Glinde. Jugendliche der Bildungseinrichtung Wiesenfeld wollen zwei Gemeinschaftsschulen behalten und schalten jetzt die Kommunalaufsicht ein.

Jetzt geht es richtig hart zur Sache bei der von den Kommunalpolitikern beschlossenen Fusion der beiden Glinder Gemeinschaftsschulen. Die Schülervertretung der Bildungseinrichtung in Wiesenfeld wehrt sich gegen die Zusammenlegung mit der Sönke-Nissen-Gemeinschaftsschule und hat die Kommunalaufsicht des Kreises eingeschaltet. Sie wirft der Stadt vor, nicht in angemessener Weise beteiligt worden zu sein. Die Angelegenheit mündet womöglich in einer Klage vor Gericht.

Das Schreiben an die Kreisverwaltung umfasst nur eine DIN-A4-Seite. Neben acht Jungen und Mädchen hat auch der Verbindungslehrer Christian Witt die Beschwerde unterschrieben. Er ist Vertrauensperson der Wiesenfelder Schüler und in dieser Funktion für zwei Jahre gewählt. Witt sagt: „Ich habe beim Formulieren geholfen.“ Der Impuls, genau diesen Weg zu gehen, sei von ihm ausgegangen, nachdem Schüler um Ratschläge gebeten hätten.

Beschwerde weist auf Verstoß gegen Gemeindeordnung hin

Die Teenager gehen auf zwei Beschlüsse der Stadtvertretung ein. Zum einen auf jenen vom 19. November 2015, der die Fusion beinhaltet, und einen weiteren vom 24. November vergangenen Jahres mit der Umsetzung zum Schuljahr 2018/19. Dafür hatten Politiker aller Parteien votiert. Die Jungen und Mädchen beziehen sich bei ihrer Kritik auf Paragraf 47 f der Gemeindeordnung von Schleswig-Holstein. Der besagt unter anderem: „Die Gemeinde muss bei Planungen und Vorhaben, die die Interessen von Kindern und Jugendlichen berühren, diese in angemessener Weise beteiligen.“

Daran zweifeln die Wiesenfelder Jugendlichen. Sie wollen, dass die Stadt der Kommunalaufsicht das Beteiligungsverfahren detailliert beschreibt – in der Hoffnung, dass der gesetzliche Rahmen nicht eingehalten wurde. Im letzten Absatz der Beschwerde heißt es: „Abhängig von der Antwort der Gemeinde behalten wir uns vor, die Rechtmäßigkeit der Beschlüsse anzuzweifeln und die Beteiligung an der Entscheidung zu verlangen.“ Was das konkret bedeuten könnte, beschreibt Justin Lache, der Wiesenfelder Schülersprecher, so: „Wir haben immer noch die Möglichkeit einer Klage.“ Den brisanten Brief in Kopie haben sowohl Glindes Bürgermeister Rainhard Zug als auch die Fraktionsvorsitzenden erhalten. Der Verwaltungschef sagte gegenüber dem Abendblatt: „Ich finde, mit der Beteiligung ist alles vernünftig gelaufen.“ Er könne aber nachvollziehen, dass jede Möglichkeit genutzt werde, um Dinge ins Rollen zu bringen.

Sönke-Nissen-Gemeinschaftsschule befürwortet die Fusion

Die Wiesenfelder ärgert, dass sie zum neuen Partner ins Schulzentrum an den Oher Weg ziehen müssen und das dort ansässige Gymnasium ihre neuen Räume am Holstenkamp erhält. In den Standort investiert die Stadt elf Millionen Euro. Nach sechs Jahren werden die Arbeiten im Sommer beendet sein. Ihren maßgeschneiderten Neubau dürfen die Schüler nur kurz genießen. Außerdem ist ihnen genauso wie der Lehrer- und Elternschaft eine Schule mit dann rund 1300 Jungen und Mädchen zu groß. Derzeit lernen 772 Schüler in Wiesenfeld. Die Bildungseinrichtung präferiert eine Kooperation mit der Sönke-Nissen-Gemeinschaftsschule, die sich wiederum für eine Fusion ausgesprochen hat.

Die Stadt möchte den Schulstandort Glinde durch die Zusammenlegung attraktiver machen. Denn die Sönke-Nissen-Gemeinschaftsschule hat keine Oberstufe und nur 30 Anmeldungen pro Jahr, startet aber mit rund 60 Schülern, weil sie woanders abgelehnte aufnimmt. Zum Beispiel solche, die in Wiesenfeld nicht zum Zuge kommen. Wegen der hohen Nachfrage wird dort selektiert.

Bei der Politik kommt der Vorstoß der Schüler nicht gut an. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Frank Lauterbach sagt: „Man sollte sich nach vorn bewegen und konstruktiv mitarbeiten.“ Das können die Schüler in einer Lenkungsgruppe, die sich mehrfach getroffen hat. Sie wird von einem Moderator begleitet und ist mit der Erarbeitung der inhaltlichen Gestaltung der Fusion beauftragt. Neben je zwei stimmberechtigten Schülern aus beiden Bildungseinrichtungen zählen auch deren Leitungen, Personalräte und Mitarbeiter der Verwaltung zu den Mitgliedern. Dabei ist zum Beispiel der Wiesenfelder Torben Prühs (18). Er sagt: „Es ist schwer, in der Gruppe Ergebnisse zu erzielen.“

Für Bürgermeister Zug und die Politiker ist die Teilnahme der Schüler an der Lenkungsgruppe ein wichtiges Beteiligungsmerkmal. Zudem konnten die Jugendlichen bei den Fraktionen ihre Bedenken äußern. Auch auf diversen Ausschusssitzungen verschafften sie sich Gehör. Geholfen hat es aus ihrer Sicht allerdings nicht.

Hermann Harder von der Kommunalaufsicht sagt, er werde Glindes Bürgermeister um eine Stellungnahme bitten. Und fügt hinzu: „Der Paragraf 47 f ist kein Instrument, um Projekte auf Eis zu legen.“ Jörg Bülow, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Schleswig-Holsteinischen Gemeindetages, sagt zu diesem Thema: „Generell lässt der Gesetzgeber den Gemeinden einen erheblichen Spielraum bei der Beteiligung.“