Reinbek. Die geschützten Reinbeker Lehrerhäuser in unmittelbarer Nähe zur Sachsenwaldschule sind beliebte Wohnobjekte. Wie lebt es sich darin?
In Stormarn gibt es etwa 350 Denkmäler. Besonders bekannt sind das Ahrensburger Schloss oder das Herrenhaus von Gut Blumendorf bei Bad Oldesloe. Doch es gibt auch weniger offensichtliche Objekte auf der Liste des schleswig-holsteinischen Landesamtes für Denkmalpflege, wie die Lehrerhäuser in direkter Nachbarschaft zur Sachsenwaldschule in Reinbek: dunkler Backstein, schwere Holztüren und weiße Fenster mit Sprossen, dazu eine Mauer mit eisernem Zaun kennzeichnen die Gebäude, in denen einst nur Lehrer und später städtische Mitarbeiter wohnen durften. Die heutigen Mieter sind allesamt ein illustrer Kreis: Unter ihnen sind der Mitarbeiter eines Hamburger Bürgerschaftsabgeordneten, der ehemalige Kulturchef der Stadt Reinbek und ein Arzt.
Im ersten Haus neben der Sachsenwaldschule wohnt Cornelius Heesch mit Lebensgefährtin Andra Schlütter und den beiden Kindern Leonie Helena (11) und Emilia (7 Wochen) und Kater Michel. Die Familie des Politikwissenschaftlers und Wahlkampfreferenten des ehemaligen Hamburger Bürgermeisterkandidaten Dietrich Wersich ist erst im August in die kürzlich renovierte Wohnung im Erdgeschoss eingezogen.
Familie Schlütter steht total auf Altbau
„Wir stehen als Familie total auf Altbau“ sagt Anna Schlütter. Als das zweite Kind unterwegs war, wollten die Familie mehr Platz und einen Garten. „Wir haben etwas Individuelles und kein KfW-Haus in einem Neubaugebiet gesucht“, so die Berufsmusikerin. Besonders gefalle ihnen der originale Dielenboden. Heesch rückt einen Tisch im Wohnzimmer zur Seite und hebt einen Teppich an, wo ein Stück Diele ersetzt wurde.
„Hier muss mal ein Ofen gestanden haben“, so der Familienvater. Tochter Leonie Helena geht vorerst weiter in Hamburg zur Schule, die Elfjährige sagt: „Mir ist der Altbau etwas unheimlich.“ Der Umzug aus der Stadt mache ihr aber nichts, sie habe ohnehin schon „Stadtranderfahrung“.
Familie Hess hätte das Haus gern gekauft
Obwohl ihr Zuhause nicht im gleichen Maße renoviert ist, fühlen sich Manuela und Thorsten Hess mit Tochter Fine (8) und Kater Leon im benachbarten Haus sehr wohl. Dort wohnen sie bereits seit sieben Jahren. „Wir waren die ersten Mieter, die nichts mit der Stadt zu tun hatten“, so der Narkosearzt. Die Familie hätte das Haus gern zusammen mit ihrem Nachbarn Bernd Kraske im Obergeschoss gekauft. „Die Stadt wollte ihre Immobilien vor drei Jahren jedoch nur im Paket verkaufen“, so der Mediziner.
Die Gebäude gehören seitdem einem privaten Investor, werden sukzessive saniert. Auch Familie Hess ist ausgemachter Altbau-Fan, hat nie in einem Neubau gewohnt. „Leider ist der originale Steinfußboden in der Küche überklebt, eine Wiederherstellung nicht so einfach möglich. Das kostet Tausende“, meint der Arzt. Wenn die Familie das Haus hätte kaufen können, hätte sie das Geld gern investiert.
Aber gibt es auch Nachteile, in einem 1925 erbauten Haus zu wohnen? „Ja“, antwortet Thorsten Hess. „Wir haben pro Raum nur ungefähr eine Steckdose“, außerdem sei die Isolierung nicht sonderlich gut. „Dafür gibt es aber durchdachte Details, wie die Einbauschränke in unserer Küche, die einen Abluftzugang haben.“ Das komme noch aus einer Zeit, als Kühlschränke nicht üblich waren: Vorräte blieben so lange frisch.
Kraske beschreibt Baustil als „Backsteinexpressionismus“
Im Obergeschoss wohnt Bernd Kraske. Der ehemalige Leiter der Kultur- und Veranstaltungseinrichtungen der Stadt lebt seit 23 Jahren in dem Haus. Auch wenn er städtischer Angestellter war, war er zum damaligen Zeitpunkt der Einzige in dem Ensemble, der nicht als Lehrer arbeitete. „Im Haus gegenüber war lange Jahre ein Kindergarten, seit vergangenem Jahr ist es eine Flüchtlingsunterkunft“, so der studierte Germanist. Weitere Häuser an der Straße seien im gleichen Stil, aber erst nach dem Zweiten Weltkrieg erbaut.
Den Baustil von Schule und Lehrerhäusern beschreibt er als „Backsteinexpressionismus“. Sie seien sehr stabil gebaut, jetzt allerdings sanierunsgebdürftig. „Als unsere Toilette verlegt wurde, haben wir in den Hohlräumen Zeitungen aus den 1920er-Jahren gefunden“, sagt der Literaturwissenschaftler. Nach dem Krieg habe in der Fünfzimmerwohnung eine Familie pro Raum gewohnt.
Bewohner hoffen, noch lange im Lehrerhaus zu wohnen
„Wir haben hier unsere drei Töchter großgezogen, da ist es inklusive Freunden und mit nur einem Badezimmer auch schon einmal eng geworden“, rekapituliert er die Zeit. Allerdings gebe es zu den circa 120 Quadratmetern noch jeweils einen großen Stauraum und ein ehemaliges Dienstbotenzimmer auf dem Dachboden. „Sonst wären wir aufgeschmissen gewesen.“ Wie seine Nachbarn hofft auch Bernd Kraske, noch lange in dem Reinbeker Lehrerhaus wohnen zu können: „Der Backstein hält die Wärme auch auf dem Balkon lange“. Ideal, um die gewonnene Zweisamkeit mit Frau Eva-Maria zu genießen. „Für Leben ist trotzdem gesorgt, durch die Schule nebenan.“