Glinde. Nun soll eine Arbeitsgruppe den Knoten im Streit um Verkehrsregelung an Holstenkamp und Kaposvarspange lösen.

Acht Monate nach Einführung von Tempo 50 auf den Glinder Straßen Holstenkamp und Kaposvarspange ist der Protest unter Anwohnern und Eltern der Schulen und Kitas unverändert groß. Auf beiden Straßen galt vorher Tempo 30, der Kreis forderte die Abschaffung. Eine Arbeitsgruppe soll nun Lösungen für das Dilemma erarbeiten. Das beschlossen jetzt die Mitglieder des Bauausschusses. Der Vorschlag kommt von der Verkehrsbehörde, die an der Arbeitsgruppe teilnehmen will.

Tempo-Messungen ohne Auffälligkeiten, sagt der Kreis

Handlungsbedarf sieht Dirk Willhoeft, Fachdienstleiter für Straßenverkehrsangelegenheiten beim Kreis, nicht. Seinen Besuch im Bauausschuss sagte er ab. Seiner Behörde seien keine Probleme geschildert worden, Tempo-Messungen hätten keine Auffälligkeiten ergeben. Hingegen sorge die nun eindeutige Vorfahrtsregelung für mehr Sicherheit. Glindes Polizeichef Andreas Appel sagte: „Wir haben keine überhöhten Geschwindigkeiten und keine Unfallschwerpunkte feststellen können.“ Auch Bürgermeister Rainhard Zug hält nur den Kreisel, der Holstenkamp, Kaposvarspange und den Oher Weg verbindet, für einen Gefahrenpunkt. Er gehe davon aus, dass sich die neue Verkehrsregelung bewährt hat.

Das könnte jedoch auch daran liegen, dass Anwohner weiterhin langsamer fahren als erlaubt. „Die Eltern der Grundschule Wiesenfeld fahren weiter Tempo 30, als ziviler Protest“, sagte Elternratsvorsitzende Katrin Jarck. Mehrere Anwohner klagten in der Sitzung zudem über deutlich mehr Verkehr. Sieglinde Körber sagte: „Das ist hier ein reines Wohnviertel, wir sind gegen Tempo 50.“ Umstritten sind auch die Geschwindigkeitsmessungen. Denn das von der Polizei eingesetzte Lasergerät erfasst lediglich jedes zehnte bis 20. Fahrzeug und ist nur auf geraden Strecken einsetzbar. Auf der Tempo-30-Strecke in der Kurve vor der Schule kann es nicht messen. Katrin Jarck zeigte sich entsetzt: „Da kann ja jeder schneller fahren, ohne bestraft zu werden.“

Anwalt Rüdiger Reuter hat gegen die Anordnung von Tempo 50 Widerspruch eingelegt. Der Verkehrsrechtsexperte wohnt in einer Nebenstraße der Kaposvarspange. Laut Reuter ist das Sichtfeld für Autofahrer, die auf die Kaposvarspange einbiegen wollen, zu kurz, da es bei der Planung des Neubaugebietes für Tempo 30 berechnet worden war.

Anwalt: Bei Unfällen könnte Glinde haftbar gemacht werden

Reuter verweist auf eine Beschlussformulierung bei der Aufstellung des Bebauungsplans 40a. Dort steht: „Das Plangebiet wird als Tempo-30-Zone mit der Vorfahrtsregelung rechts vor links gekennzeichnet. Dazu sind Sichtflächen von drei Meter mal 30 Meter erforderlich. Diese sind an sämtlichen Einmündungen innerhalb der öffentlichen Verkehrsflächen gegeben.“ Bei Tempo 50 müsse man in drei Metern Entfernung vom Fahrbahnrand aber 70 Meter weit gucken können. Das sei bei der kurvigen Straße unmöglich. Die eingeschränkte Sicht habe schon zu mehreren gefährlichen Situationen geführt. Bei Unfällen könne die Stadt haftbar gemacht werden.

SPD und Grüne wollen angesichts der Proteste nicht locker lassen. Bernd Wersel (SPD) stellte vier Anträge zur Sache: Für die Wiedereinführung der Tempo-30-Zone für beide Straßen, die Anschaffung von zwei Smiley-Geschwindigkeitsanzeigen und den Erwerb einer modernen Geschwindigkeitsmessanlage. Außerdem soll die Verwaltung prüfen, ob vor weiteren Kindergärten Tempo-30-Strecken eingerichtet werden können. CDU und Grüne reagierten wohlwollend, sahen aber noch Beratungsbedarf. Letztlich folgten die Politiker dem Vorschlag von Jan Schwartz (Grüne) und beschlossen den Start der Arbeitsgruppe, der Vertreter der Schule und der beiden Kindergärten „Zwergenwache“ und „Wilde Wiese“ angehören sollen.