Bad Oldesloe. Sparkasse Holstein soll mit Kommunen in Gesellschaft einsteigen, die Gebäude mit günstigen Mieten erstellt. Bauunternehmer üben Kritik.

Die Gründung einer kommunalen Wohnungsbaugesellschaft durch den Kreis nimmt konkrete Formen an. Sie soll dafür sorgen, dass gerade Menschen, die auf öffentlich geförderte Einheiten angewiesen sind, zum Zuge kommen. Dazu müssen die Kommunen mit ins Boot geholt werden (wir berichteten) – und ein Investor. Die Chancen sind groß, dass es die Sparkasse Holstein sein wird. Das sorgt nicht überall für Begeisterung. Konkurrenten halten von dem Projekt nicht viel, sehen ihre Felle davonschwimmen.

Die Sparkasse

2006 ist die Sparkasse Holstein aus der Fusion der Sparkassen Stormarn und Ostholstein entstanden. Sie unterliegt dem Regionalprinzip, kann also nur in einer bestimmten Region tätig werden.

Das Kreditinstitut hat 1060 Mitarbeiter und 39 Filialen mit Kundenbetreuung. Aktiv ist die Sparkasse auch in Hamburg und Norderstedt (Kreis Segeberg).

Sie engagiert sich über ihre Stiftungen in den Bereichen Kunst und Kultur, Sport, Naturschutz und Landschaftspflege, Soziales und Bildung. Vorstandsvorsitzender ist Martin Lüdiger. suk

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„Die Sparkasse Holstein ist erster Ansprechpartner. Es gibt einen engen Draht“, sagt Landrat Henning Görtz. Kommt der Deal zustande, wäre die Sparkassen-Immobiliengesellschaft Holstein (SIG), eine Tochter des Kreditinstituts, Partner. Ihre Aufgabe ist es unter anderem, landwirtschaftlich genutzte Flächen anzukaufen und daraus erschlossene Baugrundstücke zu entwickeln. Doch nicht nur in diesem Bereich mischt sie mit: So erwarb die SIG das ehemalige Klinikgelände an der Manhagener Allee in Ahrensburg, baut dort derzeit 29 Eigentumswohnungen.

Die Gesellschaft benötigt auf Sicht rund 1000 Wohnungen

Die Sparkasse Holstein ist eine sogenannte Anstalt des öffentlichen Rechts mit Sitz in Bad Oldesloe und Eutin. Träger ist der Zweckverband Sparkasse Holstein, dem die Kreise Ostholstein und Stormarn angehören. „In Ostholstein ist die Sparkasse seit Jahrzehnten in einer Wohnungsbaugesellschaft aktiv, hat reichlich Erfahrung auf dem Gebiet“, so Görtz. Die Idee einer Gesellschaftsgründung verfolgt der Kreis seit Mai 2016 intensiver. Denn bis 2030 benötigt Stormarn 15.000 neue Wohnungen. Insbesondere solche, die öffentlich gefördert sind. Die Kommunen haben Probleme, Investoren zu finden, die eine ausreichende Zahl von Sozialwohnungen bauen. Deshalb soll ein Wohnungsbau-Pakt die Not lindern. Angedacht ist, dass die Städte und Gemeinden dafür Grundstücke einbringen. Das Projekt wird aber nur realisiert, wenn möglichst viele mitmachen. Kreispräsident Hans-Werner Harmuth (CDU) nennt als Größenordnung „80 Prozent“.

Reinhard Mendel meint, es zeichne sich ab, „dass die Sparkasse Holstein der passende Partner für dieses Projekt ist“
Reinhard Mendel meint, es zeichne sich ab, „dass die Sparkasse Holstein der passende Partner für dieses Projekt ist“ © Birgit Schücking

Er hatte das Thema zusammen mit Stormarns SPD-Fraktionsvorsitzenden Reinhard Mendel vorangetrieben. Inzwischen hat sich eine interfraktionelle Arbeitsgruppe gebildet mit dem Ziel, ein Geschäftsmodell zu entwickeln. Görtz gehört ihr an. Eines wissen deren Mitglieder bereits: Auf Sicht benötigt die Gesellschaft rund 1000 Wohnungen, damit sie wirtschaftlich bestehen kann. Es muss also viel investiert werden. „Ich hoffe, dass wir Ende des Jahres ein fertiges Konzept haben und dieses in die politischen Gremien bringen“, sagt Mendel gegenüber dem Abendblatt.

Der Arbeitsgruppe hat schon einiges ausgelotet, Gespräche mit der Investitionsbank Schleswig-Holstein, der Baugenossenschaft Neue Lübecker und dem Verband Norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW) geführt. Auch die Volksbank hat sich vorgestellt – und eben die Sparkasse Holstein. Sozialdemokrat Mendel sagt: „Es zeichnet sich ab, dass die Sparkasse der passende Partner ist.“ Für sie spreche, dass die Tochtergesellschaft SIG in Sachen Erschließung erfolgreich am Markt sei.

Auch Semmelhaack betrachtet die Entwicklung mit Sorge

Und was sagt das Kreditinstitut? „Die Sparkasse Holstein steht dem Kreis Stormarn mit Rat und Tat als Partner zur Seite, wenn es darum geht, die Rahmenbedingungen für die erfolgreiche Umsetzung eines solchen Projektes zu erarbeiten“, heißt es in der Antwort auf eine Abendblatt-Anfrage.

„Das ist der falsche Weg“, sagt Marcel Sonntag, Vorstandsvorsitzender der Baugenossenschaft Neue Lübecker
„Das ist der falsche Weg“, sagt Marcel Sonntag, Vorstandsvorsitzender der Baugenossenschaft Neue Lübecker © HA | Neue Lübecker

In der Wohnungsbauwirtschaft wird die Gründung einer Gesellschaft auf Kreisebene jedoch kritisch beäugt. Marcel Sonntag, Vorstandsvorsitzender der Neue Lübecker, sagt: „Das ist der falsche Weg. Stormarn benötigt ein Wohnungsbündnis mit freien Unternehmen und Genossenschaften, ohne eine Gesellschaft zu gründen. Diese ist über Jahre ein Zuschussgeschäft.“ Es herrsche auf dem Markt kein Mangel an Akteuren.
„Man kann das Geld gezielter einsetzen, müsste damit die Qualität und Quantität der Mitarbeiter in den Verwaltungen erhöhen“, sagt Sonntag. Die seien überfordert. Laut dem Vorstandschef benötigt man in Sachen Wohnungsbau schlankere und kostengünstigere Verfahren.

Mit Sorge betrachtet auch das Wohnungsunternehmen Semmelhaack mit Sitz in Elmshorn die Entwicklung. Die Firma ist in der Region vor allem im Stormarner Süden aktiv. Bei Projekten setzt Semmelhaack in der Regel auf einen 30-Prozent-Anteil Sozialwohnungen. Hartmut Thede, Leiter der Projektentwicklung sowie für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit zuständig, sagt: „Wenn das mit der Sparkasse Holstein so umgesetzt wird, schneidet man uns den Zugang zu kommunalen Flächen ab.“ Die Firma sei seit Jahrzehnten Partner der Städte und Gemeinden im Kreis. „Wir kaufen rund 75 Prozent der Flächen, auf denen wir bauen, von ihnen“, so Thede.
Er definiere einen Wohnungsbau-Pakt so, dass Grundstücke auf mehrere Player verteilt würden. Diese Meinung teilt SPD-Fraktionschef Mendel nicht. Er sagt: „Mit vielen Partnern wird es unhandlicher.“