Ahrensburg. Die Konditorei Gerads in der Hamburger Straße 7 feiert ein rundes Jubiläum. Zum 70. Geburtstag gibt es Spezialangebote für die Kunden.

Die Schönschrift in königsblauer Tinte passt zum Geschäftsergebnis. Klaus-Peter Gerads hat das abgewetzte erste Journal seines Vaters aufgeschlagen, um zu zeigen, wie erfolgreich dessen Geschäft am 17. Januar 1947 startete. „Die erste Tageseinnahme betrug 75 Reichsmark“, sagt er. Das aus dem Stand gute Ergebnis wurde rasch gesteigert: Nach einer Woche sind in feiner Handschrift Gesamteinnahmen von 820 Reichsmark aufgelistet. Die Konditorei Gerads war offenbar sofort eine feste Größe in Ahrensburg.

Torten in Handwerksqualität statt Retorten-Kuchen

Inzwischen ist sie längst das Sahnehäubchen der Stadt. Ein Familienbetrieb, der sich gegen die Retorten-Kultur von Bäckereiketten, gegen Self Service, Fast Food und Coffee to Go behauptet, weil er nach wie vor unbeirrt seinen eigenen Stil verfolgt: handwerkliche Qualität, die ihren Preis hat – sozusagen Coffee to Stay im trotz Modernisierungen noch immer leicht plüschigen Café nach Wiener Art – mit Tischdecken und Bedienung, mit Sahne und Buttercreme. An diesem Sonnabend feiert das Traditionsgeschäft seinen 70. Geburtstag mit besonderen Angeboten für die Kunden.

Ahrensburger Attraktion: Mit dieser Ansichtskarte warb die Konditorei Gerads in den 1950er Jahren
Ahrensburger Attraktion: Mit dieser Ansichtskarte warb die Konditorei Gerads in den 1950er Jahren © HA | Gerads

Klaus-Peter Gerads (71) erinnert an die Anfänge und zeigt ein Foto, auf dem er sechsjährig als kleiner Konditor posiert. „Das war 1951, vor dem Lindenhof, wo mein Vater begann“, sagt er. Joseph Gerads (1914-1986), der aus der Region um Aachen stammte, war nach Kriegsende mit Ehefrau Elsa nach Ahrensburg gekommen und gründete im Lindenhof sein eigenes kleines Geschäft. Den Wunsch vom Café konnte er sich als Mieter im Ausflugslokal jedoch nicht erfüllen, deshalb kaufte er 1952 an der Hamburger Straße ein Grundstück und baute sein eigenes Haus, das er sich zunächst mit einem Mieter, der Buchhandlung Schwarz, teilte.

Tischdecken und guter Service gehören dazu

Danach wuchs das Geschäft schrittweise. Nach dem Umzug der Buchhandlung verdoppelte Joseph Gerads 1961 seine Fläche. 1976 übernahmen Sohn Klaus-Peter, der bei Niederegger in Lübeck gelernt hatte, und dessen Ehefrau Helga. Sie eröffneten 1983 das Terrassencafé im Durchgang. 2003 übergaben sie die Konditorei an Sohn Stephan.

Über drei Generationen hat sich alles nur so viel verändert, wie es der Zeitgeist erforderte. Ansonsten ist Familie Gerads ihrer Vorstellung vom gemütlichen Kaffeehaus weitgehend treu geblieben. Auf Gardinen wird seit den 70-ern verzichtet, auf Tischdecken und guten Service nie. „Bistro-Kultur mit Selbstbedienung und nackten Tischen gibt es bei uns nicht“, sagt Klaus-Peter Gerads.

Nachwuchs für Konditor-Handwerk gesucht

Das umfangreiche Sortiment und die Vorlieben der Ahrensburger sind über die vergangen Jahrzehnte gleich geblieben: Champagnertorte, Lübecker Nuss, Butter-Kopenhagener und Petits Fours blieben Bestseller. Eine neuere Entwicklung ist, dass Frühstücksangebot und Mittagstisch mit saisonalen Akzenten das Café schon vor nachmittäglicher Kaffeetafel und Tea Time füllen.

Ansonsten werden Torten für jeden Anlass gefertigt, für Hochzeiten, Firmenjubiläen und runde Geburtstage, mehrstöckig und filigran verziert. „Außer karierten Maiglöckchen machen wir so ziemlich alles“, sagt Helga Gerads.

Klaus-Peter Gerads bei einer vorweihnachtlichen Verkaufsaktion in den 70er-Jahren im Torweg der Konditorei
Klaus-Peter Gerads bei einer vorweihnachtlichen Verkaufsaktion in den 70er-Jahren im Torweg der Konditorei © HA | Gerads

Ihr Sohn Stephan (48) arbeitet sechs Tage in der Woche in der Backstube und leitet das Geschäft mit sechs Angestellten, vier Azubis und drei Aushilfen. Stephans Tochter Jennifer (19) hat gerade die Zwischenprüfung als Fachverkäuferin gut absolviert. Sohn Kevin (17) macht zurzeit ein Praktikum in der Backstube, ist sich aber nicht sicher, ob er Konditor werden will. Nachwuchs für ein beanspruchendes Handwerk zu finden, wird schwieriger. Über die Jahre hat Gerads mehr als 50 Lehrlinge in Produktion und Verkauf ausgebildet. Für August sucht er noch neue Azubis. Die sind 2017 auch in der eigenen Familie nicht mehr so selbstverständlich zu gewinnen wie in den 50er-Jahren, als Klaus-Peter Gerads in Berufskleidung aufwuchs.

Am 11. Februar feiert Gerads mit den Kunden. Butterkuchen gibt es zum Jubiläumspreis von 0,70 Euro. Café-Gäste werden zum Sekt eingeladen. Um 11 Uhr wird die Geburtstagstorte angeschnitten, deren Stücke gegen eine Spende für das Peter-Rantzau-Haus zu erwerben sind.