Bad Oldesloe. 451 kleine Waffenscheine erteilte der Kreis 2016. Sechsmal mehr als im Vorjahr. Die CDU sieht abnehmendes Sicherheitsgefühl als Grund.

Immer mehr Menschen sind mit Pfefferspray, Schreckschuss- und Reizgaspistolen auf Stormarns Straßen unterwegs. Die Zahl der neu erteilten kleinen Waffenscheine, die für das Tragen solcher Waffen mit dem Zulassungszeichen PTB der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt nötig sind, ist im Vorjahr drastisch gestiegen. Die Kreisverwaltung in Bad Oldesloe stellte 451 Genehmigungen aus, im Jahr 2015 waren es dagegen nur 70. In den Jahren 2010 bis 2014 pendelte die Zahl um 35. Das hat der CDU-Kreistagsabgeordnete Lukas Kilian aus Glinde auf Anfrage erfahren.

„Während die Anträge früher vor allem von 18- bis 25-Jährigen kamen, sind mittlerweile sämtliche Altersklassen und Gesellschaftsschichten vertreten“, sagt Andreas Rehberg, Fachdienstleiter Recht und Veterinärwesen beim Kreis. Die Abteilung nimmt die Anträge entgegen, prüft die Angaben unter anderem mit dem Führungszeugnis der Polizei, Einträgen bei Staatsanwaltschaften und Staatsschutz und stellt die Genehmigungen aus.

Käufer muss lediglich 18 Jahre alt sein

Der kleine Waffenschein ist für den Kauf einer Waffe mit PTB-Siegel nicht nötig. Deshalb haben auch etliche Baumärkte solche Angebote im Sortiment, das Bestellen bei ungezählten Internethändlern ist ebenfalls in wenigen Minuten erledigt. Der Käufer muss lediglich 18 Jahre alt sein. Erlaubt ist auch der sichere Transport nach Hause, zum Beispiel in der Verpackung. In den eigenen Wohn- und Geschäftsräumen können erlaubnisfreie Waffen ebenfalls ohne Weiteres aufbewahrt werden.

Möchte jemand diese aber in der Öffentlichkeit bei sich haben, braucht er den kleinen Waffenschein. Wer ohne erwischt wird, muss mit einer Geldstrafe oder bis zu drei Jahren Haft rechnen. Ein Mitnahmeverbot gilt für Veranstaltungen wie Volksfeste, Sportereignisse, Messen, Märkte und Demonstrationen. Ganz wichtig: Der Einsatz ist auch mit Schein nur im Notfall erlaubt. Ein Geschäft, das PTB-geprüfte Waffen im Angebot hat, ist der Trittauer Baumarkt Holländer. Dort gehen vor allem Abwehrsprays über den Verkaufstresen. „Die Kunden sind insbesondere Menschen, die abends mit dem Hund spazieren gehen und junge Frauen“, sagt Verkäufer Christian Olhöft. „Viele Männer kaufen die Sprays für ihre Frauen oder Töchter.“ Im vergangenen Jahr seien täglich drei bis vier Personen in den Laden gekommen, um Pfefferspray oder Schreckschusspistolen zu kaufen. In diesem Jahr sei die Nachfrage allerdings zurückgegangen. „Es ist kein Vergleich“, sagt Olhöft. In manchen Wochen gebe es nur eine Anfrage.

Möglicher Grund: Abnehmende Polizeipräsenz

Dass die Stormarner aufgerüstet haben, ist für den CDU-Kreistagsabgeordneten Lukas Kilian ein Alarmsignal. „Wenn die Bevölkerung zur Waffe greift, ist dies ein klares Indiz dafür, dass das Sicherheitsgefühl abnimmt“, sagt der Glinder. Bei Terminen werde er häufig von besorgten Menschen auf Themen wie Einbrüche oder Überfälle angesprochen.

Lukas Kilian sagt: „Wenn die Bevölkerung zur Waffe greift, ist dies ein klares Indiz dafür, dass das Sicherheitsgefühl abnimmt.“
Lukas Kilian sagt: „Wenn die Bevölkerung zur Waffe greift, ist dies ein klares Indiz dafür, dass das Sicherheitsgefühl abnimmt.“ © HA | Harald Klix

Eine Ursache sieht er in der abnehmenden Polizeipräsenz. „Der Rückzug der Polizei aus der Fläche durch Schließung von Wachen hat zu einem Klima der Unsicherheit geführt.“ In Stormarn waren zuletzt die Stationen in Oststeinbek (Sommer 2016), Mollhagen und Bargfeld-Stegen (beide Ende 2016) aufgelöst worden. Ammersbek soll Ende dieses Jahres folgen. Die CDU fordert, alle Schließungen noch einmal genau zu prüfen. Für Kilian ist die Versechsfachung der Zahl von erteilten kleinen Waffenscheinen 2016 im Vergleich zum Vorjahr aus einem weiteren Grund beunruhigend. „Jede weitere Waffe in Privathaushalten stellt auch eine Gefahr dar“, sagt er. Da die erlaubnisfreien Pistolen täuschend echt aussähen, könnten Situationen leicht eskalieren.

22. März Polizeibeirat: Kriminalstatistik 2016 ist Thema

Um das Sicherheitsgefühl wieder zu stärken und damit diesem Trend entgegenzuwirken, hält Kilian unter anderem eine „wirkungsvolle Rechtsanwendung“ für dringend notwendig. „Die Strafe muss schneller auf die Tat folgen“, sagt er. Verfahren dauerten häufig viel zu lange. Das erfährt der Rechtsanwalt auch im beruflichen Alltag: „Mandanten verzichten manchmal auf eine Anzeige, weil sie ohnehin nicht an Erfolgsaussichten glauben.“ Am Mittwoch, 22. März, geht es ab 17.30 Uhr bei der öffentlichen Sitzung des Stormarner Polizeibeirats im Oldesloer Kreistagssitzungssaal (Mommsenstraße 13) unter anderem um die Kriminalstatistik 2016. Dann will Kilian auch die Waffenscheine ansprechen.

Im Alltag der Polizei spielt die zunehmende Bewaffnung der Bürger offenbar noch keine große Rolle. „Dazu gibt es keine belastbaren Aussagen“, so Polizeisprecher Holger Meier. Zumal erfahrungsgemäß die Menschen, mit denen es die Beamten bei Einsätzen zu tun haben, keinen großen Wert auf offizielle Genehmigungen legten.

Die Kreisverwaltung hat auf der Internetseite www.kreis-stormarn.de unter „Service/Leistungen“ den Antrag und ein Merkblatt zum kleinen Waffenschein bereit gestellt