Glinde. Kostenvoranschlag für das Zusammengehen von Sönke-Nissen- und Wiesenfeldschule entfacht wieder Diskussion über den Sinn der Pläne.

16,6 Millionen für die Fusion der beiden Gemeinschaftsschulen – so hatten die Glinder Politiker sich das nicht vorgestellt. Die jetzt vorgestellte Präsentation des Architekturbüros Trapez fasste die Kosten dafür zusammen, was nach Vorstellung der drei betroffenen Schulen alles umzubauen oder zu sanieren wäre, wenn die Gemeinschaftsschule Wiesenfeld und die Sönke-Nissen-Gemeinschaftsschule am Oher Weg zusammenziehen und das Gymnasium dafür nach Wiesenfeld an den Holstenkamp wechselt. Ganz ins Detail ging es dabei noch nicht, das ist jetzt gemeinsame Aufgabe von Politik und Schulen. „Jetzt fängt die eigentliche Arbeit an“, sagte SPD-Fraktionschef Frank Lauterbach.

Voruntersuchungen haben zudem ergeben dass in beiden Schulen Asbest und Mineralwolle verbaut wurden. Derzeit seien die Schadstoffe zwar in gebundener Form, also in Fensterbänken, Bodenbelägen oder den Wänden fest verbaut und somit als ungefährlich einzustufen (siehe rechts). Im Zuge von Bauarbeiten würden aber schädliche Fasern freigesetzt und müssten entsorgt werden, inklusive Erneuerung der betroffenen Bauteile. Die Kosten dafür kämen noch dazu.

Deutliche Kritik kommt von den Grünen

Während die Politiker hoffen, dass die Kosten auf ein realistisches Maß zusammengestrichen werden können, handelt es sich in den Augen der Verwaltung um keine „Wünsch-Dir-was-Liste“. Bürgermeister Rainhard Zug: „Es sind die erforderlichen Kosten aus Sicht der Schulen.“ Alles auf einmal könne sich die Stadt indes nicht leisten und erst ab etwa 2020 würden wieder finanzielle Kapazitäten frei. Ganz anders sah es Jan Schwartz (Grüne), er folgerte: „Wenn die beiden Schulen nicht zusammenfinden wollen, dann baut man ihnen eben einen Palast“, mit dem Ziel die Kosten hochzutreiben, um die Fusion zu verhindern.

Planer Andreas Heecks sagt: „Wir sollten vorstellen was nötig ist, wir haben nichts bewerten sollen.“ In die Überlegungen seien auch seit längerem bestehende Wünsche eingeflossen. Das ist nicht verwunderlich, denn die Stadt schiebt in den Schulen einen Sanierungsstau vor sich her, der nun in den Fokus rückt. So genügen etwa die alten Technik- und Kunsträume des Schulzentrums der Anforderung, Kinder für handwerkliche und künstlerische Tätigkeiten zu begeistern, schon lange nicht mehr. Und die Biologieräume stammen aus den 70er-Jahren.

Auch die Gymnastikhalle in Wiesenfeld sei nach 30 Jahren veraltet, sagte der Bürgermeister. Der vorgeschlagene Ersatzneubau einer doppelstöckigen Sporthalle (Kosten: 5,723 Millionen Euro), ist indes der teuerste Punkt beim Umbau der Gemeinschaftsschule. Die Erweiterungsarbeiten an den Außen- und Sportanlagen für 1,683 Millionen Euro der zweitteuerste. Die Umbaukosten in den Schulgebäuden am Holstenkamp bezifferte Heecks mit 1,468 Millionen Euro, die Schadstoffsanierung mit 166.000 Euro. Insgesamt wären in den Standort 9,04 Millionen Euro zu investieren. Für das Schulzentrum am Oher Weg wären 7,53 Millionen Euro notwendig, davon 2 Millionen für den Umbau und weitere 2,16 Millionen für die Biologie- und Technikräume. Hinzu kommt eine neue Mensa für 3,18 Millionen und die Schadstoffsanierung für 192.000 Euro.

Die Schulleiter sind sich bei dem Thema nicht einig

Eva Kuhn, Rektorin des Gymnasiums am Schulzentrum Oher Weg, bekam die Zahlen wie alle Beteiligten am Donnerstagabend erstmals zu Gesicht. Sie stellte schon kurz nach der Sitzung klar: Weder das Gymnasium noch die Fachlehrer Sport hätten sich eine neue doppelstöckige Turnhalle am Holstenkamp gewünscht. Der Wunsch sei gewesen, mehr Umkleidemöglichkeiten in der Turnhalle zu schaffen. Auch die Umgestaltung der Sportanlagen sei kein „Muss“, die Schule wäre mit Nutzungszeiten auf dem Sportgelände am Oher Weg zufrieden. Damit würden die Kosten auf 9.164.000 Euro sinken.

Schulleiter Johannes Haarbeck von der Gemeinschaftsschule Wiesenfeld
Schulleiter Johannes Haarbeck von der Gemeinschaftsschule Wiesenfeld © Barbara Moszczynski | Barbara Moszczynski

Haarbeck, Rektor der Wiesenfelder Schule, widersprach dem Grünen Jan Schwartz energisch: „Wenn Sie sich mit unseren Raumanforderungen beschäftigt hätten, dann wüssten Sie, dass es kein Palast ist, sondern pädagogische Notwendigkeit.“ So habe die Schule am Holstenkamp, die seit Jahren Erweiterungsgroßbaustelle ist, gerade neue naturwissenschaftliche Räume bekommen, auch die Bläserklasse und die Bigbands hätten entsprechende Räume.

All dies habe er am Oher Weg nicht vorgefunden. „Wir sind davon ausgegangen, dass wir unsere erfolgreichen Projekte weiterführen können und uns in der Zusammenarbeit weiter entwickeln“, sagte Haarbeck, stellte aber auch klar, dass er sei immer noch kein Freund der Schulfusion ist: „Alle Bildungsexperten sagen, dass Schulen mit 1200 Schülern keine gute Idee sind.“

Sascha Plaumann, Schulleiter der Sönke-Nissen- Gemeinschaftsschule
Sascha Plaumann, Schulleiter der Sönke-Nissen- Gemeinschaftsschule © Barbara Moszczynski | Barbara Moszczynski

„Es ist nicht so schwarz, wie Herr Haarbeck es macht“, sagte indes Sascha Plaumann, Schulleiter der Sönke-Nissen-Schule. Er kritisierte, dass die Schulen zwar in einen gemeinsamen Prozess eingebettet seien, es ein gemeinsames Konzept aber noch nicht gebe, weil der Termin für die Fusion noch nicht feststehe. Anders als Haarbeck meinen Eva Kuhn und Sascha Plaumann, das Schulzentrum habe ausreichend Räume. Petra Grüner (Grüne) schloss eine Fusion erst in zehn bis zwölf Jahren aus: „Ich gehe davon aus, dass nicht alles perfekt sein wird, weil die Stadt sich das nicht leisten kann. Die Schulen werden sehen müssen, wie sie damit leben können.“

Bei den rund 90 Zuhörern im Publikum löste die Debatte Kopfschütteln aus. „Ich glaube, die Stadt Glinde sollte sich die Millionen sparen und lieber den einzelnen Schulen mehr Geld zur Verfügung stellen, um dort besser zu werden“, sagte etwa Bauunternehmer Ulrich Klinzmann.