Ahrensburg. Stormarns Museen. Eine Serie in der Abendblatt-Regionalausgabe. Heute: das Schloss Ahrensburg. Eine Tour mit Audioguide.

Wie soll ich anfangen? Nüchtern betrachtet wirkt alles irgendwie ein wenig skurril. Ich stehe in der Eingangshalle des. Mit einem Gerät am Ohr, das wie ein Mobiltelefon der 90er Jahre aussieht, wühle ich in einer Kiste mit Kinderschuhen. Etwas später schließe ich die Augen. Versuche, etwas zu riechen oder suche in einem Kronleuchter zwei kleine Engelsfiguren mit Bocksbeinen. Ich höre Stimmen und ich folge ihnen. Zum Beispiel der von Heinrich Carl Schimmelmann, der hier einst Schlossherr war und – wem das noch nicht reicht – auch der eines Corbeille-Sofas, ein bisschen affektiert, mit starkem französischem Akzent.

Angefangen hat das alles mit einem Gespräch mit Tatjana Ceynowa, Museumsleiterin und Geschäftsführerin der . Seit mehr als zehn Jahren kümmert sich Ceynowa um die Belange des Schlosses. Ungefähr genauso lange gibt es hier Audioguides, die durch die Räume führen. Seit 2008 gibt es auch eine Version für Kinder, seit 2010 eine in Englisch. Die Guides seien äußerst beliebt, sagt die Museumsleiterin, nur die für Kinder würden nicht so häufig abgerufen. Warum eigentlich?

Einfache Bedienung: Telefon hat rote und grüne Tasten

Die elektronischen Guides, Telefone, die den Anrufer mit der Geschichte verbinden sollen, liegen gut in der Hand, haben eine rote und eine grüne Taste und ein Tastenfeld mit Ziffern von eins bis neun. Anrufen soll ich damit die Nummer, die auf Informationstafeln in den Räumen ausgewiesen sind. „Erklärt sich von selbst“, sagt eine Museumsmitarbeiterin. Stimmt. Dann beginnt der Rundgang.

Das Klappern von Pferdehufen, eine anfahrende Kutsche, Menschenstimmen. Etwas lauter eine Kinderstimme: „Du kommst ganz schön spät, würd’ ich mal sagen.“ Ganz schön persönliche Ansprache, würde ich mal sagen. „Nein, nein... nicht unpünktlich“, sagt sie, „ich meine, wenn du vor 200 Jahren gekommen wärest.“ Dann? „Hätte ich dir das Schloss gezeigt, als es noch bewohnt war.“

Geist erzählt Geschichte der Familie Schimmelmann

Knapp eine Minute dauert das erste Telefonat mit dem Mädchen, dass sich als Geist von Luise Schimmelmann vorstellt. Sie habe hier vor knapp zwei Jahrhunderten ihre Kindheit verbracht, sagt sie. Historisch verbürgt ist das nicht. Luise hat hier niemals gelebt, sagt Ceynowa, sie ist eine Fiktion zugunsten der kindlichen Perspektive. Ein Geist im Geiste der Pädagogik also. Und im Geiste der Familie Schimmelmann, die hier bis in die 1920er-Jahre gewohnt hat. Der Gang durch das Ahrensburger Schloss erzählt ihre Geschichte – anhand von Portraits und Möbelstücken.

„Jetzt sollten wir auch losgehen“, sagt Luise, „sonst wächst du hier noch fest.“ Vorher soll ich mir aber noch in Schuhe aus der Truhe aussuchen. Gar nicht so einfach bei der Auswahl: Filzpantoffeln in pink oder grün, Narrenschuhe oder welche, die mit einem Tigergersicht verziert sind. Nur meine Größe gibt es nicht. Ich wähle also die grauen Filz-Slipper mit denen der gewöhnliche und erwachsene Hausgast hier durch die Ausstellung schlurft, um die teuren Holzböden zu schonen.

Eine Führung durch alle Räume dauert 60 Minuten

Luise schickt mich ins Speisezimmer, hier soll ich ihren Großvater kennenlernen, den „reichsten Mann von Europa“. „Hallo, hier stehe ich“, sagt der – „der bronzene Kopf mit der großen gebogenen Nase und den akkurat gedrehten Lockenfrisur.“ Es spricht Heinrich Carl von Schimmelmann, der das 1585 erbaute Schloss 1759 gekauft, neu ausgebaut und eingerichtet hat. Der Kaufmann, der einen Großteil seines Geldes mit Sklavenhandel verdient hat, ist heute keineswegs unumstritten. Eine 2006 am Wandsbeker Markt aufgestellte Schimmelmann-Büste wurde wegen anhaltender Proteste bereits zwei Jahre später wieder abgebaut. „Mein Sohn hat sich später dafür geschämt“, sagt er dazu, „aber zu meiner Zeit – wie soll ich sagen – nun, da machten es viele so.“

Vom Speisezimmer geht es über das Schreibzimmer in den Gartensaal. „Bonjour, Bonjour“, ächzt dort eine tiefe Stimme mit französischem Akzent, „hier bin isch, links in der Ecke.“ Hat man das ausgediente Corbeille-Sofa – „Corbeille, das ist französisch und heißt Korb“ – entdeckt, erklärt die Sitzgelegenheit dem Museumsgast die Sitzordnung der höheren Gesellschaft.

60 Minuten lang dauert die Führung durch alle Räume des Schlosses. Immer wieder muss man suchen, wer da spricht, unterstützen Geräusche die Atmosphäre, sorgt die direkte Ansprache für eine ganz besondere Unmittelbarkeit. So fühlt sich der Audioguide wie ein Live-Hörspiel. Ich höre viele Stimmen und ich folge ihnen gern.