Ahrensburg. Ursula Wegmann, Vorsitzende des Beauftragtengremiums in Ahrensburg, zieht nach zwei Jahren Bilanz

Auf was sie sich eingelassen habe, so sagt Pastorin Ursula Wegmann, das sei ihr bewusst geworden, als sie an einer Gemeindeversammlung in der Ahrensburger Schlosskirche teilnahm. „Ich erinnere mich, wie Propst Buhl in Redebeiträgen heftig attackiert wurde. Ich war erschüttert über die Stimmung und den Umgangston in einem Kirchenraum. Ich war mir danach sicher, dass ich keine Gemeindeversammlung mehr in die Schlosskirche verlegen würde“, erzählt sie. „Die Stimmung war erschreckend. Ich habe gewusst, das wird sehr schwierig hier.“

Dieser erste unmittelbare Eindruck von den Konflikten und vom Klima in der Ahrensburger Kirchengemeinde liegt gut zwei Jahre zurück. Ursula Wegmann hat den Job trotzdem übernommen und bis jetzt durchgehalten. An diesem Sonntag endet mit einem Gottesdienst in der Schlosskirche ein etwa zwei Jahre währendes Intermezzo in der Geschichte der Ahrensburger Kirchengemeinde, das als besonders intensiv in Erinnerung bleiben dürfte. Der im November neu gewählte Kirchengemeinderat wird vor der Predigt von Ursula Wegmann eingeführt, die als Vorsitzende des Beauftragtengremiums die Leitungsverantwortung weitergibt.

Das Beauftragtengremium (BAG) war im Dezember 2014 eingesetzt worden, weil der alte Ahrensburger Kirchengemeinderat nach dem Rücktritt von mehr als der Hälfte seiner Mitglieder nicht mehr beschlussfähig war. Konkret ging es darum, die Geschäfte der Gemeinde weiterzuführen und ihren defizitären Haushalt zu sanieren. Dahinter stand jedoch auch der Wunsch, wieder Ruhe in eine Gemeinde zu bringen, die einen Missbrauchsskandal aufarbeiten musste und sich über das geplante Entwidmungsverfahren für die St. Johanneskirche heillos zerstritten hatte. Eine fast unlösbare Aufgabe für die Pastorin, die von außen kam, zusätzlich belastet durch die Hypothek, dass sie von einigen als linientreue Vertreterin des Kirchenkreises gesehen wurde.

Ursula Wegmann erinnert sich an ihren Start in Ahrensburg: „Der alte Kirchengemeinderat war am 9. Dezember zurückgetreten, das BAG wurde am 10. Dezember vom Kirchenkreisrat berufen. Dass ich den Vorsitz führen sollte, wurde am 11. Dezember entschieden. Und am 12. Dezember wurde ich gefragt und habe ja gesagt. Damit war ich parallel zu einer Vakanzvertretung in Schiffbek-Öjendorf ab sofort Geschäftsführerin der Kirchengemeinde Ahrensburg.“

Nach kurzer Bedenkzeit sagte sie zu und musste sich quasi im laufenden Arbeitsprozess mit einer sehr komplexen Situation vertraut machen. „Ich habe viel mit Propst Buhl gesprochen, ohne Ende gegoogelt und mehr als 300 Protokolle gelesen, um zu verstehen, wie sich der Konflikt entwickelt hat.“ Bei den Finanzen sei sie bis 1996 zurückgegangen, erzählt Wegmann. Sie habe wissen wollen, was gelaufen und warum entschieden worden sei, St. Johannes zu schließen. „Ich fragte mich, was geht und was nicht? Und wie man es hinbekommt, dass Konflikte nicht über die Medien diskutiert werden?“ Klares Ziel sei es gewesen, die Kirchengemeinde zu erhalten. „Wäre es weitergegangen wie bisher, hätte einiges an Personal eingespart werden müssen. Das wäre tragisch für eine so große Gemeinde.“

Mit der Bilanz nach zwei Jahren Arbeit des BAG-Teams ist sie zufrieden und nennt drei Themen, die ihr besonders wichtig sind. 1. Der Haushalt der Gemeinde weise kein strukturelles Defizit mehr auf. 2. Die Trägerschaft für die Kitas der Kirchengemeinde sei an den Kirchengemeindeverband übergeben worden, was Ahrensburgs Kirchengemeinderat von Verwaltungsarbeit entlaste, während die religionspädagogische Betreuung der Kita-Kinder weiterhin vor Ort geleistet werde. 3. Mit dem Verkauf des Grundstücks, auf dem das Pastorat und das Gemeindehaus von St. Johannes stehen, habe das BAG ihr Problem mit maroden Gebäuden gelöst. „Die Gemeinde spart viel Geld, das sie sinnvoller nutzen kann.“ Zumindest der letzte Punkt ihrer Bilanz ist umstritten: Der Förderverein, der per Vertrag mit 30.000 Euro in Geld- und Sachleistungen dafür sorgt, dass die Kirche vorerst bis 2019 weiterbesteht, sieht den Verkauf als Schachzug, um St. Johannes die Infrastruktur zu entziehen.

Den Fördervereinsvertrag betrachtet Wegmann dagegen als Baustelle, die das BAG nicht habe fertigstellen können. „Der Vertrag verstößt gegen Kirchengesetz. Es müsste festgeschrieben sein, dass der Förderverein jährlich 1,3 Prozent vom Feuerkassenneubauwert für die Gebäudesanierung zurückstellt“, sagt sie, nennt einen Betrag von etwa 28.000 Euro im Jahr und verspricht, dass dieses Geld, sollte St. Johannes doch entwidmet werden, rückerstattet und nicht anderswo verbaut würde.

Eine Befriedung ist nicht gelungen, das Verhältnis zwischen BAG und Förderverein blieb polarisiert. „Frieden muss man wollen, beide Seiten sollten aufeinanderzugehen. Ich habe den Eindruck, dass eine Seite das nicht will“, sagt Wegmann trotzig. Ihr missfällt die vermeintliche Grundhaltung ihrer Kritiker. „Wenn ich Gemeinde sage, meine ich die gesamte Kirchengemeinde Ahrensburg. Wenn der Förderverein Gemeinde sagt, meint er St. Johannes.“

Lieber spricht sie über „die schönen Sachen“ in Ahrensburg, über das Flüchtlingscafé, über den Adventsmarkt am Schloss, über ein Erntedankfest mit Kindern am Hagen und nicht zuletzt über die 30 Kandidaten und die hohe Beteiligung bei der Kirchengemeinderatswahl, die ein gutes Zeichen seien.

Ihr Ausblick klingt ausgleichend: „Ich sehe den neuen Kirchengemeinderat als Chance. Menschen, die ein anderes Bild haben, setzen sich jetzt mit der Arbeit und Gesetzen auseinander, auch mit der Frage, wie die Gemeinde in die Zukunft geht. Es muss sich der Blick dafür öffnen, dass Kirche mehr ist als ein Gebäude. Kirche ist etwas Weltumspannendes, Ahrensburg nur ein Zahnrädchen darin.“ Sie sagt, dass sie ohne Bitternis in Ahrensburg aufhöre: „Die Geschichte geht ohne mich weiter, ich war nur eine Wechselfigur darin. Deshalb meinen die Angriffe der vergangenen Jahre auch nicht mich persönlich.“