Ahrensburg. Doch keine wöchentliche Leerung von April bis Oktober. Entsorger sucht vergeblich nach Fahrern. Entgelt für braune Tonnen sinkt stark.

Der Plan, die Biotonnen in Stormarn in der warmen Jahreszeit wöchentlich statt 14-täglich zu leeren, geht nicht auf. Die Kreistagsabgeordneten müssen ihren Beschluss zur Sommer-Biotonne für April bis Oktober 2017 rückgängig machen. Der Grund liegt außerhalb ihres Einflussbereichs: Es gibt rund um Hamburg nicht genug Müllwagenfahrer.

„Wir hätten den Auftrag liebend gern übernommen“, sagt Jürgen Grabau, Geschäftsführer der für die Abfuhr zuständigen Firma GEG Grabau Entsorgung. „Aber der Arbeitsmarkt ist wie leergefegt.“ Bis zuletzt habe er alles versucht, mehr als ein Dutzend Lkw-Fahrer mit der nötigen Zusatzlizenz zu finden – vergeblich. „Das Projekt ist zumindest für 2017 nicht mehr relevant“, sagt auch Olaf Stötefalke, Sprecher der Abfallwirtschaft Südholstein (AWSH), die den Auftrag vergeben wollte.

Restmüll kostet nächstes Jahr das 14-fache von Biomüll

Der Umweltausschuss hat die Entscheidung bereits rückgängig gemacht, der Beschluss des Kreistags bei seiner Dezembersitzung ist nur Formsache. Dann geht es auch um die erneute Senkung der Müllentgelte. Die rund 64.000 Kunden in Stormarn zahlen nächstes Jahr für Restmüll etwas weniger (minus 2,1 Prozent) und für Bioabfall viel weniger (minus 41 Prozent). Da die Preise im Bundesvergleich ohnehin schon zu den niedrigsten zählen, macht das für eine Familie nur um die fünf Euro aus.

Berufskraftfahrer sind kaum zu finden

Müllwagenfahrer sind deutschlandweit gesucht. „Es fehlt der Nachwuchs“, sagt Jürgen Grabau, Geschäftsführer bei GEG Grabau Entsorgung in Geesthacht. Das Unternehmen leert die Tonnen im Kreis Stormarn.

Hohe Kosten schrecken etliche Interessenten ab. Sie benötigen den Lkw-Führerschein für rund 2000 Euro. Wer nicht nur privat unterwegs ist, braucht seit Ende 2009 die Berufskraftfahrer-Qualifikation.

Der vierwöchige Lehrgang bei der Industrie- und Handelskammer kostet rund 2500 Euro. Die Weiterbildung ist alle fünf Jahre zu wiederholen. Früher habe auch die Bundeswehr für mehr Lkw-Fahrer gesorgt.

Die Firmen müssen auf eigene Mitarbeiter setzen. Grabau: „Wir haben momentan drei Leute zum Lehrgang geschickt.“kx

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„Wenn wir schon den Abholrhythmus nicht ändern können, wollen wir beim Biomüll mehr Volumen zum gleichen Preis zur Verfügung stellen“, sagt Olaf Stötefalke. Schon die jüngste Preissenkung habe Erfolge gezeigt. In diesem Jahr rechnet die AWSH mit 41.000 bis 42.000 Tonnen Biomüll, deutlich mehr als die rund 37.000 Tonnen im Vorjahr. Der organische Abfall bringt Geld in die Kasse, denn die Vergärungsanlage in Trittau erzeugt mit dem Biogas Strom und Heizungswärme.

Die Zahl der Haushalte mit Biotonnen ist binnen eines Jahres ebenfalls deutlich gestiegen, von rund 49.000 auf bald 55.000. Der Biomüllanteil im Restmüll ist nach AWSH-Kontrollen von mehr als 40 auf 30 bis 35 Prozent zurückgegangen. „Das ist aber immer noch deutlich zu viel“, sagt Stötefalke.

Um einen Anreiz zu besserer Trennung zu schaffen, kostet die braune 80-Liter-Tonne künftig genauso wenig wie momentan die 40-Liter-Tonne: 4,56 Euro im Jahr (jetzt 7,80). Für die 120-Liter-Größe sind 6,48 fällig (aktuell 10,92), für 240 Liter genau zwölf Euro (20,40). 80 Liter sind künftig auch die kleinste Größe. Die 40- und 60-Liter-Tonnen werden nach und nach aus dem Verkehr gezogen und nicht mehr neu angeboten. Restmüll wird im Verhältnis noch einmal deutlich teurer, kostet nächstes Jahr rund das 14-fache.

Die nun doch gescheiterte wöchentliche Biotonnenabfuhr in der Vegetationsperiode von April bis Oktober war vor allem an Grundstücksbesitzern ausgerichtet worden. Zugleich sollte das Gestank- und Ungezieferproblem gelöst werden, das in heißen Sommerwochen immer wieder auftritt. So gibt es in Hitzephasen regelmäßig Beschwerden über Madenbefall. Für die Kunden sollte der zusätzliche Service nicht teurer werden. „Das war eine wichtige Vorgabe“, sagte Klaudia Rahmann (Grüne), die Vorsitzende des Umweltausschusses, im Juni. Der Sommer-Rhythmus sei bürgerfreundlich und ökologisch sinnvoll.

„Jetzt geht es um die Suche nach Alternativen, die sich mit möglichst geringem Aufwand umsetzen lassen“, sagt Umweltausschussmitglied Claudia Rathje (CDU) aus Ahrensburg. Denkbar sei zum Beispiel ein Couponsystem, mit dem Bürger ihre Gartenabfälle kostenlos in den Recyclinghöfen anliefern könnten. Das sei aber auch eine Frage der Kapazitäten.

„Eventuell könnten wie in anderen Gegenden Deutschlands im Sommer auch Biotonnen-Waschwagen eingesetzt werden“, so Rathje. Diese Idee unterstützt auch Heinz Hartmann (SPD). Ohnehin sind sich alle Fraktionen einig, die Mülltrennung weiter voranzutreiben – damit die Entgelte in Stormarn weiter zu den niedrigsten bundesweit zählen.

Etwa jeder siebten Haushalt in Stormarn hat einen Befreiungsantrag von der Biotonne gestellt und gibt an, sämtliche Garten- und Küchenabfälle selbst zu kompostieren. Kontrollen ergaben, dass in den Restmülltonnen der Eigenkompostierer pro Bewohner und Jahr noch einmal rund 20 Kilogramm mehr organische Abfälle sind als bei Biotonnennutzern.

Die neuen Preise für Restmüll (jeweils zweiwöchentliche Abfuhr): 60 Liter 64,68 Euro im Jahr (noch 66,12), 80 Liter 86,28 Euro (88,08), 120 Liter 129,48 Euro (132,12)