Ahrensburg. Beratungsgesellschaft Cima wurde mit Moderation beauftragt. Hauptausschuss diskutiert Konzept und Zeitplan am 20. Februar.
Zur Erinnerung: Beim Stadtmarketing geht es darum, für eine Kommune ein positives Image zu erschaffen oder zu festigen.
Wer erfahren will, wie das Bemühen ins unvorteilhafte Gegenteil verkehrt werden kann, der sollte sich die Beschlussvorlage 2017/007 ansehen, die am Montag, 20. Februar, im Ahrensburger Hauptausschuss behandelt wird.
Die Verwaltung schlägt vor, fürs Stadtmarketing 36.000 Euro freizugeben. An sich keine große Sache, denn dafür wurden schon insgesamt 150.000 Euro eingeworben, die mit Sperrvermerk versehen sind, der bei Bedarf – auch für Teilbeträge – aufgehoben werden kann. Geld ist also vorhanden.
Widerstreitende Interessen, die einander blockieren
Irritierend ist aber der Zeitpunkt des Bedarfs. Die 36.000 Euro werden für die Organisation eines Markenbildungsprozesses für Ahrensburgs Stadtmarketingkonzept durch die Beratungsgesellschaft Cima gebraucht. Das klingt nach elementarer Arbeit, nach Basics und Beginn. Und es ist erstaunlich, weil Vertreter der Stadt unter Anleitung der Verwaltung seit anderthalb Jahren an dem Konzept arbeiten. Trotzdem alles wieder auf Anfang?
Die Beschlussvorlage und zwei Anhänge der Cima beantworten detailliert, dass und wo der Prozess hakt. Und genau das ist keine gute Werbung für die Stadt, denn beim Lesen der Texte gewinnt man den Eindruck, dass die Arbeit am Stadtmarketing unstrukturiert gestartet wurde und widerstreitende Interessen einander blockiert haben.
Im Juni 2015 beschlossen Hauptausschuss und Stadtverordnetenversammlung, für die „Implementierung eines Stadtmarketings Ahrensburg“ 15.000 Euro bereitzustellen. Für die „Initialisierung Stadtmarketing“ wurde eine Steuerungsgruppe gebildet, die 13 Mitglieder hat: Je einen Vertreter schicken die fünf Fraktionen der Stadtverordnetenversammlung, Industrie- und Handelskammer (IHK), Stadtforum, Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) und die Interessengemeinschaft (IG) Hagener Allee. Aus der Verwaltung sind Bürgermeister Michael Sarach und Angelika Andres als Leiterin des Stadtmarketing Ahrensburg dabei. Hinzu kamen mit Rainer Jarck (Greenday-world) und Rolf Weinkauff (Wibu-Gruppe) zwei Vertreter des örtlichen Gewerbes als Berater ohne Stimmrecht.
Viele Ideen und Wünsche, dazu unklare Kompetenzen
Seit dem 3. September 2015 tagte die Steuerungsgruppe fünfmal, zuletzt am 31. Januar 2017. Daneben wurden für einzelne Fragestellungen 6-köpfige Arbeitsgruppen gebildet, die sich insgesamt sechsmal trafen, und es gibt parallel einen Runden Tisch Innenstadt (RTI), an dem Stadtforum, Dehoga, IG Hagener Allee, City Center Ahrensburg (CCA) und die Stadt sitzen. Es wurde viel über Ziele, Handlungsfelder und Organisationsformen geredet. Die Arbeitsgruppen machten Vorschläge, über die zum größten Teil keine Einigung in der Steuerungsgruppe, die für die strategische Planung zuständig ist, erzielt wurde. Dagegen initiierte der operativ ausgerichtete Runde Tisch die verkaufsoffene Blue Night, die von der Stadt mit 17.500 Euro gefördert wurde.
Das Ganze hört sich nach viel Brainstorming, zahlreichen konträren Interessen und unklaren Kompetenzen an. Zuständig für die Koordination des Prozesses ist die Stabsstelle Stadtmarketing, die Bürgermeister Michael Sarach direkt zugeordnet ist. Diese Schlüsselposition hat er im Herbst 2014 mit Angelika Andres besetzt, die ein halbes Jahr zuvor als Bauamtsleiterin abgesetzt worden war und für die eine adäquate Beschäftigung in der Verwaltung gefunden werden sollte. Eine problematische Erstbesetzung der extra geschaffenen Stabsstelle. Denn Angelika Andres soll sich im laufenden Verfahren in eine fachfremde Aufgabe einarbeiten, die sich als hochkomplex erwiesen hat.
Ein Tohuwabohu, das durch externe Beratung in geordnete Bahnen kommen soll
Auf Außenstehende mag das alles wie ein großes Tohuwabohu wirken. Das sieht offenbar auch der Hauptausschuss so, denn er forderte am 12. Dezember 2016 die Verwaltung auf, am 20. Februar Sachstandsbericht und detaillierten Zeitplan vorzulegen. Eine Folge davon ist, dass Cima beauftragt wurde, den Prozess zu ordnen und auszurichten.
Cima arbeitete die Protokolle auf und befragte die Mitglieder der Steuerungsgruppe in Einzelgesprächen nach den Hemmnissen. Das liest sich im Sachstandsbericht als beredte Aneinanderreihung von Zitaten: „Unterschiedliche Vorstellungen von Stadtmarketing“ – „Fehlende Offenheit für andere Standpunkte“ – „Festgefahren in eigenen Ideen“ – „Fehlende Kommunikation/Abstimmung zwischen allen Akteuren, großes Misstrauen“ – „Gemeinsame Leitidee/abstrakte Ebene (Strategie, Ziele) fehlt“ – „Diskussionen um Details anstelle gemeinsamer Vision“ – „Marke Ahrensburg fehlt“ – „Bürgermeister und Stabsstelle blockieren sich gegenseitig“ „Ständig wechselnde Teilnehmer, Diskussionen starten immer wieder neu“ – „Politik versteht Stadtmarketing nicht“.
Das verstärkt den Eindruck, dass nach anderthalb Jahren Arbeit einiges festgefahren scheint. Bürgermeister Sarach kommentiert das gelassen: „Es gab ein unterschiedliches Verständnis von Begrifflichkeiten und Interessenlagen, deshalb liegt noch kein fertiges Konzept vor.“ Dennoch sei ein großer Schritt gemacht worden, alle hätten sich deutlich zum Stadtmarketing bekannt. „Jetzt haben wir kurz innegehalten und schalten einen Moderator ein, der das gemeinsame Interesse weiterentwickeln soll.“
Die Akteure in der Steuerungsgruppe halten sich an die Verabredung, sich nicht öffentlich Interna der Steuerungsgruppe zu kommentieren. Nur Grünen-Fraktionsvorsitzende Monja Löwer sagt diplomatisch: „Die Gespräche sind konstruktiv, aber aufgrund der Größe und Zusammensetzung der Steuerungsgruppe war der Prozess langwierig.“ Dagegen ein anderes Mitglied: „Die Situation war so verfahren, dass der Bürgermeister externe Kompetenz verlangte.“
Erster Baustein soll im Juni die Ahrensburg-App werden
Einigkeit gibt es immerhin darüber, dass das Handlungsfeld Kommunikation/Öffentlichkeitsarbeit höchste Priorität hat. Deshalb will Ahrensburg als ersten Baustein zum Stadtfest am 9. Juni gemeinsam mit den Stadtwerken eine App herausbringen. „Als Plattform, auf die jeder Zugriff hat und bei der jeder mitmachen kann, die also Aktivitäten in der Stadt sichtbar macht. Das ist für mich Kommunikation und könnte eine Initialzündung sein“, sagt Sarach.
Ansonsten setzt er auf den Zeit- und Projektplan von Cima. Demnach sollen im Oktober in der Stadtverordnetenversammlung Stadtmarketing-Gesamtkonzept und Maßnahmenplan präsentiert werden. Ein sportliches Ziel, das einzuhalten sei: „Wir sollten vor den Kommunalwahlen 2018 fertig sein, sonst beginnen wir wieder von vorn.“