Serie: Was Sie zur Landtagswahl am 7. Mai wissen müssen. Heute: Fünf Fragen an die Direktkandidaten im Wahlkreis 29 (Stormarn-Mitte)
Tägliche Staus an den Autobahnausfahrten Ahrensburg und Stapelfeld: Sollte Kiel den Ausbau unterstützen?
Ganz klar ja! Die täglichen Staus belasten alle Pendler und Anwohner, behindern die wirtschaftliche Entwicklung im Kreis Stormarn und sind nicht zuletzt ein erhebliches Sicherheitsrisiko. Indem die Landesregierung allenfalls Straßensanierung betreibt und jede Form von Straßenneubau kategorisch ablehnt, steht sie den notwendigen Neubaumaßnahmen an beiden Autobahnabfahrten im Wege.
Hier muss sich etwas tun. Es finden intensive Gespräche dazu statt. Das Land nimmt sich der Thematik an, es wird im Verkehrsministerium bereits überlegt, wie man die Planung konkret angehen kann. Um einen Ausbau und Umbau der Autobahn-Anschlussstellen Ahrensburg und Stapelfeld kommen wir nicht herum. Auch eine Verbreiterung der Brücke in Siek und der Ausbau der Alten Landstraße (L 222) müssen dabei thematisiert werden.
Straßen sind öffentliches Vermögen und gehören allen. Deshalb ist der Staat verpflichtet, sie so zu sanieren, dass sie nicht an Wert verlieren. Die Situation an der Abfahrt Ahrensburg ist teilweise hoch gefährlich wegen der langen Rückstaus. Für mich ist denkbar, dass sich das Land hier stärker engagiert, wenn gleich stark in den ÖPNV-Ausbau investiert wird, etwa in die S 4. Ein Ausbau von Straßen führt nur zu mehr Autos und bringt nur vorübergehende Entlastung.
Ja, unbedingt! Die Staus an den Ausfahrten gefährden alle Verkehrsteilnehmer und damit muss endlich Schluss sein. Die Entschärfung dieser Gefahrenstellen an den A1-Anschlüssen muss Priorität haben. Am Geld scheitert es nicht, sondern an den fehlenden Planungskapazitäten beim Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr. Deshalb fordert die FDP, dass dort mehr Planer eingestellt werden.
Noch mehr Autobahnabfahrten würden das Stauproblem nicht entschärfen. Das könnte umliegende Dörfer und marode Straßen zusätzlich belasten. Die Piraten wollen den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs und unbedingt die Verlagerung von Güterfernverkehr auf Schiene und Schiff, aber keine Gigaliner. Bürger müssen durch Volksentscheide beteiligt werden. Falls wir wieder in den Landtag einziehen, bliebe der Weg des openAntrag.de/schleswig-holstein.
Wir plädieren dafür, sämtliche Sanierungsmaßnahmen mit Energie voranzutreiben, damit die täglichen Staus abnehmen. Vorbedingung dafür ist, dass das Land sich möglichst stark an der Finanzierung beteiligt, mit Entlastung der Kommunen. Im übrigen setzen wir uns für die Förderung des Öffentlichen Personennahverkehrs ein. Perspektivisch wollen wir einen steuer- oder umlagefinanzierten ÖPNV zum Nulltarif.
Die AfD möchte Bürgern Wahlmöglichkeiten bieten, wie sie ihren Arbeitsplatz erreichen, sie aber nicht bevormunden oder behindern. Dafür ist zum einen ein großflächiges ÖPNV-Netz erforderlich, andererseits gehören zur funktionierenden Infrastruktur gut ausgebaute Straßen, Autobahnen und Autobahnauffahrten. Gerade in ländlichen Gebieten muss in Erhalt und Strukturen investiert werden, um der Abwanderung in Großstädte entgegenzuwirken.
Einbruchshochburg Stormarn: Was sind Ihre Rezepte gegen steigende Kriminalität?
Tobias Koch (CDU): Das beste Mittel gegen Wohnungseinbrüche ist ein hoher Verfolgungsdruck auf die Täter. Dafür sind zuallererst mehr Polizisten erforderlich. Diese müssen zudem mit technischen Hilfsmitteln bestmöglich ausgestattet und vor Ort präsent sein. Das Beispiel des Münchener Umlands zeigt, wie sich so die Anzahl der Wohnungseinbrüche auf einen Bruchteil des Wertes für den Kreis Stormarn senken lässt.
Tobias von Pein (SPD): Wir bekommen das Problem immer mehr in den Griff. Das liegt vor allem an der guten Arbeit der Polizei, die mit zusätzlichen Experten Einbrüche besser ermitteln und aufklären kann und auch wichtige Erfolge erzielt. Eine personell gut aufgestellte Polizei, die bestens ausgerüstet ist und eine gute Prävention sind unverzichtbar. Hier wurde deutlich mehr investiert und es wurden zusätzliche Stellen geschaffen. Diesen Weg wollen wir fortsetzen.
Christian Schubbert von Hobe (Die Grünen): Es muss das fortgesetzt werden, was in den letzten Jahren angefangen wurde: Es wurden auf Einbruch spezialisierte Eingreifgruppen bei der Polizei gegründet, die schon erste Erfolge zeigen. Genauso ist der Austausch mit Hamburg wesentlich verbessert worden. Unter anderem deshalb gibt es für das letzte Jahr einen Rückgang der Einbrüche.
Carsten Pieck (FDP): Neben einem weiteren Ausbau von Prävention und technischem Einbruchsschutz müssen endlich dringend erforderliche Maßnahmen zur Abschreckung von Einbrechern umgesetzt werden. Wir brauchen den Einsatz von moderner Fahndungssoftware, mehr spezialisierte Ermittlungseinheiten, eine intensivere Zusammenarbeit der norddeutschen Bundesländer und vor allem mehr Präsenz in der Fläche.
Eva-Maria König (Piraten): Die Polizei stärken, natürlich. Bürger aufklären über sinnvolle Maßnahmen gegen Einbruch und Diebstahl und/ oder einen Hund anschaffen. Aufarbeitung der daraus resultierenden Traumata für die Geschädigten.
Heidi Beutin (Die Linke): Wir fordern die Landesregierung auf, keine weitere Schließung von Polizeidienstellen im ländlichen Raum vorzunehmen – und wo bereits erfolgt, solche wieder zu eröffnen. Das bedeutet auch eine Aufstockung des Personalbestands. Die Polizeipräsenz muss kontinuierlich sein, um in der Bevölkerung das Gefühl der Sicherheit zu stärken und Einbrecher abzuschrecken.
Annette Walther (AfD): Regierende Parteien haben es versäumt, den Polizeibedarf an Notwendigkeiten anzupassen. Die AfD setzt sich für Ausbau und mehr Attraktivität des Berufes ein. Wir wollen, dass die Justiz die Polizei nicht im Stich lässt. Wenn gefasste Straftäter straffrei bleiben, dann demotiviert das Polizisten, die ihre Gesundheit für unsere Sicherheit einsetzen. Polizei sollte in wenigen Minuten an einem Tatort sein. Das erfordert Dezentralisierung und bessere Ausstattung
Schlanke Verwaltung: Sollten die Zahl der Kreise verringert und kommunale Behörden zusammengelegt werden?
Tobias Koch (CDU): Neben der theoretischen Einsparung von Verwaltungskosten ist zu berücksichtigen, dass gerade in kleinen Gemeinden in erheblichem Umfang ehrenamtliche Leistungen erbracht werden, etwa in Sportvereinen und Feuerwehr. Um dies nicht zu gefährden, lehnen wir einen Zwang zur Bildung von Großgemeinden entschieden ab. Verwaltungskooperationen und freiwillige Zusammenschlüsse unterstützen wir dagegen.
Tobias von Pein (SPD): Eine moderne Verwaltung muss bürgernah sein und effektiv arbeiten. Eine Diskussion um die Verringerung der Einheiten bringt uns nicht weiter. Vor allem nicht, wenn sie zu weiten Wegen für den Bürger oder die Bürgerin führt. Eine freiwillige Zusammenarbeit von Kommunen oder eine Kooperation in bestimmten Teilbereichen kann dagegen durchaus Sinn ergeben.
Christian Schubbert von Hobe (Die Grünen): Nicht unbedingt. Verwaltungseinheiten sind nicht einfach zusammenzuschließen. Es gibt historische regionale Zusammenhänge, die von den Bewohnerinnen und Bewohnern als prägend empfunden werden, wie zum Beispiel in Dithmarschen. Deshalb bin ich nur für eine Zusammenlegung, wenn die betroffenen Kreise und Gemeinden dem zustimmen.
Carsten Pieck (FDP): Grundsätzlich ist es richtig, die Kleinteiligkeit in den kommunalen Strukturen im Rahmen eines langfristigen Prozesses ein Stück weit zu beheben. Forderungen nach Zwangsfusionen gehen aber an der Lebenswirklichkeit vieler Menschen in Schleswig-Holstein vorbei. Wer kommunale Zusammenschlüsse einfach verordnet, der bevormundet die Betroffenen vor Ort, anstatt sie in einen Prozess mitzunehmen.
Eva-Maria König (Piraten): Doppelfunktionen von Kreis und Stadt sollten immer eingespart werden, wie zum Beispiel bereits geschehen im „allgemeinen sozialen Dienst“, früher Jugendamt, oder im Katasteramt. In Hinblick auf den demografischen Wandel und die Pensionierung der Babyboomer mangelt es in naher Zukunft so sehr an Personal, dass den Verwaltungen ohnehin nichts anderes übrig bleiben wird. Ferner ist Einsparung von Verwaltungskosten ein Gebot der Vernunft.
Heidi Beutin (Die Linke): Nein, keine „Verschlankung“ der Verwaltung, weil dies bedeutet, die Serviceleistungen für die Bevölkerung zu minimieren. Auch wenden wir uns entschieden gegen die Zusammenlegung von Landkreisen. Dies hieße perspektivisch nicht nur Abbau von Arbeitsplätzen, sondern vor allem auch für größere Teile der Bevölkerung, längere Wege zu den Behörden in Kauf zu nehmen. Wir halten auch die Ausweitung der „Metropolregion“ nicht für sinnvoll.
Annette Walther (AfD): Die AfD will einen schlanken, aber starken Staat, auf den Verlass ist, wenn man ihn braucht, der aber nicht Bürgern, Arbeitnehmern und Unternehmern bürokratische Knüppel zwischen die Beine wirft. Deshalb sind Effizienz steigernde Maßnahmen sinnvoll. Dies muss aber nicht zwangsläufig eine Verringerung der Kreise sein oder eine Zusammenlegung der Verwaltungen von Ämtern und Gemeinden, sondern von Fall zu Fall herausgefunden werden.
Jeder zweite Grundschüler im Land ist Nichtschwimmer: Sollte Kiel den Betrieb von Bädern stärker bezuschussen?
Tobias Koch (CDU): Bei Sportstätten und Schwimmbädern besteht ein erheblicher Sanierungsstau in Schleswig-Holstein. Für dessen Beseitigung wird eine CDU-geführte Landesregierung eine Sanierungsoffensive starten. Mit zusätzlichen Mitteln aus dem Landeshaushalt werden wir dafür sorgen, dass die erforderlichen Investitionen von Kommunen und Sportvereinen getätigt werden können.
Tobias von Pein (SPD): Schwimmbäder sind für unser Zusammenleben und die Ausbildung von Kindern enorm wichtig und gehören für mich zur staatlichen Daseinsvorsorge. Mit über sechs Millionen Euro sind in den letzten fünf Jahren für Investitionen in Schwimmsportstätten deutlich mehr zusätzliche Mittel vom Land aufgewendet worden. Weitere Mittel werden folgen. Dies ist wichtig, um den Investitionsstau nach und nach abzuarbeiten und laufende Kosten durch mehr Energieeffizienz zu senken.
Christian Schubbert von Hobe Die Grünen): Aus meiner Sicht ja. Schwimmbäder sind ein wichtiger Bestandteil der Daseinsvorsorge, und Lehrpläne helfen nicht, wenn es kein Schwimmbad gibt. Alle öffentlichen Bäder sind Zuschussbetriebe zu Lasten der Kommunen. Ein Zuschuss des Landes ist somit sinnvoll. Aber ebenso wie einige Kommunen starke Finanzierungsprobleme haben, steht das Ganze auch unter Finanzierungsvorbehalt des Landes. Hier muss eine für alle tragbare Lösung gefunden werden.
Carsten Pieck (FDP): Ja, definitiv. Wir müssen mehr Mittel in die Sanierung und Modernisierung von öffentlichen Sportstätten sowie in die Sportförderung investieren. Außerdem setzen wir uns dafür ein, dass Schulen und Kindergärten ihre Zusammenarbeit mit Sportvereinen verstärken.
Eva-Maria König (Piraten): Da sind Sie bei mir richtig mit Ihrer Frage. Ich gebe Wassergymnastik-Kurse für Schwangere. Die Piraten fordern „Jedes Kind soll schwimmen lernen“. Dem Ausbau von Hallenbädern stimme ich unbedingt zu. Hier braucht es mehr Personal, um die Bäder sinnvoll auszulasten. Schwimmen lernen und Bewegung hat besonders für junge Menschen viele Vorteile. Es wirkt sich nachhaltig auf das Verhalten und die Gesundheit der Menschen bis ins hohe Alter aus.
Heidi Beutin (Die Linke): Auf jeden Fall befürworten wir den Schwimmunterricht für alle Kinder und Heranwachsenden. Eine Voraussetzung ist die Ausbildung von Schwimmlehrern und der Erwerb von Zusatzqualifikation durch Lehrer an Schulen und in Vereinen. Es dürfen nicht weitere Bäder geschlossen werden. Für unumgänglich halten wir eine finanzielle Unterstützung durch das Land. Die Notwendigkeit von Schwimmunterricht muss allen Instanzen und Eltern bewusst werden.
Annette Walther (AfD): Es ist Aufgabe von Grundschulen, Schülern das Schwimmen beizubringen. Dafür werden Bäder angemietet. Deren stärkere Bezuschussung steht nicht im Zusammenhang mit schulisch erlernten Schwimmfähigkeiten. Schulen und Lehrer müssen aber konsequent Teilnahme am Schwimmunterricht einfordern. Zunehmend entziehen sich zum Beispiel muslimische Schülerinnen aus religiösen Gründen diesem Unterricht und erlernen das Schwimmen nur mangelhaft.
Abitur nach acht oder neun Jahren: Was ist der bessere Weg?
Tobias Koch (CDU): Mit der Rückkehr zum Abitur nach neun Jahren (G 9) an allen Gymnasien werden wir Kindern und Lehrern wieder mehr Zeit für Bildung geben. Das ermöglicht nicht nur eine bessere Qualität der Schulausbildung, sondern lässt auch Freiräume für ehrenamtliche Tätigkeiten nach dem Unterricht, die wichtig für die Persönlichkeitsentwicklung junger Menschen sind.
Tobias von Pein (SPD): Es ist falsch, die Schulen in eine erneute unnötige Schulstrukturreform zu drängen. Dies könnte zu Chaos führen und den Schulfrieden, der mit allen wichtigen bildungspolitischen Akteuren und den Schülervertretungen geschlossen wurde, gefährden. Der Weg nach acht Jahren ist inzwischen an den Gymnasien etabliert. Mit den beruflichen Gymnasien und den Gemeinschaftsschulen gibt es flächendeckend ein gutes Angebot für das Abitur nach neun Jahren.
Christian Schubbert von Hobe (Die Grünen): G 9 gilt zur Zeit an allen Gemeinschaftsschulen, aber auch an 15 von 100 Gymnasien im Land. Das wurde im Schulkompromiss so festgelegt. Ich bin gegen ein grundsätzliches Zurück von G 8 zu G 9. Das würde zu großen Lehrplanänderungen, Schulungen und Beschäftigung mit dieser überflüssigen Reform führen. Schulen und Lehrer sollen sich lieber intensiv um ihre Schüler kümmern können und das Land lieber Geld in mehr Lehrerstellen stecken.
Carsten Pieck (FDP): Wir wollen, dass den Gymnasien wieder die Möglichkeit eröffnet wird, auch G 9 anbieten zu können. Es ist aus unserer Sicht sinnvoller, dass die Betroffenen vor Ort – also die Lehrer, Eltern und Schüler – über diese Frage entscheiden, als die Bildungsbürokratie in Kiel. Denn die Schulen wissen selbst am besten, welches Modell für sie das Richtige ist.
Eva-Maria König (Piraten): Wir fordern lieber konkrete Verbesserungen im Bildungs- und Sozialbereich: kostenlose Kita- und Krippenplätze; freie Schülerbeförderung; Politik als Unterrichtsfach ab 5. Klasse; Medien- und IT-Kompetenz Fächer übergreifend; Semesterticket für Studenten im gesamten Land; bessere Fortbildung und Bezahlung für ErzieherInnen; Kinder- und Jugendbeauftragte auf Landesebene; betriebliche Förderung von Jugendlichen, die keinen Ausbildungsplatz haben.
Heidi Beutin (Die Linke): Die Linke ist diejenige Partei, die sich von Anfang an gegen G 8 und für G 9 ausgesprochen hat. Durch G 9 wird der Druck auf die Schülerinnen und Schüler reduziert, und sie können sich intensiv auf weiterführende Bildungseinrichtungen vorbereiten, wie zum Beispiel auf die Hochschulen. Unser Ziel ist die eine Schule für alle, da das gegliederte Schulsystem nicht in der Lage ist, die Bildungsprobleme der Gesellschaft dauerhaft gerecht zu lösen.
Annette Walther (AfD): Das bewährte dreigliedrige Schulsystem wurde aus fadenscheinigen Kostengründen und als ideologisches Experiment mit Gleichmacherei auf niedrigem Niveau geopfert. Verlässlichkeit wäre wichtig. Schulen sollten zwischen G 8 und G 9 wählen können. Beides hat Vor- und Nachteile. G 8 spart Kosten, G 9 bietet mehr Zeit für Lehrstoff. Wichtig ist die bessere Versorgung mit Lehrkräften und Geld, damit Schleswig-Holstein nicht den Anschluss verliert.