Barsbüttel. In der Serie „Bank-Geheimnisse“ treffen wir Stormarner auf ihrer Lieblingsbank. Heute: Karin und Rainer Eickenrodt.
Kurs halten ist angesagt – immer im Sommer auf der Ostsee, wenn Rainer und Karin Eickenrodt mit ihrem elf Meter langen Segelschiff „Thetis“ Richtung Dänemark unterwegs sind. Dann haben der 72 Jahre alte Rentner als Kapitän und seine Ehefrau (57) leichtes Spiel, können selbst entscheiden, welche Route sie wählen. In ihrer Heimat sieht das anders aus. Auch dort stehen sie auf der Kommandobrücke – bei der Wählergemeinschaft Bürger für Barsbüttel (BfB). Er als Fraktionsvorsitzender, sie als stellvertretende Vorsitzende – ein Paar, das auch in der Politik gemeinsame Sache macht. Doch ihre Vorhaben können sie auf jenem Parkett nicht so reibungslos umsetzen wie auf See, sind dabei auf andere Parteien angewiesen. Die Schnittmengen sind gerade überschaubar. „Im Vergleich ist die Politik natürlich anstrengender“, sagen die Eickenrodts, die beide in der Gemeindevertretung sitzen, unisono. Den Elan haben sie nach mehr als 20 Jahren in der Organisation trotzdem nicht verloren.
Mit der Politik hatten die beiden in jungen Jahren wenig am Hut gehabt. Es habe die Zeit gefehlt, so Rainer Eickenrodt. Genauso wie es vielen auch heutzutage ergeht, die eine Familie gründen, im Beruf flexibel sein müssen und Karriere machen wollen. Eickenrodt war früher EDV-Leiter bei einer großen Versicherung, seine Frau bei einem Versicherungsmakler beschäftigt. 1991 zieht die gebürtige Bielefelderin zu ihrem Freund, der aus erster Ehe zwei Kinder hat, nach Barsbüttel.
Lieblingsbank steht gegenüber dem Eigenheim
Sie heiraten – und treffen auf den inzwischen verstorbenen BfB-Gründervater Walter Beyer, der den Ort abklappert und um Mitstreiter wirbt. Im September 1993 ist die Gründungsversammlung. Die Eickenrodts sind dabei. „ Triebfeder war, etwas ausschließlich für den Ort machen zu wollen“, sagt der heutige Finanzausschussvorsitzende. Während seine Frau erst zwei Jahre später Mitglied wird und die Gründungsveranstaltung frühzeitig verlässt, kommt ihr Mann um Mitternacht nach Hause und köpft eine Flasche Piccolo: auf die neue Funktion als BfB-Kassenwart.
Karin Eickenrodt kann sich noch ganz genau an jenen Moment erinnern. Sie erzählt detailliert, sitzt dabei neben ihrem Partner auf der Lieblingsbank des Paares in Barsbüttel. Die steht gegenüber dem Eigenheim und ist eine öffentliche. Die Politikerin: „Die Bank wird vor allem von älteren Menschen genutzt und war früher in einem schlechten Zustand.“ Inzwischen legen die Eickenrodts dort selbst Hand an, einmal pro Jahr wird geschmirgelt sowie gestrichen. Auch ein Dienst für die Allgemeinheit.
In Sachen Politik diskutiert das Ehepaar auch kontrovers
Eine Gemeinschaft funktioniere nur, wenn man nicht nur nehme, sondern auch gebe, sagt Rainer Eickenrodt. Dieses Motto leben die beiden. Jetzt liegt ihr Schwerpunkt auf dem Geben. Seit 2007 ist Karin Eickenrodt auch für die Tafel aktiv, bei der BfB bestückt sie mit zwei Mitstreitern die Homepage und führt das Sekretariat.
Ihre Wählergemeinschaft beschreiben sie als „private Gemeinschaft“, die offen für neue Gesichter sei. Man pflege Freundschaften und gehe zusammen ins Theater. Zu Hause diskutieren die beiden auch kontrovers über Themen. „Wir haben natürlich auch einmal politisch unterschiedliche Meinungen, allerdings nur wenige“, sagt Karin Eickenrodt.
„Die Kommune gibt zu viel Geld aus“
In Sachen Gemeindefinanzen ist sich das Paar jedoch einig. Die Eickenrodts sind der Meinung, dass die Kommune zu viel Geld ausgibt, ohne einen Plan zu haben, die Schulden zu tilgen. Deshalb lehnte die Wählergemeinschaft auch den Nachtragshaushalt ab. Durch Investitionen in zahlreiche Projekte wird sich der Schuldenberg der Gemeinde von 5,1 Millionen Euro Anfang dieses Jahres bis auf voraussichtlich mehr als 14 Millionen Euro in 2019 erhöhen.
Dass in Schulen und Kitas investiert wird, ist für die BfB selbstverständlich. Die Sanierung der Sportanlage am Soltausredder und den Bau eines Dorfgemeinschaftshauses im Ortsteil Willinghusen hält die Wählergemeinschaft zwar für wünschenswert, aber nicht für solide finanzierbar. CDU und SPD sehen das anders. „Es muss nicht immer eine Mehrheit der Vernunft sein, das sehen wir gerade“, sagt Rainer Eickenrodt.
Rainer Eickenrodt wuchs in bescheidenen Verhältnissen auf
Dem 72-Jährigen eilt der Ruf eines Sparfuchses voraus. Laut seiner Frau trifft das zu, ein Geizhals sei er jedoch nicht. „Wir dürfen unseren Kindern jedenfalls keine Schuldenberge hinterlassen“, so Rainer Eickenrodt. Man dürfe nur das umsetzen, was sich die Gemeinde auch leisten könne.
Seine Art, wie er mit Geld umgeht, liegt auch in der eigenen Kindheit begründet. Er wuchs in bescheidenen Verhältnissen auf, jeder Pfennig wurde umgedreht. Das Schulgeld fürs Gymnasium hatten die Eltern nicht übrig. Den Betriebs- und Handelsfachwirt machte der gebürtige Celler erst, als er eigenes Geld verdiente. Ein Auto oder Urlaub auf Pump – hat es bei den Eickenrodts nie gegeben. Nur für den Erwerb der Doppelhaushälfte nahmen sie einen Kredit bei der Bank auf. Abgehakt, weil abgezahlt.
Die Wählergemeinschaft ist in Barsbüttel drittstärkste Kraft
Früher waren sie mal den Sozialdemokraten zugeneigt und haben die SPD auch gewählt. Im Laufe der Zeit entwickelten die Eickenrodts aber ihr eigenes politisches Profil. Sie sagen, die BfB sei liberal-konservativ. In Barsbüttel haben Wählergemeinschaft und Sozialdemokraten nur wenig gemein. „Und von der CDU sind wir wegen derer neuer, freizügiger Finanzpolitik derzeit ebenfalls enttäuscht“, ergänzt das Paar. Die Marschrichtung der BfB hat in der Vergangenheit nicht wenige Barsbütteler überzeugt. Bei der Kommunalwahl 2013 erreichte sie immerhin 17,9 Prozent, ist nach CDU und SPD drittstärkste Kraft.
Rainer und Karin Eickenrodt wollen weitermachen, ein Ende in der Politik ist nicht abzusehen. „Auch weil die Arbeit mich geistig fit hält“, sagt der BfB-Fraktionschef. Abschalten ist übrigens nicht nur beim Segeln angesagt. Jedes Jahr besucht das Paar einen Freund im irischen Ballinskelligs. Dort steht auch eine Bank, die von den Eickenrodts noch mehr gemocht wird als jene vor dem Eigenheim – mit Blick auf den Atlantik. Für einen Kapitän ist sie wie maßgeschneidert.