Warum lieben Stormarner ihre Heimat? Das erfahren Sie in der Abendblatt-Serie „Liebeserklärung an...“. Heute: Hammoor.
SerieSie sind hier geboren und fest verwurzelt. Oder sie sind voller Überzeugung nach Stormarn gezogen, weil es ihnen hier so gut gefällt. Aber was genau ist es, das ihre Städte und Gemeinden so lebens- und liebenswert macht? Christina Schlie hat Hammoorer gefragt
„Alle Kühe haben Namen“
Der Hof von Karl-Heinz Ruge-Winterberg ist einer der letzten Milchbetriebe in Hammoor. 70 Kühe und ihre Nachzucht stehen auf dem Traditionshof. „Alle Kühe haben Namen“, sagt der 63-jährige. Im Schnitt gibt jede Kuh 9500 Liter Milch im Jahr. „Die Arbeit bringt Spaß“, sagt der gebürtige Hammoorer, auch wenn die Milchpreise und das Ansehen der konventionellen Landwirtschaft dem Bauern Kopfschmerzen bereiten. Vor 30 Jahren hat er den Hof übernommen. Viel Zeit, um die Welt außerhalb Hammoors zu erkunden, blieb ihm nicht. Ruge-Winterberg hofft, dass sein Sohn den Betrieb später einmal übernehmen wird. Die Lage in Hammoor ist nicht einfach. Die Flächen liegen sehr zerstreut, so Ruge-Winterberg. In zwei Jahren will er einen größeren Stall mit mehr Weidegang gebaut haben.
„Montags wird geschlachtet“
„Typisch für Hammoor ist die Schlesische Weißwurst“, sagt Thorsten Hoose und lacht. Nur dreimal im Jahr zu Weihnachten, Silvester und dem Sonnabend vor Rosenmontag – und nur auf Vorbestellung – stellt die Fleischerei diese Wurst her. Das Rezept stammt noch vom Großvater, der aus Schlesien geflüchtet ist und 1951 die Fleischerei in Hammoor gründete. Heute führen Thorsten (48) und seine Schwester Katja (45) das Geschäft. Eine weitere Schwester Stephanie (38) hilft ebenso wie die Mutter und eine Tante im Laden. Jeden Montag wird geschlachtet. Thorsten Hoose holt die Tiere selbst ab. Die Herkunft der Tiere bestimmt die Qualität der Ware. „Wir produzieren immer frisch“, sagt Katja Hoose. Acht bis zehn Schweine und ein Rind pro Woche werden verarbeitet. Die Familie ist sehr verwurzelt mit Hammoor. „Wir leben und arbeiten hier rund um die Uhr“, sagt der Fleischermeister.
„Gesund natürlich leben“
So lautet das Lebensmotto von Katharina (31) und Lars (30) Osterhoff. Die junge Familie hat sich mit ihrem Aktivhof in Hammoor vor knapp zwei Jahren einen Traum erfüllt. 25 Pferde genießen hier die artgerechte Tierhaltung in unmittelbarer Nähe zur Natur. Für Pferdeliebhaberin Katharina ist Hammoor ein Glücksgriff. Der Liebe wegen verschlug es sie nach Stormarn. Ihr Mann Lars ist hier aufgewachsen. „Mein Herz hängt an Stormarn und an der Landwirtschaft“, sagt der Geschäftsmann, der beruflich die ganze Welt bereist. Der Stammbaum der Familie lässt sich bis 1789 zurückverfolgen. Schon damals haben die Osterhoffs Landwirtschaft in Hammoor betrieben. Neben dem Pferdepensionsbetrieb wird heute noch Ackerbau auf 50 Hektar betrieben. Tochter Greta (7 Monate) und Hund Koda genießen die täglichen Spaziergänge in den Wald, und das erste eigene Pony für die kleine Tochter lässt bestimmt nicht mehr lange auf sich warten.
„Hammoor ist meine Heimat“
Ein Leben ohne Pferde, das kann sich Hans-Joachim Gerken (67) nicht vorstellen. Auf dem Hof an der Hauptstraße in Hammoor hat es immer Pferde gegeben. „Früher dienten sie als Arbeitstiere“, sagt Hans-Joachim Gerken. Seit 1992 züchtet der Hammoorer Holsteiner. Überwiegend Springpferde. Zwölf Stuten und ihren Nachwuchs hält er auf seinem Hof. Seine Zucht wurde mehrfach ausgezeichnet. „Meine Pferde bereisen die ganze Welt“, sagt Gerken. In weit mehr als 20 Länder hat er seine edlen Tiere schon verkauft. Abgesehen von vier Jahren während seiner Ausbildungszeit hat er sein Leben in Hammoor verbracht. Er sagt: „Das hier ist meine Heimat, auch wenn sich das Dorfleben in den vergangenen Jahren sehr verändert hat.“ Familie Gerken ist tief in Hammoor verwurzelt. Der Urgroßvater hat die Freiwillige Feuerwehr mitgegründet.
„Viel Platz zum Musizieren“
In dem großen alten Resthof von Familie Burkhardt liegt Musik in der Luft. Im Wohnzimmer steht ein Flügel, daneben vier Gitarren, ein Bass, ein E-Piano, Schlagzeug, Posaune, etliche Trompeten und sogar ein Alphorn. „Wir genießen es, hier genügend Platz für unsere Musikinstrumente zu haben und uns musikalisch austoben zu können“, sagt Ingolf Burkhardt (53). Und Tochter Ella (15) ergänzt: „Hier fühlt sich niemand gestört, falls es doch mal etwas lauter werden sollte.“ Die Familie lebt seit zwölf Jahren in Hammoor und genießt die dörfliche Atmosphäre, die gepaart ist mit der zentralen Lage des Ortes. Das viele Grün und der weite Blick auf die Felder bedeuten für die Familie Lebensqualität. Ella freut sich, demnächst ihren Mofa-Führerschein zu haben, damit sie die acht Kilometer zur Schule nicht immer mit dem Fahrrad fahren muss.
„Wir sind immer füreinander da“
„Für mich bedeutet das Leben in Hammoor Heimat“, sagt Elke Jendrejewski (78). „Ich bin hier geboren und aufgewachsen. Es kam mir nie in den Sinn, meine Heimat zu verlassen.“ Die rüstige Rentnerin kennt jeden in dem Ort und sucht auch gern den Kontakt zu den Neubürgern. „Wir leben hier ein intensives Miteinander“, sagt Jendrejewski, deren drei Geschwister ebenfalls noch in Hammoor leben. Seit 1998 verwaltet Elke Jendrejewski den örtlichen „Sparclub“. Einmal im Monat geht sie von Haus zu Haus und sammelt die Ersparnisse der Bürger, bringt sie anschließend zur Bank und führt Buch. Ein großer Vertrauensbeweis, den sie sehr zu schätzen weiß. Die Idee des Sparclubs „Spoor dien Groschen“ stammt aus dem Jahr 1928. Damals wurden Summen von 50 Pfennig pro Monat gespart. Mehr als 50 Hammoorer sparen auf diese Weise. Noch immer wird Weihnachten ausgezahlt. Elke Jendrejewski bekommt ein „Sohlengeld“ für das Ehrenamt, das vom Idealismus lebt. „Wir sind immer füreinander da“, fasst sie das Leben in Hammoor zusammen.
„Vergangenes für die Zukunft festhalten“
Seit mehr als 30 Jahren gibt es den Heimatverein „Uns Dörp“ in Hammoor. Klaus Fröse (71, v. l.), Heinz Evers (67) und Horst Stapelfeld (68) gehören alle von Beginn an dazu. Alle drei sind gebürtige Hammoorer. „Wir haben großes Interesse an unseren Wurzeln“, sagt der Vorsitzende des Vereins Heinz Evers. Sein Stellvertreter Horst Stapelfeld ergänzt: „Wir halten für die nächsten Generationen fest, wie sich der Ort verändert hat.“ Die drei Männer haben die damalige Dorfschule besucht. Das Haus, in dem heute das Restaurant Klassenzimmer zu Hause ist. Evers war bis zu seiner Pensionierung der Postzusteller des Ortes. Er erinnert sich noch an die Zeit, in der es keine Straßennamen oder Hausnummern gab. Klar, dass er auch heute noch jeden Einwohner in Hammoor kennt und viele Geschichten zu erzählen hat.