Bad Oldesloe. Hamburg, Schleswig-Holstein und die Bahn einigen sich auf ein Millionenprojekt, das den Besonderheiten des Areals Rechnung trägt.
Es scheint eine für alle Seiten zufriedenstellende Lösung zu sein: Die Straße Brauner Hirsch im Stellmoor-Ahrensburger Tunneltal in Ahrensburg bekommt eine weittragende Brücke, die sowohl die künftige S4-Trasse als auch Teile des Naturschutzgebietes überspannen soll. Damit folgt die Deutsche Bahn sowohl den Wünschen der Verwaltung der Schlossstadt als auch denen von Umwelt- und Denkmalschützern.
In den ersten Planungen war, wie berichtet, eine Straßenbrücke mit Erddämmen vorgesehen. Das hätte jedoch große Teile des archäologisch wertvollen Tunneltals nachhaltig verändert. Auf die umweltschonende aber teurere Lösung verständigte sich ein Lenkungsgremium bestehend aus Vertretern der Freien und Hansestadt Hamburg, dem Land Schleswig-Holstein und der Deutschen Bahn. „Wir hatten hier mit Blick auf Umwelt- und Denkmalschutzbelange eine knifflige Situation. Dass jetzt die Entscheidung feststeht, ist ein großer Fortschritt“, sagt Bettina Gnielinski von der DB Netz AG. Die Projektleiterin hält die Querung in Form einer weittragenden Brücke für eine gute und praktikable Lösung, die der archäologischen Bedeutung des Tunneltals Rechnung trage. „Der ungefähre Rahmen steht fest, jetzt geht es an die Details. Die Planer fangen bei Null an, konkrete Varianten gibt es noch nicht“, so Bettina Gnielinski. Der Forderung der Denkmalschützer, den archäologisch wertvollen Bereich nicht dauerhaft zu überbauen, standen Naturschutzbelange wie der Erhalt der Torfbodenschichten gegenüber. Grabungen zur Bergung der Artefakte sind im Naturschutzgebiet nicht möglich, ebenso wie eine andere Trassenführung. Diesen Konflikt galt es planerisch zu lösen.
Bahnquerung vermutlich monatelang für Autoverkehr gesperrt
Bei der neuen Brückenlösung werden – im Unterschied zur Aufschüttung eines Erddammes und dem Bau einer kürzeren Straßenbrücke – die sensiblen Bereiche im Gebiet weitgehend überspannt. Das kostet ersten Schätzungen zufolge acht Millionen Euro mehr. Die Ahrensburger Stadtverwaltung zeigte sich erfreut über die Entscheidung der Lenkungsgruppe. „Anfangs haben sich die Entscheidungsträger schwer getan“, sagt Uwe Kewersun vom Bauamt. „Die neue Brückenlösung begrüßen wir sehr und werden schauen, wie die konkreten Planungen aussehen werden.“ Während der Bauarbeiten, vermutet Kewersun, muss die Bahnquerung für Monate für den Autoverkehr gesperrt werden. Die Brücke würde an der Stelle gebaut, an der sich jetzt Straße und Bahnübergang befinden.
Die Brücke kommt mit der S 4 ab 2025
Die weittragende Brücke deckt sich auch mit den Wünschen der Lokalpolitik, die sich einhellig gegen die bislang von der Bahn favorisierte Dammlösung ausgesprochen hatte. Ausschlaggebend für die Entscheidung der Lenkungsgruppe war vor allem das Ergebnis der archäologischen Voruntersuchungen. Ein Team aus Archäologen hatte 2015 mittels einer Umweltverträglichkeitsstudie stichprobenartig das Gebiet entlang der Bahntrasse untersucht. Bei Ausgrabungen entdeckten die Experten Tausende Artefakte, die steinzeitliche Rentierjäger vor 14.000 bis 15.000 Jahren im Tunneltal hinterließen. Die Grabungen förderten sensationelle Funde zutage. Darunter neben Rentierknochen auch Sperrspitzen, Pfeile und Spuren von Lagerstellen. Ein Hinweis darauf, dass sich die Nomadenstämme auch länger in der Region aufgehalten haben, was die Entdeckung menschlicher Überreste aus der Zeit zumindest erhöhen würde.
Entdeckung eines Skeletts im Tunneltal wäre eine Sensation
Archäologin Mirjam Briel äußerte sich während der Voruntersuchung klar zu der historischen Bedeutsamkeit des Gebietes und wie wichtig die Möglichkeit weiterer Untersuchungen ist. So sei es unwahrscheinlich, bei einer eher oberflächlichen Grabung auf menschliche Überreste von Steinzeitjägern zu stoßen, „bei einer Hauptuntersuchung könnten wir den Boden weitläufiger begutachten.“ Die Entdeckung eines menschlichen Skeletts aus der Zeit wäre eine Weltsensation. Die Wahrscheinlichkeit lasse sich aber schwer einschätzen, sagt Mirjam Briel. Aber: „Es wäre immerhin möglich. Und wo, wenn nicht im Ahrensburger Tunneltal?“
Die Pläne für eine weittragende Brücke sollen das Gebiet schützen. Weitere archäologische Untersuchungen wären auch nach dem Bauprojekt zumindest technisch möglich.