Bad Oldesloe. Großfeuer, Bombenfund, Wirbelsturm: Stormarn prüft standortgenaue Warnung der Bürger per Smartphone. Sekundenschnelle Warnung.
Großfeuer im Glinder Gewerbegebiet, Massenkarambolage auf der Autobahn bei Ahrensburg, Bombenfund in Bad Oldesloe: Der Kreis Stormarn will seine Bürger bei Großeinsätzen und Katastrophen künftig besser schützen. Jeder Smartphone-Besitzer soll per App sekundenschnell gewarnt werden.
Einen Antrag der Stormarner SPD zum Start eines elektronischen Katastrophen-Warnsystems hat der Finanzausschuss des Kreistags jetzt einstimmig angenommen. „Damit können alle Menschen, die sich in dem betreffenden Gebiet aufhalten, sofort informiert werden“, sagt René Wendland (SPD), Vorsitzender des Finanzausschusses.
Amoklauf in München: KatWarn genutzt
Der Reinbeker arbeitet in der Hamburger Innenbehörde, die bereits seit Jahren die App KatWarn einsetzt – so auch beim Schiffsbrand im Hafen vor zwei Monaten. „Da wurden die Anwohner aufgefordert, Fenster und Türen geschlossen zu halten“, sagt Wendland.
Auch beim Amoklauf am Münchner Olympia-Einkaufszentrum im Juli nutzten die Behörden KatWarn: Allen Menschen in der Nähe wurde geraten, die Wohnungen nicht zu verlassen. „Ein solches System bietet Informationen, die lebenswichtig sein können“, sagt Wendland.
Technische Einrichtung kostet 15.000 Euro
Noch gibt es in Stormarn lediglich den Sirenenalarm: Ein einminütiger Dauerton fordert die Bürger auf, ihre Radios einzuschalten und auf Durchsagen zu achten. Bei einem Probealarm Ende September ging das allerdings gründlich schief: In Reinbek blieben die Sirenen stumm, in anderen Orten wie Glinde ertönte das falsche Signal.
Die Finanzpolitiker des Kreises beschlossen, im nächsten Jahr 15.000 Euro für die technische Einrichtung des Systems in der 112-Einsatzleitstelle bereitzustellen. Für den jährlichen Betrieb wird mit weiteren 3000 Euro kalkuliert. Vor einer Entscheidung soll die Kreisverwaltung Alternativen prüfen. Eine ist Nina, die „Notfall-Informations- und Nachrichten-App“. Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) hat jedem Land die Nina-Basisausstattung geliefert – so auch Schleswig-Holstein. Das Innenministerium prüft jetzt, inwieweit regionale Behörden eingebunden werden können.
Die Bürger müssen für die Apps nichts bezahlen
Gespräche mit den Stormarner Nachbarkreisen Ostholstein und Herzogtum Lauenburg sollen zeigen, ob sie ebenfalls mitmachen. Die 112-Notrufzentrale in Bad Oldesloe koordiniert nämlich alle Einsätze in den drei Kreisen mit zusammen rund 625.000 Einwohnern. „Eine Kooperation hätte den Vorteil, dass wir zum einen ein größeres Gebiet abdecken und zum anderen die Kosten teilen könnten“, sagt René Wendland.
Die beiden Apps Katwarn und Nina sind sowohl für Android-Handys als auch für iPhones herunterzuladen. Für die Bürger sind sie kostenlos. Gefahrenmeldungen können für vorher ausgewählte Regionen und auch für den aktuellen Aufenthaltsort empfangen werden, da das System erkennt, welche Handys in den Funkzellen des jeweilige Areals eingeloggt sind.
Push-Benachrichtigungen als Weckeffekt
Der Service beschränkt sich nicht auf Unglücke. So werden auch Meldungen des Deutschen Wetterdienstes über drohende Unwetter oder Blitzeis weitergegeben. Und auch wenn einmal die Schule wegen Schnee und Eis auf den Straßen ausfallen sollte, ertönt ein schriller Alarm auf dem Smartphone oder Tablet. Über sogenannte Push-Benachrichtigungen ist ein Weckeffekt möglich.
Für den Kreis Stormarn hatten die Warn-Apps bisher keine Priorität. „Es gibt in der Leitstelle genug andere Baustellen“, sagt Landrat Henning Görtz. So gab es mehrere Führungswechsel in der Notrufzentrale und immer wieder technische Probleme. Grundsätzlich ist der Sinn der Warn-Apps allerdings unumstritten. „Wenn es gewünscht wird, werden wir die Umsetzung zügig angehen“, sagt Görtz.
Im August hatten rund 1,7 Millionen Menschen die Katwarn-App heruntergeladen. Nina hatten etwa 700.000 Nutzer auf ihrem Handy. Da sich immer mehr Städte und Kreise anschließen, steigen die Zahlen deutlich.