Ahrensburg. Manuela von Werder unterrichtet an der Stormarnschule Astronomie. Jetzt war sie mit einem Flugzeug der NASA unterwegs.

Für Manuela von Werder ist ein Traum wahr geworden. Die Physiklehrerin der Ahrensburger Stormarnschule durfte in Kalifornien an Board eines NASA-Flugzeuges gehen und in 14 Kilometer Höhe das Weltall erforschen. Dabei beobachtete sie junge Sterne und den Orionnebel mit einem speziellen Teleskop, genannt SOFIA. Das steht für „Stratosphären-Observatorium für Infrarot-Astronomie“ und ist eine alte Boeing 747, die zu einer Beobachtungsstation umgebaut wurde.

„Toll war, dass wir uns frei an Board bewegen und allen Beteiligten Löcher in den Bauch fragen konnten“, sagt von Werder, die an ihrer Schule Physik, Mathe und Astronomie unterrichtet. Bei zwei Nachtflügen, jeder zehn Stunden lang, schaute sie mit drei weiteren deutschen Astronomie-Lehrern den Wissenschaftlern, Technikern und Piloten über die Schulter. Für die Lehrer gab es an Board eine eigene Konsole. Auf vier Monitoren konnten sie mitverfolgen, wie das Teleskop gesteuert wird, wie die Wissenschaftler die Daten aufnehmen und wie hoch das Flugzeug gerade fliegt. „Besonders spannend war, dass wir den Pilotenfunk mithören konnten“, sagt Manuela von Werder. „Weil das Flugzeug kreuz und quer über die USA fliegt, müssen die Piloten oft den Kurs korrigieren und mit der Flugsicherung in Verbindung bleiben.“

Kein mulmiges Gefühl an Board

Vor dem Start gab es Sicherheits-Einweisungen. „Jeder ist im Notfall für sich selbst verantwortlich“, sagt von Werder. „Ich weiß jetzt, wie man die Notausgänge öffnet, die Rutschen aktiviert und benutzt, wie man sich aus dem Cockpit durch eine Luke abseilt.“ Außerdem musste jeder Kleidung und Verpflegung für 24 Stunden mitnehmen – für den Fall, dass es zu einer Notlandung kommt. Sauerstoffmasken trug jeder am Gürtel mit sich herum. Mulmig sei ihr dennoch nicht gewesen.

„Der Enthusiasmus der Wissenschafts-Community war fantastisch. Wir konnten alles mithören und waren immer informiert“, erzählt die Lehrerin begeistert. Spannend fand sie, als die Teleskop-Software abstürzte oder Messwerte eintrafen, die keiner deuten konnte. „Dann fangen alle an zu diskutieren, wie man schnellstmöglich das Problem lösen kann.“ Verständlich – denn ein einziger Flug mit SOFIA kostet mehrere Hunderttausend Euro.

Karl Jakobs (l.) erklärt den vier deutschen Lehrern (v.l.n.r.) Manuela von Werder, Thomas Ulrich, Wolfgang Claas und Klaus-Peter Haupt, wie der Detektor funktioniert
Karl Jakobs (l.) erklärt den vier deutschen Lehrern (v.l.n.r.) Manuela von Werder, Thomas Ulrich, Wolfgang Claas und Klaus-Peter Haupt, wie der Detektor funktioniert © HA | Privat

Die Kosten dafür, dass deutsche Lehrer an Board gehen und Astronomie hautnah erleben dürfen, übernimmt das Deutsche SOFIA-Institut (DSI). Ziel ist, dass Pädagogen ihren Schülern angewandte Astronomie schmackhaft machen. Denn es hat sich gezeigt, dass Schüler Naturwissenschaften gegenüber aufgeschlossen sind, wenn sie früh herangeführt werden.

Das weiß Manuela von Werder aus eigener Erfahrung. „Der Blick in den Sternenhimmel hat mich immer fasziniert“, sagt die Astronomin. Schon als Kind spielte sie lieber mit ihrem Lego-Mondset als mit Puppen. Später besuchte sie die Stormarnschule, blickte oft durchs Teleskop, wurde in ihrer Liebe zu den Sternen und zur Astrophysik bestärkt. Ihr Physiklehrer ermunterte sie, ihrem Traum zu folgen und Physik zu studieren. Nun führt sie sein Erbe an der Stormarnschule fort, betreut die 1986 errichtete Sternwarte, bietet eine Astronomie-AG und den „open sky“ an, bei der alle Schülermal einen Blick durchs Teleskop werfen können.

Offizielle SOFIA-Botschafterin

Das Teleskop an Bord der Boeing ist ein paar Nummern größer als das der Stormarnschule: 17 Tonnen schwer, mit einem Hauptspiegel von 2,70 Meter Durchmesser. Es ist so konstruiert, dass es nicht wackelt, selbst wenn das Flugzeug in leichte Turbulenzen gerät. Das Teleskop bleibt auf einen weit entfernten Punkt stabil ausgerichtet.

Die blaue, steife Jacke, die Manuela von Werder von der NASA bekam, trägt sie mit Stolz. Sie zeichnet sie als offizielle „SOFIA-Botschafterin“ aus. „NASA klingt immer so abstrakt, meine Jacke und Erzählungen machten das für die Schüler begreifbarer“, sagt die Astronomin. Das NASA-Gelände beschreibt sie als „großen amerikanischen Stützpunkt“, auf dem sie sich nicht allein hätte bewegen dürfen. Bevor es in die Luft ging, konnte sie SOFIA im Hangar erkunden. „Ich habe das Flugzeug schon zerlegt gesehen, als es in Hamburg gewartet wurde. Aber zusammengebaut war es noch beeindruckender.“

Erfahrungen sollen im Schulalltag umgesetzt werden

Am besten haben ihr die Gespräche mit den Physikern, die den Detektor für die Auswerte-Elektronik betreuen, gefallen. „Sie haben Detektoren in Chile, am Südpol und in Asien aufgebaut und gewartet. Mich hat beeindruckt, wie man als Physiker die Welt bereisen kann“, sagt von Werder. Dennoch bereut sie es nicht, Lehrerin geworden zu sein. „Ich liebe meinen Job, denn hier kann ich Jugendliche an Astronomie heranführen.“

So arbeiten Infrarot-Teleskope

Infrarot-Teleskope sind deshalb sinnvoll, da optische Teleskope manches verschleiern. So kann man zwar manche Sterne und Nebelwolken erkennen, aber nicht, was hinter den Nebelwolken ist.

Hier hilft Infrarot. Denn Sterne strahlen Wärme ab, die man auch durch den Nebel hindurch messen kann. So werden optisch verborgene Sterne sichtbar. Dazu muss man hoch hinaus, über den Wasserstoff in der Troposphäre.

Bei den SOFIA-Flügen beobachteten die Wissenschaftler hauptsächlich Sternentstehungsgebiete. Ziel ist es, Planeten und eine zweite Erde zu finden.

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Wenn sie von ihren Erlebnissen erzählt, die Funktionsweise des Teleskops erklärt oder von den Sternen spricht, bekommen ihre Augen ein kleines Funkeln. Ihre Begeisterung steckt an. Ideen, wie sie ihre Erfahrungen im Schulalltag umsetzen kann, hat sie auch schon. „Wir haben ein SOFIA-Projekt, bei dem man auf Flugzeugbau und Aerodynamik eingehen kann.“ In der Oberstufe könne man den Detektor unter die Lupe nehmen – wie er aufgebaut ist und wie man das wenige Licht, das ankommt, im elektronischen Bereich messbar machen kann. „Im Astrophysik-Kursus können die Schüler fragen, warum es interessant ist, in Sternentstehungsgebiete hineinzuschauen“, sagt von Werder. Die Antwort auf letztere Frage liefert sie gleich mit: „Ziel ist die Suche nach einer zweiten Erde.“

Ihre Haupterkenntnis der Forschungsreise liegt aber nicht im astronomischen, sondern im menschlichen Bereich: „Wir waren ein bunt zusammengewürfelter Haufen von 35 Menschen aus vielen Nationen. Es war faszinierend, wie alle effizient, effektiv und harmonisch zusammengearbeitet haben.“ Sie würde am liebsten sofort noch mal in die Troposphäre abheben – darf sie aber nicht. Es war eine einmalige Chance, nun sind andere Lehrer dran. Dafür plant sie jetzt einen Parabelflug, bei dem man kurze Zeit schwerelos ist.