Ahrensburg. Stadt erwägt 952 Wohneinheiten. Flächenplanung beunruhigt Anwohner im Waldgut Hagen, der Siedlung Am Hagen sowie in Ahrensfelde.

Der Ahrensburger Flächennutzungsplan ist nicht gerade eine einladende Lektüre, doch lohnt es sich für alle Bürger, Einblicke in das umfangreiche Werk zu nehmen, in dem nachzulesen ist, wie sich ihre Stadt in den kommenden 15 bis 20 Jahren entwickeln könnte. Wer beispielsweise wissen will, ob in seiner Wohnumgebung weitere Bebauung geplant ist, sollte sich ab und zu die punktuelle Planung anschauen, am einfachsten über die leicht zugängliche Online-Version auf der städtischen Homepage. Das ermöglicht frühzeitige Kenntnis potenzieller Planungen und die Möglichkeit der Mitsprache bei Projekten, die auf Anwohner erfahrungsgemäß höchst beunruhigend wirken.

Die Anwohner des Spechtwegs im Waldgut Hagen sind kürzlich über einen Umweg auf etwas Interessantes aufmerksam geworden, was im Vorentwurf für den überfälligen neuen Flächennutzungsplan steht, der wahrscheinlich 2017 verabschiedet wird und den überfälligen alten aus dem Jahr 1974 ersetzen soll. Was die Anwohner dort lasen, macht nicht nur sie nervös, sondern auch andere Bürger im Ahrensburger Süden, denn plötzlich verbreitete sich im Quartier die Information, dass die Stadt dort Potenzial für den Bau von insgesamt 952 Wohneinheiten sieht.

Der Reihe nach. Der Spechtweg ist eine eher unbedeutende Straße, hat jedoch eine fragwürdige Bekanntheit dadurch erlangt, dass die Fahrbahn in einem so schlechten Zustand ist, dass ihre Sanierung höchste Priorität selbst in einer Stadt hat, in der oft über den Sanierungsstau im Straßennetz geklagt wird. Deshalb war es zunächst eine gute Nachricht, dass der Spechtweg laut Haushaltsentwurf 2017 im kommenden Jahr erneuert werden soll. Strittig ist jedoch die Verteilung der Kosten. Die Anwohner befürchten, bis zu 90 Prozent von etwa 800.000 Euro tragen zu müssen (wir berichteten).

Die Sache wird noch dadurch verschärft, dass der Spechtweg nur einseitig bebaut ist und die Kosten von wenig mehr als 30 Anwohnern getragen werden müssten. Diese waren zusätzlich irritiert, als sie sich bei ihrer Recherche der Tatsache bewusst wurden, dass im Flächennutzungsplanvorentwurf die südliche Straßenseite, wo hinter einem Knick ein freies Feld liegt, als Potenzialfläche für den Bau von 425 Wohneinheiten auf 8,5 Hektar gesehen wird.

Im aktuellen Vorentwurf des Flächennutzungsplans ist von einer „Potenzialfläche in städtischem Zugriff und hoher Umsetzungswahrscheinlichkeit“ sowie einem „Umsetzungshorizont“ von fünf Jahren die Rede. Eine Planung, die Fragen aufgeworfen hat – und auch in der Nachbarschaft für große Unruhe sorgt. Denn im aktuellen Vorentwurf werden auch Potenzialflächen an den ebenfalls einseitig bebauten Straßen Starweg (325 Wohneinheiten) und Vogelsang (50 Wohneinheiten) im Waldgut Hagen, Ginsterweg in der Siedlung Am Hagen (125 Wohneinheiten, Umsetzungshorizont zwei Jahre) sowie Up’n Barg in Ahrensfelde (27 Wohneinheiten) aufgelistet.

Insgesamt ergibt das ein Potenzial an Fläche für den Bau von 952 Wohneinheiten. Besonders irritierend daran erscheint, dass in den Flächennutzungsvorentwürfen vor der aktuellen Fassung vom 10. Juni dieses Jahres nur von 514 möglichen Wohneinheiten die Rede war und das 1,8 Hektar-Stück in Ahrensfelde noch nicht in dieser Planung enthalten war – offenbar eine planerische Verdichtung, weil im Laufe des politischen Entscheidungsprozesses andere Planungsflächen aufgegeben wurden.

Kein Anlass, sich Sorgen zu machen, findet Stadtplanerin Andrea Becker. „Die Flächen, um die es hier geht, sind bereits, wenn auch nicht in diesem Umfang, im noch gültigen Flächennutzungsplan als Bauerwartungsland ausgewiesen – und dieser Plan ist 42 Jahre alt.“ Es sei nicht verbindlich, ob Planungen realisiert würden: „Es könnte auch bei den neuen Potenzialflächen so sein, dass sie in 30 Jahren noch Ackerland sind.“ Im Übrigen wisse sie von keinem Eigentümer der Flächen, dass er verkaufen wolle oder ein Bebauungsplanverfahren anstrebe. „Es geht schlicht um eine strategische planerische Verfügbarkeit, die angesichts des Ahrensburger Wachstums im Flächennutzungsplan ausgewiesen werden muss“, sagt Beckers Kollegin Katharina Freimuth.

Dennoch bleibt die Frage, ob Ahrensburg nicht auch verkehrspolitisch auf ein Maximalszenario vorbereitet sein sollte. Die Stadtverordneten haben sich aber gegen eine Umfahrung entschieden, die den Verkehr im Süden besser abfließen ließe. Diese Umgehung wurde im vergangenen Jahr aus dem Flächennutzungsplan gestrichen.