Serie: Was Sie zur Landtagswahl am 7. Mai wissen müssen. Heute: Fünf Fragen an die Direktkandidaten im Wahlkreis 30 (Stormarn-Süd).

Sollte das Land wegen der hohen Nachfrage mehr Gewerbegebiete in Stormarns Süden ermöglichen?

Lukas Kilian
Lukas Kilian © HA | Harald Klix

Lukas Kilian (CDU): Das Land sollte Gewerbegebiete am Hamburger Rand zumindest nicht blockieren. Die Städte und Gemeinden müssen unter Beteiligung ihrer Bürger die Möglichkeit haben, hier Firmen anzusiedeln und Arbeitsplätze in der Region zu halten. Veraltete Planungsvorgaben aus Kiel passen nicht zu den alltäglichen Anforderungen im Hamburger Rand.

Martin Habersaat
Martin Habersaat © HA | Lutz Wendler

Martin Habersaat (SPD): Zunächst müssen die Städte und Gemeinden klären, welche Flächen sie wofür zur Verfügung stellen. Gewerbe, Wohnraum, Naherholung: Nur drei von vielen Zielen, die gegeneinander abzuwägen sind. Auch mit den Nachbarn in Hamburg müssen wir uns abstimmen. Der gemeinsame Ausschuss ist dazu und zur Stärkung der Metropolregion ein wichtiges Instrument. Wenn beides passiert ist, sollte das Land zustimmen.

Malte Harlapp
Malte Harlapp © HA | René Soukup

Malte Harlapp (Die Grünen): Wenn das der Wunsch der kommunalen Vertreter ist, dann ja. Ich warne jedoch, dass die Lebensqualität der Städte eventuell leiden könnte. Was wir in unseren Randkommunen brauchen, ist Lebensqualität durch Erholungsräume, guten Öffentlichen Personennahverkehr und Kulturangebot.

Andreas Gorselitz
Andreas Gorselitz © HA | FDP

Andreas Gorselitz (FDP): Selbstverständlich. Gewerbegebiete müssen dort entstehen, wo sie gebraucht werden. Die Gemeinden sollten selbst entscheiden dürfen, wann und wo sie Gewerbegebiete ermöglichen.

Phillip Treichel (Piraten): Die beinahe unkontrollierte Ausweisung und der hemmungslose Ausbau von immer neuen Gewerbegebieten in Konkurrenz zu benachbarten Gemeinden müssen künftig vermieden werden. Die Ausweisung von Gewerbeflächen muss sich wieder an den Größen der Gemeinden orientieren. Wir wollen, dass im Rahmen einer neuorientierten Landesplanung eine stärkere Koordinierung und Kontrolle der ausgewiesenen Flächen stattfindet.

Martina Bornstein mit Parteikollegen
Martina Bornstein mit Parteikollegen © Sandra Barth

Martina Bornstein (Die Linke): In Reinbek/Glinde, Oststeinbek und Barsbüttel sind bereits Gewerbegebiete entstanden, ein weiteres ist in Stapelfeld in Zusammenarbeit mit Hamburg in Planung. Neue Gewerbegebiete zu erschließen, bedeutet Vernichtung von Grünflächen und Versiegelung des Bodens. Je mehr Grünflächen bebaut werden, desto kleiner wird der Grüngürtel um Hamburg, also in Stormarn. Das Verkehrsaufkommen erhöht sich, die Lebensqualität der Einwohner vermindert sich dadurch.

Arnulf Fröhlich mit Parteikollegen
Arnulf Fröhlich mit Parteikollegen © HA | C.Christian Plaass

Arnulf Fröhlich (AfD): Der Gewerbesteuersatz sollte vereinheitlicht werden, damit die Kommunen nicht im Wettstreit um die niedrigsten Steuern stehen. Die weitere Zersiedelung der Natur widerspricht dem Naturschutz. Die AfD befürwortet die Nutzung von vorhandenen Gewerbeflächen, bevor weitere Natur-Flächen geopfert werden. Großkonzerne, die ihre Gewinne eh im Ausland generieren, sollten nicht noch das Privileg bekommen günstig stadtnahe Flächen zu verschandeln.

Einbruchshochburg Stormarn: Was sind Ihre Rezepte gegen steigende Kriminalität?

Lukas Kilian (CDU): Ich halte die Schließung von Polizeiwachen und den Rückzug der Polizei aus der Fläche für falsch. Wir brauchen mehr Polizisten, eine bessere Ausstattung der Polizei und eine bessere Zusammenarbeit mit Hamburg. Für schnellere Ermittlungen wollen wir einen Kriminaldauerdienst einrichten, damit rund um die Uhr mit Ermittlungen begonnen werden kann.

Martin Habersaat (SPD): Die Polizei hat ihre Organisation den heutigen Erfordernissen angepasst, das Land hat die Ausstattung verbessert. Bis 2023 werden es 500 Stellen mehr sein. Auch in Reinbek gibt es seit 2016 eine „Ermittlungsgruppe Wohnungseinbruchdiebstahl“ mit eigener Spurensicherung und Zivilstreifen in der Region. Verfolgung und Prävention wurden verbessert. Erste Erfolge sind in den Fallzahlen zu erkennen.

Malte Harlapp (Die Grünen): Wir haben diesen Zustand erkannt und als Grüne in der Küstenkoalition gehandelt. Neue Anwärter*innen und Polizist*innenstellen wurden geschaffen. Multiprofessionelle Teams wurden durch Zusammenlegung geschaffen, um handlungsfähiger zu sein. Wir werden uns weiter mit der Thematik auseinandersetzen.

Andreas Gorselitz (FDP): Mehr Polizisten einstellen beziehungsweise ausbilden, um wieder uneingeschränkt präsent zu sein. Wir brauchen eine verbesserte Ausstattung der Polizei und eine zusätzliche Einsatzhundertschaft.

Phillip Treichel (Piraten): Ein angemessener Schutz vor Kriminalität ist eine wichtige staatliche Aufgabe. Wir wollen die Förderung von Vorbeugemaßnahmen und -projekten, deren Wirksamkeit wirklich erwiesen ist und wir wollen die bisher zersplitterten Zuständigkeiten abbauen. Dazu wollen wir eine Landespolizei, die sowohl personell als auch sachlich gut ausgestattet ist, um ihre Aufgaben wahrzunehmen. Stellenstreichungen bei der Landespolizei Schleswig-Holstein lehnen wir ab.

Martina Bornstein (Die Linke): Keine Schließung von Polizeirevieren in der Fläche. Die Polizei hat unter anderem die Aufgabe, die Bewohner zu schützen. Das geht nur, wenn sie auch vor Ort präsent sein kann. Nur Wohlhabende können sich einen privaten Wachdienst leisten. Wenn es möglich ist, massive Polizeikräfte zum Schutz von Demos von Rechten einzusetzen, muss es auch möglich sein, Polizeireviere im ländlichen Raum aufrechtzuerhalten.

Arnulf Fröhlich (AfD): Sichere Grenzen sind der beste Schutz gegen Bandenkriminalität. Diese einfachste Maßnahme zur Herstellung der inneren Sicherheit wurde von den Regierungsparteien sträflich vernachlässigt. Die Polizei wurde über viele Jahre zentralisiert und nicht den Erfordernissen angepasst. Polizeistreifen müssen in wenigen Minuten am Einsatzort sein können. Das erfordert ein enges Netz von Polizeistationen und die Aufstockung der Polizeikräfte.

Sollte die Zahl der Kreise verringert, sollten Verwaltungen von Ämtern und Städten zusammengelegt werden?

Lukas Kilian (CDU): Schlanke Verwaltung klingt ja erstmal gut. Es heißt aber weniger Service und längere Wege und Wartezeiten für die Bürger. Die Zwangsfusionen von Städten und Gemeinden lehnen wir strikt ab. Die SSW-Pläne für Großgemeinden braucht Schleswig-Holstein nicht. So wird ehrenamtliches Engagement vor Ort gefährdet.

Martin Habersaat (SPD): Die Zahl der Kreise wird bleiben, wie sie ist. Verwaltungsreformen auf freiwilliger Basis fände ich sinnvoll, wenn etwa Stadtverwaltung und Amtsverwaltung in benachbarten Gebäuden nebeneinanderher arbeiten. Ich unterstütze seit Langem die Bemühungen des Mittelzentrums (Reinbek, Glinde, Wentorf) zu verstärkter Kooperation. Auch Barsbüttel und Oststeinbek beteiligen sich schon partiell.

Malte Harlapp (Die Grünen): Wir Grüne sind für eine handlungsfähige und digital organisierte Verwaltung. Dieses Ziel kann auf unterschiedliche Art und Weise erreicht werden. Wenn Kommunen und Kreise aus eigenem Interesse den Aufwand verringern wollen, stehen wir dem nicht im Wege. Wir, das sage ich mit Nachdruck, lehnen aber Zwangsfusionen ab!

Andreas Gorselitz (FDP): Nein.

Phillip Treichel (Piraten): Keine angedachte Kreis- oder Verwaltungsverringerung oder -zusammenlegung darf ohne echte Beteiligung des Bürgerwillens und die Berücksichtigung seiner Bedürfnisse ausgeführt werden. Natürlich ist der schlanke Staat erstrebenswert, doch wo Verwaltung gebraucht wird, muss diese auch bürgerfreundlich erreichbar sein, auch in 20 Jahren. Das muss eben auch berücksichtigt werden.

Martina Bornstein (Die Linke): Statt die Kreise zu reduzieren und Verwaltungen zusammenzulegen, sollten die Kommunen vom Land mit mehr finanzieller Hilfe ausgestattet werden. Die Arbeitsplätze in der öffentlichen Hand sollen erhalten bleiben. Die Komunen haben vielfältige Aufgaben in der öffentlichen Daseinsvorsorge zu erfüllen, was schwieriger wird, wenn dort Einsparungen zu Gunsten von Synergieeffekten vorgenommen werden.

Arnulf Fröhlich (AfD): So wie die AfD auf europäischer Ebene eine Zentralisierung ablehnt, so befürworten wir die Regionalisierung auf den unteren Ebenen. Weite Wege zu Schulen, Ämtern, Polizeiwachen, sind nur vordergründige Ersparnisse. Für den Bürger, für den sich die AfD einsetzt, entstehen weitere Wege und damit ein höherer Kosten- und Zeitaufwand. Wir lehnen folglich die Zusammenlegung von Kreisen ab.

Jeder zweite Grundschüler kann nicht schwimmen: Sollte das Land Frei- und Hallen­bädern stärker bezuschussen?

Lukas Kilian (CDU): Das Land muss den Städten und Gemeinden ausreichend Mittel zur Verfügung stellen, damit vor Ort die richtigen Entscheidungen gefällt werden können. Das betrifft nicht nur den Betrieb von Bädern. Der Kreis Stormarn zum Beispiel fördert Schwimmunterricht, um der in der Frage beschriebenen Entwicklung entgegenzusteuern. Es ist falsch, dass das Land in unserer Region den Kommunen Geld streicht. Einzelbezuschussungen bringen da wenig.

Martin Habersaat (SPD): Wer zur Schule geht, soll schwimmen lernen. Deswegen müssen Land und Kommunen gemeinsam dafür sorgen, dass vorgesehener Schwimmunterricht auch stattfinden kann. Mancherorts hat das Problem damit zu tun, dass „Spaßbäder“ statt Lehrschwimmbecken gebaut wurden. Es gibt ein Sanierungsprogramm des Landes für Schwimmsportstätten. Die Schwimmhalle Barsbüttel wird gerade mit Hilfe dieser Mittel saniert.

Malte Harlapp (Die Grünen): Wir sehen auch hier Handlungsbedarf und werden auch in einer künftigen grünen Landesregierung Schritt für Schritt, nachhaltig und solide investieren. Zur Ehrlichkeit gehört dazu, dass wir auch in anderen Bereichen (Bildung, Verkehr, Polizei) investieren müssen.

Andreas Gorselitz (FDP): Ja. Als Land zwischen den Meeren, sollte unser Ziel sein, dass jedes Kind schwimmen kann. Über eine Bezuschussung wird zu reden sein.

Phillip Treichel (Piraten): Die Zahl der Badeunfälle steigt und immer weniger Schüler können richtig schwimmen. Schwimmunterricht sieht der Lehrplan in Grundschulen zum Beispiel nicht vor, doch einige Schulen bieten ihn an. Zugleich existieren Richtlinien zum Schwimmunterricht und es mangelt an befähigten Lehrkräften. Das geht nicht Hand in Hand. Als Land zwischen den Meeren sollten wir das nicht hinnehmen und das Notwendige muss hierfür initiiert werden.

Martina Bornstein (Die Linke): Bäder dürfen nicht aus rein finanziellen Gründen geschlossen werden. Sollten sich Komunen ihr Bad nicht leisten können, soll das Land sie bezuschussen, damit der Weg zum nächsten Bad nicht zuviel Zeit in Anspruch nimmt, und Schulen deshalb den Schwimmunterricht streichen. An den Schulen muss dafür gesorgt werden, dass mehr Lehrkräfte ein Rettungsschwimmabzeichen als Voraussetzung für den Schwimmunterricht erwerben können.

Arnulf Fröhlich (AfD): Sport und besonders das Schwimmen macht Spaß und ist langfristig wichtig für die Gesundheit. Bei ganzheitlicher Betrachtung würde das in den Breitensport und die Schwimmbäder investierte Geld bei den Krankenkassen wieder eingespart werden. Die AfD befürwortet daher den Erhalt und den Ausbau der Schwimmbäder. Das Freizeitangebot auf dem Lande sollte dem der Stadt nicht nachstehen.

Abitur nach acht oder neun Jahren: Was ist der bessere Weg?

Lukas Kilian (CDU): Das Abitur nach neun Jahren. Der Alltag vieler Schüler besteht nur noch aus „Schule; Essen; Schlafen“. Mit der flächendeckenden Einführung von G9 an allen Gymnasien bekommen unsere Kinder wieder mehr Zeit für Bildung, gesellschaftliches Engagement und persönliche Entwicklung. Darüber hinaus wird so wieder eine echte Durchlässigkeit zwischen Gymnasien und Gemeinschaftsschulen geschaffen.

Martin Habersaat (SPD): Die Einführung von G8 war holprig, jetzt läuft es besser. Unser heutiges Schulsystem mit G8 an Gymnasien und G9 an Gemeinschaftsschulen ist das Ergebnis eines Bildungsdialogs mit Landeselternvertretung, Landesschülersprechern und vielen anderen. Es entspricht dem in Hamburg. Schulfrieden hilft, sich auf andere Herausforderungen (Digitales Lernen, Qualität von Unterricht, u.v.m.) zu konzentrieren.

Malte Harlapp (Die Grünen): Jeder junge Mensch muss selbst entscheiden, was für ihn das beste ist. Wir leben in einem Land, in dem beides möglich ist. Unsere Gemeinschaftsschulen, Gymnasien und Berufsschulen brauchen keine neue Bildungsreform. Wir geben den Schulen Ruhe, um Qualitätsmanagement zu betreiben. Wir investieren in Lehrkräfte und mehr Fortbildungen.

Andreas Gorselitz (FDP): Die Schulen sollten selbst entscheiden dürfen, für welches „Abi“ sie sich entscheiden.

Phillip Treichel (Piraten): Wir sperren uns nicht gegen G9, doch mittlerweile gibt es Gemeinschaftsschulen mit G9 und fast alle Gymnasien bieten G8. Es besteht also die Möglichkeit zu wählen und das sollten die Schüler ruhig tun dürfen. Wir setzen uns dafür ein, das Schulsystem weiterzuentwickeln. Unsere Schulpolitik wird sich darauf konzentrieren, wie Schüler besser auf ihr Leben vorbereitet werden können. Die wichtige Frage ist, was unsere Kinder wie lernen sollen.

Martina Bornstein (Die Linke): Die Linke war immer schon für eine Schule für alle bis zur 10. Klasse und für das Abitur nach neun Jahren. Bei der Einführung des G8 wurde der Lehrplan nicht verschlankt, so dass die Jugendlichen auf eine Wochenstundenzahl eines Vollzeitarbeitenden kommen. Und das in einem Alter, wo sie Freizeit brauchen, um ihren Platz in der Gesellschaft zu finden, um sich auszuprobieren. Der Medikamentenmissbrauch steigt, wir wollen dem durch das G9 entgegenwirken.

Arnulf Fröhlich (AfD): Das bewährte dreigliedrige Schulsystem wurde aus fadenscheinigen Kostengründen und Argumenten der Gleichmacherei geopfert. Ohne eine gute Planung und sinnvoll geänderte Lehrpläne wurden mit den Schülern durch die Einführung von G8 ideologische Experimente betrieben. Den Schulen kann eine Wahl zwischen G8 und G9 gestattet werden. Ich erachte G9 für besser, weil dadurch wichtiger Unterrichtsstoff ungekürzt vermittelt werden kann.