Reinbek/Bad Oldesloe. Stormarner Firmen bemühen sich um eine familienfreundliche Personalpolitik, wie Beispiele aus Reinbek und Bad Oldesloe zeigen.
In kurzen, aber schnellen Schritten laufen Leyla (3) und Melina (2) quer über den roten Teppichboden der Reinbeker Seniorenresidenz Kursana. So wie der 23 Monate alte Noah und der einjährige Ben sind die Geschwister gern gesehene Gäste in der Villa am Rosenplatz. Ihre Mütter Sevgi Güzel, Denise Ressel und Stephanie Szaniawski sorgen dafür, dass die Betreuung der 95 Bewohner rund um die Uhr sichergestellt ist. Sie sind Teil eines 47-köpfigen Teams, das aus ausgebildeten Pflegefachkräften und -assistenten besteht. Der von Berrit Knoop konzipierte Dienstplan macht es möglich, dass das Familienleben dabei nicht zu kurz kommt.
Im Jahr 2014 wurde die Pflegedienstleiterin vor eine große Herausforderung gestellt. Sieben Mitarbeiterinnen wurden innerhalb weniger Monate schwanger. „Die anderen Pflegekräfte sind in dieser Zeit sehr gut eingesprungen“, sagt Knoop. „Teamarbeit wird bei uns groß geschrieben.“ Inzwischen sind viele Mütter wieder im Einsatz. Das liege auch an der familienfreundlichen Planung, ist sich Direktorin Maria Helena Cammaus sicher. Sie sagt: „Wir bieten sehr flexible Arbeitszeiten an, die bei Bedarf auch auf 30 oder 25 Wochenstunden reduziert werden können.“ Dabei werde teilweise auch von den Plänen abgewichen, die den Tag üblicherweise systematisch in Früh- Spät- und Nachtschicht einteilen. Knoop: „Wenn wir die Dienstpläne erstellen, gehen wir auf die individuelle Situation jeder Mutter und auch auf die Öffnungszeiten von Kindergärten und Kitas ein.“
Nachtschichten für die Kinder
Eine gute Lösung haben Denise Ressel und Sevgi Güzel gefunden. Seit ihr Sohn Noah auf der Welt ist, arbeitet Ressel nur noch im Spätdienst von 14 bis 21.30 Uhr. Dann passt Noahs Vater auf den Kleinen auf. Sevgi Güzel übernimmt ausschließlich die Nachtschichten von 21.15 bis 6.15 Uhr. „Ich schlafe, wenn Leyla und Melina in der Kita sind“, sagt die 27-Jährige. Stephanie Szaniawski arbeitet momentan auf 450-Euro-Basis weiter. Andere Arbeitgeber in Stormarn lassen sich ihre familienfreundliche Personal- und Unternehmenspolitik sogar zertifizieren.
So wie die Oldesloer Niederlassung des Pharmakonzerns Aspen. Zu diesem Zweck wurde die Firma einer Prüfung unterzogen, an der eine Auditorin der berufundfamilie Service GmbH teilnahm. Ein 15-köpfiges Mitarbeiterteam aus unterschiedlichen Unternehmensbereichen erarbeitete Ziele, mit denen die Arbeit noch familiengerechter gestaltet werden sollte. „Unsere Mitarbeiter sollen Familie leben können“, sagt Personalchefin Susanne Blaue. In ihrem Büro hängen mehrere Familienfotos. Sie zeigen ihre beiden Töchter Emilia und Marlene, 15 und 16 Jahre alt.
Zahl der Bewerbungen gestiegen
Seit die Oldesloer Firma das Zertifikat erhalten hat, steige auch die Zahl der Bewerbungen. Susanne Blaue sagt: „Viele Jobsuchende beschäftigen sich zunehmend mit der Frage, was der Arbeitgeber ihnen bietet, um ihr Lebensmodell zu unterstützen.“ Gleichzeitig sieht die Personalchefin auch einen großen Nutzen für das Unternehmen: „Zufriedene Mitarbeiter sind produktiver.“ Rund 400 Mitarbeiter beschäftigt die Oldesloer Niederlassung zurzeit, 43 Prozent der Angestellten sind Frauen.
Zusätzlich schloss die Firma einen Vertrag mit der 2012 gegründeten Stiftung Beruf und Familie Stormarn ab. Mit verschiedenen Dienstleistungsangeboten will die gemeinnützige Organisation Unternehmen in der Region dabei unterstützen, einen familienfreundliches Arbeitsumfeld zu schaffen. Ein besonders gefragter Service ist die Notfallbetreuung für Kinder, bei dem die Organisation mit dem Oldesloer Mehrgenerationenhaus Oase zusammenarbeitet. Fällt die Kita aus, oder lässt sich ein wichtiger Geschäftstermin nicht verschieben, können Eltern ab sechs Uhr über eine Notfallnummer Tagesmütter kontaktieren, die auf den Nachwuchs aufpassen.
Kostenlose Notfallbetreuung
„Für die Angestellten ist dieser Service kostenlos“, sagt Blaue. Die Betreuer können sie vorab beim sogenannten Elterncafé kennenlernen. 47 Unternehmen nehmen in Stormarn die Notfallbetreuung in Anspruch. Für diese und weitere Dienstleistungsangebote zahlen Firmen eine Jahrespauschale. „Wie hoch die Kosten sind, hängt davon ab, wie viele Mitarbeiter das jeweilige Unternehmen beschäftigt“, sagt Silke Bustorf von Beruf und Familie Stormarn.
Auch ein Ferienprogramm für Kinder von sechs bis zwölf Jahren bietet die Organisation an. Zudem steht der Netzwerkservice „Familienhilfe“ Mitarbeitern bei Belastungssituationen in der Erziehung, Schulproblemen oder anderen familiären Konflikten zur Seite.