Glinde. Politiker fühlen sich von Organisation mit dem Namen Freistaat Preußen belästigt, die ihnen immer wieder E-Mails schreibt.

Immer wieder haben Politiker aller Parteien in Glinde E-Mails von einer Organisation mit dem Namen Freistaat Preußen erhalten. Sie fühlen sich belästigt. Deshalb schaltet die Kommune jetzt den Verfassungsschutz ein. Einen entsprechenden Antrag der Grünen segneten die Stadtvertreter auf ihrer jüngsten Sitzung einstimmig ab. Deren Ortsvorsitzender Jan Schwartz sagt: „Man darf diese Gruppe nicht auf die leichte Schulter nehmen. Ich habe den Eindruck, dass sie sich im Dunstkreis der Reichsbürger bewegt.“

Nach tödlichen Schüssen auf einen Polizisten in Bayern waren die Reichsbürger im Oktober dieses Jahres in den Fokus der Öffentlichkeit geraten. Es sind Menschen, die weder Verfassung und Gesetze noch die Bundesrepublik anerkennen.

Bürgermeister Rainhard Zug sagt, er begrüße diesen Schritt

Die Glinder Verwaltung wird jetzt das Innenministerium in Kiel informieren. Es soll geprüft werden, ob von der Organisation eine ähnliche Gefährdung wie von Reichsbürgern ausgeht und was gegen die E-Mails an die Stadtvertreter unternommen werden kann. So ist der Wunsch im Antrag formuliert.

Für die Kontaktaufnahme im Glinder Rathaus ist Bernd Mahns, der Leiter des Amtes für Bürgerservice, zuständig. Er sagt: „Spätestens in der ersten Januarwoche wird das Schreiben rausgehen.“ Auch er habe solche E-Mails erhalten. Darin seien keine Bedrohungen oder Beleidigungen ausgesprochen worden. Glindes Bürgermeister Rainhard Zug kann das Ansinnen der Politik nachvollziehen. Der Verwaltungschef sagt: „Ich begrüße diesen Schritt.“ Laut Schwartz soll verhindert werden, dass Organisationen wie Freistaat Preußen Einfluss auf die Politik nehmen „und uns veralbern“. Wenn jemand verunsichert werde, könne das fatale Auswirkungen auf das politische Verhalten haben. Genauso denkt der SPD-Fraktionsvorsitzende Frank Lauterbach. Er hat die E-Mails zuletzt gar nicht mehr gelesen und sofort gelöscht, sagt: „Was da geschrieben wird, ist Schweinkram.“

Freistaat hat eine Provinzverwaltung in Barsbüttel

Seiner Ansicht nach gehe das schon in Richtung Verfassungsfeindlichkeit. Er halte den Inhalt für sehr bedenklich. Mit Namen werden die Stadtvertreter übrigens nicht angesprochen. Ihre E-Mail-Adressen ausfindig zu machen, ist problemlos. Sie sind auf der Internetseite der Stadt aufgeführt. Auch die Organisation Freistaat Preußen hat eine eigene Homepage. Dort ist eine administrative Regierung mit Namen der Personen und Telefonnummern angegeben. Als Sitz der Zentralverwaltung wird eine Bonner Adresse genannt. Zudem sind diverse Provinzverwaltungen aufgeführt, unter anderem in Cottbus und Hannover. Auch Schleswig-Holstein hat eine: in Barsbüttel. Dazu gibt es einen umfangreichen Downloadbereich auf der Internetseite. Unter anderem ist dort ein Antrag auf einen Staatsangehörigkeitsausweis für den Freistaat Preußen zu finden. Ein weiteres Dokument nennt sich „Hilfestellung – Nachweis der Abstammung“.

Liegt Grünen-Politiker Jan Schwartz mit seinen Befürchtungen also richtig? Er sagt gegenüber dem Abendblatt: „Die passen schon genau auf, dass sie den Rechtsraum nicht verlassen.“ Auf ihrer Internetseite geht die Organisation auch auf das Thema Reichsbürger ein. Dort heißt es: „Der Freistaat Preußen und die Staatsangehörigen dieses Bundesstaates distanzieren sich eindringlich von Reichsbürgern, rechtsradikalen Einstellungen/Gedankengut sowie gewalttätigen Aktionen.“

Laut Jana Ohlhoff, Sprecherin des Landesinnenministeriums in Kiel, beobachten Verfassungsschützer die Reichsbürger seit dem Jahr 2014. Rund 40 sind der Behörde landesweit bekannt, in Stormarn eine einstellige Zahl. Auch das Ordnungsamt im Kreis kennt solche Bürger. „In der Regel stellen sie einen Antrag auf eine Wiedereinbürgerung ins Königreich Preußen“, sagt Fachdienstleiterin Anja Kühl.