichen Situationen.“