Ahrensburg. Defekte Bahnübergänge und Signalstörungen sorgen, wie gestern, immer wieder für Verspätungen zwischen Hamburg und Stormarn.

„Signalstörung“ und „Bahnübergangsstörung“ heißen die Reizwörter, auf die viele Pendler schon seit langem allergisch reagieren. Was harmlos klingt, sorgt auf der dichtgetakteten Strecke zwischen Hamburg und Bad Oldesloe mit ihren zehn Übergängen immer wieder für Ärger. Und auch am gestrigen Donnerstag war es wieder so weit: Eine Bahnübergangsstörung am „Braunen Hirsch“ in Ahrensburg führte von 3 Uhr in der Nacht bis 14 Uhr zu zahlreichen, teils erheblichen Verspätungen für Tausende Pendler.

„Im Schalthaus am Braunen Hirsch ist die Elektronik für die Pkw-Signalanlage ausgefallen und musste ausgetauscht werden“, sagte Egbert Meyer-Lovis, Pressesprecher der Bahn für Norddeutschland. Wie er zugeben musste, sei der Übergang auch bahnintern für seine Störungsanfälligkeit bekannt, weshalb er in nächster Zeit einer außerplanmäßigen „großen Inspektion“ unterzogen werden soll. Dabei würden alle Bauteile überprüft und vorsorglich „Sensoren für die Räumungsprüfung“ ausgetauscht. Diese stellen sicher, dass der Zug den Übergang passiert hat, bevor die Schranken wieder öffnen. Die Bahn verspricht, während der Wartungsarbeiten durch eine manuelle Schrankenregelung und Bahnübergangsposten für einen reibungslosen Verkehrsfluss zu sorgen. Nach Angaben des Schienenunternehmens ist es an dem Übergang außerdem erst kürzlich zu einer mutwilligen Beschädigung der Signalanlage gekommen.

„Signalstörung“ bezieht sich nur auf den Zugverkehr

„Bei einer Bahnübergangsstörung muss der Lokführer vor dem Übergang anhalten. Einige Übergänge verfügen dazu über eine Hilfseinschalttaste für Schranken und Pkw-Signale, ansonsten muss der Lokführer den Verkehr selbst zum Stehen bringen. Erst dann darf er mit Schrittgeschwindigkeit weiterfahren, bis er den Übergang passiert hat“, so der Bahnsprecher.

Eine „Signalstörung“, die Pendler ebenfalls in regelmäßigen Abständen als Erklärung für Verspätungen und Zugausfälle zu hören bekommen, bezieht sich hingegen nur auf den Zugverkehr. „Im Schienenverkehr darf zwischen zwei Ampeln nur ein Zug sein“, erklärt Meyer-Lovis. Fällt ein Signal aus, darf er nur langsam heranfahren und muss auf dessen Höhe einen Befehl zum Überfahren abwarten.“ Dies müsse sowohl vom Lokführer als auch vom Fahrdienstleiter per Funk bestätigt und zusätzlich auf einem „leeren Befehlsvordruck“ festgehalten werden.

Bahnübergänge werden regelmäßig kontrolliert

Zu wie vielen Störungen an Bahnübergängen und Signalanlagen es in den vergangenen Monaten gekommen ist, konnte die Bahn am Donnerstagnachmittag noch nicht sagen. Nach Angaben des Nahverkehrsverbundes Nah.SH liegt die durchschnittliche Pünktlichkeit auf dieser Strecke im Jahr 2016 bisher zwischen 90,2 und 97,1 Prozent.

Die genaue Ursache für die aktuelle Störung am „Braunen Hirsch“ steht ebenfalls noch nicht fest. „Die Elektronik ist von 1995 und damit nicht überaltert“, sagte der Sprecher. Eine Statistik, die die Ausfallgründe erfasse, gebe es bei der Bahn nicht. Regulär werde jeder Bahnübergang alle sechs Monate einer kleinen und alle zwei Jahre einer großen Inspektion unterzogen. Werde dabei Erneuerungsbedarf erkannt, werde dieser auch umgesetzt.

Tobias Koch ist die Störungsanfälligkeit auch aufgefallen

Die ständigen Probleme könnten sich dann erledigt haben, wenn die geplante neue S-Bahn-Linie 4 tatsächlich realisiert wird. Denn dann würden, so die Planung, die Übergänge im Zuge der Gleiserweiterung bis 2027 ohnehin beseitigt und durch weniger anfällige Unter- oder Überführungen ersetzt.

Dem CDU-Landtagsabgeordneten Tobias Koch ist die Störungsanfälligkeit auf der Strecke selbst schon aufgefallen. Der Zustand unterstreiche, wie dringlich der Ausbau sei: „Mit dem jetzigen Zugtakt und den Doppelstockwagen haben wir das Maximum erreicht, was auf der Strecke ohne einen Gleisausbau möglich ist“, so der Ahrensburger. Die Erweiterung sei auch im Hinblick auf die feste Fehmarnbeltquerung unausweichlich.

Ole Buschhüter: „Einbeziehung der Anwohner ist wichtig.“

Für die Zukunft wünscht er sich eine Vereinfachung der Planungsverfahren: „Wir müssen uns überlegen, ob wir uns so intensive Verfahren mit Einspruchs- und Klagemöglichkeit in mehreren Instanzen erhalten wollen“, gibt der konservative Politiker zu bedenken. Seiner Ansicht nach wären die Bürgerrechte mit Klagemöglichkeit in einer Instanz ausreichend gewürdigt. Wichtige Vorhaben könnten sonst so lange verzögert werden, bis Gutachten veraltet und dann neu erstellt werden müssten. „Dann beginnt der ganze Prozess von vorne“, so Koch. Für die Kommunen sei es im konkreten Fall besonders ärgerlich, wenn klar sei, dass Übergänge ersetzt werden sollen und wegen Verzögerungen im Planfeststellungsverfahren zwischenzeitlich doch noch modernisiert werden müssten.

Die langen Verfahren stören auch Ole Thorben Buschhüter, der für die SPD in der Hamburgischen Bürgerschaft sitzt. Trotzdem sei eine vernünftige Planung unter Einbeziehung der Anwohnerinteressen in dem dicht bebauten Gebiet unerlässlich. „Besser man macht das gleich ordentlich, als dass es hinterher Ärger gibt“, so der Vorsitzende des Verkehrsausschusses. Hinzu kämen „umweltrechtliche und archäologische Befunde insbesondere auf dem Gebiet des Ahrensburger Tunneltales“, die die Planung besonders komplex machten. Dies brauche seine Zeit. Buschhüter versucht eine Lanze für die Bahn zu brechen: „Zu Bundesbahnzeiten ist auch nicht alles besser gewesen.“ Selbstkritisch sagte er: „Der Startschuss für das Projekt S 4 wurde von der Politik zu spät gegeben.“

Sprechstunde zum Gleisausbau der S4:

Anwohner und interessierte Bürger aus Ahrensburg haben am 19. September und 12. Oktober zwischen 16 und 19 Uhr Gelegenheit, einzeln oder in Kleingruppen mit Planungs-Experten der Bahn in Kontakt zu treten. Termine in Bargteheide folgen am 21. September und 19. Oktober. Eine Anmeldung per Mail ist erforderlich an s4@deutschebahn.com
Weitere Infos
unter: www.bauprojekte.deutschebahn.com/p/hamburg-bad-oldesloe.