Sandesneben. Deutliche Zunahme von Angriffen gegen Beamte. Gewerkschafter GdP fordert bei Versammlung in Sandesneben zusätzliches Personal
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) sorgt sich um ihre Beamten im Land Schleswig-Holstein. Sie werden zu immer mehr Einsätzen gerufen, die Arbeit wird immer gefährlicher. „Ich habe das Gefühl, dass es mehr und immer größere Einsätze gibt, auch mit Beteiligung des SEK“, sagte Regionalgruppen-Vorsitzender Marco Hecht-Hintz bei der Hauptversammlung der GdP in Sandesneben. Sorgen bereitet der Gewerkschaft die gestiegene Gewalt gegen Polizisten. 2016 habe es 14,7 Prozent mehr Angriffe gegen Beamte gegeben als im Jahr zuvor. Marco Hecht-Hintz: „Das sind sehr schlimme Zahlen.“
Zahl der verletzten Polizisten deutlich erhöht
Während 2015 noch 1082 Gewaltdelikte gegen Polizeibeamte registriert wurden, waren es im Folgejahr schon 1268 Fälle. Die Steigerung an Verletzungen im Dienst stieg sogar um 25 Prozent von 355 auf 441. Umso wichtiger sei es, dass sich die Ausstattung der Polizei in den vergangenen Jahren verbessert habe, sagte Hecht-Hintz. Es gab auch Gespräche über die Einführung von Tasern. Doch die Anschaffung solcher Elektroschock-Pistolen sah die Führung der Landespolizei kritisch. Neben Gewaltdelikten hat die Polizei vor allem im Süden Stormarns mit einer weiterhin hohen Einbruchskriminalität zu kämpfen. 2015 sei ein „besonders schlimmes“ Jahr gewesen, sagte der Gewerkschafter. „Mittlerweile hat sich die Situation etwas verbessert.“ Auch die verschärfte Sicherheitslage durch eine erhöhte Terrorgefahr binde Kapazitäten. Wichtig sei, die Polizei mit zusätzlich Beamten zu verstärken. In den vergangenen Jahren hatte die Gewerkschaft immer wieder über einen Stellenabbau geklagt.
Mittlerweile ist in der Landesregierung ein Stimmungswechsel zu spüren. Bis 2021 sollen 2200 neue Stellen geschaffen werden. „Das ist grundsätzlich eine positive Entwicklung aber ob das reicht, werden wir sehen“, sagte der Landesvorsitzende der GdP, Torsten Jäger, am Donnerstag in Sandesneben.
Kritik an Einsparungen der vergangenen Jahre
Der Behördenleiter der Polizeidirektion Ratzeburg, Jürgen Funk, ist weniger optimistisch. Immerhin seien in den vergangenen 15 Jahren landesweit 17.000 Stellen gestrichen worden: „Ich wage die Prognose, dass 500 zusätzliche Stellen in diesem Jahr nicht reichen“, sagte er. Kritik äußerte Funk an politischen Entscheidungen in den vergangenen Jahren. So sei bereits 2012 absehbar gewesen, dass sich die Polizei vermehrt mit der Bekämpfung von Terrorismus oder der Internetkriminalität befassen muss. Daher habe er seine Zweifel, dass zusätzliches Personal auch „in der Fläche ankommt“. Bei der Hauptversammlung diskutierte Ulrich Egon Bahr aus dem Landesvorstand der GdP mit Vertretern der Landtagsparteien. Mit in der Runde war der Fraktionsvorsitzende der FDP, Wolfgang Kubicki. Er sagte, die Landespolizei sei für Bewerber nicht attraktiv genug aufgestellt: „In den nächsten Jahren werden wir in allen Bereichen um Nachwuchs kämpfen müssen – auch bei der Polizei“, sagte Kubicki und verwies auf eine mangelnde Ausstattung: „Wenn wir in einigen Gegenden immer noch keinen Digitalfunk haben, ist das mittelalterlich.“ Doch vor allem die aktuellen politischen Entwicklungen forderten die Polizei immer mehr. „Wenn das so weitergeht, braucht die Polizei wesentlich mehr Kapazitäten. Laut GdP beläuft sich der aktuelle Personalbedarf auf 1500 Stellen. Um Großereignisse wie Demonstrationen oder Fußballspiele angemessen begleiten zu können, müsse mittelfristig eine weitere Einsatzhundertschaft eingerichtet werden.
Laut Gewerkschaft fehlen täglich 800 Beamte wegen Krankheit
Ebenso stehen die Besoldung und die Arbeitsbedingungen auf der Agenda der Gewerkschaft. In der Umsetzung befindet sich derzeit eine Verringerung der Arbeitszeit für Polizisten, die mehr als 20 Jahre im Wechselschichtdienst arbeiten. Durch die aktuell große Belastungen im Dienst sind die Krankheitsfälle gestiegen. Aktuell fehlen im Schnitt den Tag 800 Beamte, die krankheitsbedingt ausfallen.
Doch die Gewerkschaft werde auf eine Geduldsprobe gestellt. Das GdP-Mitglied und der SPD-Landtagskandidat im Wahlkreis Lauenburg-Nord, Manfred Börner, sagte: „Die Menschen im Land, aber auch die Beschäftigten müssen sich darauf verlassen können, dass Worten Taten folgen.“ Den Rückzug der Polizei aus der Fläche bewertet er kritisch. Die Schließung von Ein-Mann-Polizeidienststellen sei nachvollziehbar. Aber stärker besetzte Polizeiwachen müssten bestehen bleiben: „Ich möchte wieder eine bürgernahe Polizei.“