Lütjensee/Steinburg/Siek. Auf drei Kreisstraßen in Stormarn sollen Schutzstreifen den Radlern mehr Sicherheit bieten. Erprobung erfolgreich beendet.

In ganz Deutschland könnte es bald einen völlig neuen Straßentyp geben, der in Stormarn bereits existiert. Seit drei Jahren gibt es in Stormarn drei Radfahr-Teststrecken, die mithilfe von sogenannten Schutzfahrstreifen für mehr Sicherheit der schwächeren Verkehrsteil-nehmer sorgen sollen. Jetzt ist die Erprobungsphase beendet, und Gutachter haben zumindest für den Kreis Stormarn ein positives Fazit für das bundesweite Modellprojekt gezogen. Das zuständige Planungsbüro hat dem Auftraggeber, dem Bundesverkehrsministerium, jetzt seinen Abschlussbericht vorgelegt.

Zur Erinnerung: Das Erprobungsvorhaben trägt den offiziellen Namen „Schutzstreifen außerorts – Modellversuch zur Abmarkierung von Schutzstreifen außerorts und zur Untersuchung der Auswirkungen auf die Sicherheit und Attraktivität im Radverkehrsnetz“.

Die Schutzstreifen für Radler sind jeweils 1,50 Meter breit

Hinter diesem sperrigen Titel verbirgt sich ein ganz neuer Straßentyp: Er besteht aus zwei jeweils rund 1,50 Meter breiten markierten Schutzstreifen an den Rändern der Fahrbahn, die von den Radfahrern genutzt werden sollen, sowie einer rund drei Meter breiten Kernfahrbahn für die Autos. Drei Meter, die allerdings zu schmal für zwei aneinander vorbeifahrende Pkw sind.

Wenn ein Auto entgegenkommt, müssen beide Fahrer auf die Schutzstreifen ausweichen. Das geht wiederum nur, wenn dort kein Radfahrer unterwegs ist.

Stefan Luft vom Planungsbüro Urbanus in Lübeck hat das Projekt von Anfang an betreut. Er sagt: „Zu Beginn hat es gerade wegen der drei Meter breiten Kernfahrbahn große Unsicherheiten bei den Autofahrern gegeben.“ Mittlerweile hätten sich aber viele Stormarner daran gewöhnt.

Bei dem Projekt haben sechs Kreise und die Stadt Köln mitgemacht. Drei Strecken wurden in Stormarn ausgesucht: Die K 98 zwischen Oetjendorf und Lütjensee, die K 79 zwischen Barkhorst und Eichede sowie die K 97 zwischen Siek und Hoisdorf. Das längste Teilstück ist die erste Strecke mit 3,1 Kilometern. Der Verkehrsplaner hat die damaligen Auswahlkriterien der Teststrecken noch in guter Erinnerung. Luft: „Man hat sich auf Straßen mit bis zu 4000 Autos pro Tag beschränkt.“ Auf stärker frequentierten Straßen würden Schutzstreifen zu einem Verkehrshindernis werden. Außerdem war eine weitere Voraussetzung, dass die ausgewählten Teststrecken nur mit 70 Kilometer pro Stunde befahren werden.

Wenn alle Beteiligten eine positive Gesamtbewertung abgeben, könnten die Fahrradschutzstreifen außerhalb von Orten in die Straßenverkehrsordnung aufgenommen und dauerhaft eingesetzt werden. Bisher waren in Deutschland nur auf innerstädtischen Straßen solche Schutzstreifen erlaubt.

Seit 1997 sind nach Änderung der Straßenverkehrsordnung diese Markierungen möglich. Das Verbot für Straßen außerhalb der Städte war lediglich eine Vorsichtsmaßnahme, weil Erfahrungen in diesem Bereich fehlten. Auch wenn ein endgültiges Ergebnis feststeht, kann es noch bis zu drei Jahre dauern, bis die Schutzstreifen außerhalb von Orten rechtlich verankert wären.

Unfallstatistik sagt: weder mehr noch weniger Unfälle

„Was in dieser Zeit mit den Markierungen passiert, ist noch unklar, aber wahrscheinlich können sie erst einmal auf den Stormarner Strecken bleiben“, sagt Luft. Die Kosten für die Markierungsarbeiten hat damals der Kreis übernommen. Sie lagen bei etwa 5000 Euro pro Kilometer.

In der Testphase hat es auf den drei Strecken immer wieder Geschwindigkeitsmessungen und Videoüberwachungen gegeben. „Außerdem haben wir für unseren Abschlussbericht Unfallstatistiken ausgewertet“, sagt Stefan Luft. Es habe weder mehr noch weniger Unfälle gegeben.

Ulrike Stentzler ist Bürgermeisterin in Lütjensee
Ulrike Stentzler ist Bürgermeisterin in Lütjensee © HA | Isabella Sauer

Ulrike Stentzler, Bürgermeisterin der Gemeinde Lütjensee, findet die Fahrradstreifen großartig. Sie sagt: „Die Schutzstreifen sind ein Segen für die Radfahrer.“ Von Todendorfern höre sie öfter, dass sie nun gern mit dem Rad zum Einkaufen oder zum See fahren. „Mein Mann fährt auch manchmal mit dem Rad nach Ahrensburg zur Arbeit oder auch Rennrad und fühlt sich viel sicherer“, sagt Stentzler. Sie wünsche sich, dass die Schutzstreifen bleiben.

Der Test hat nicht alle Stormarner überzeugt

Aber nicht alle Stormarner würden sich darüber freuen, wenn die Schutzfahrstreifen bleiben. Die Bürgermeisterin der Gemeinde Steinburg, Heidi Hack, hat eine andere Sichtweise. Sie sagt: „Die Bürger hier sind nicht besonders begeistert.“

Warum? Direkt neben der Strecke verläuft ein Radwanderweg. „Wieso sollten die Radfahrer dann die Straße nutzen“, fragt sich die Bürgermeisterin. Sie und viele andere Bewohner von Steinburg hoffen, dass die Schutzstreifen für Radfahrer verschwinden und der gewohnte Mittelstreifen aufgemalt wird.

Aber selbst wenn die Politiker in Berlin für den neuen Straßentyp stimmen, heißt es noch nicht, dass die Schutzstreifen in Stormarn bleiben. Lukas Kilian (CDU), Vorsitzender des Verkehrsausschusses im Kreis, sagt: „Selbst wenn es eine Änderung in der Straßenverkehrsordnung geben sollte, müssen wir im Kreistag noch einmal darüber abstimmen, ob wir die Schutzstreifen behalten wollen oder nicht.“