GrossHansdorf/Reinbek. Tierheime in Großhansdorf und Reinbek verzeichnen während der Ferien starken Zulauf. Hunde und Katzen werden besonders oft ausgesetzt.
Ein kleiner Karton auf einem Parkplatz. Ein leises Wimmern ist zu hören. Unter dem Deckel ein struppiges Fell, große Augen und ein ängstlicher Blick. Ständig werden Haustiere ausgesetzt. Hunde an Laternenmasten angebunden, Katzen in Pappkartons am Straßenrand abgestellt. Auch in Stormarn ist das keine Seltenheit. Vor allem in den großen Schulferien im Sommer scheinen Haustiere ihren Haltern oft lästig zu werden.
Warum Menschen ihre Haustiere aussetzen, fragen sich vor allem die Mitarbeiter der Stormarner Tierheime. Im Kreis gibt es drei solcher Einrichtungen: in Großhansdorf, Reinbek und Bad Oldesloe. Überfüllte Gehege, überarbeitete Pfleger – wie sieht es dort wirklich aus? Das Abendblatt hat zwei Tierheime besucht, mit den Pflegern gesprochen.
113 Tiere im ersten Halbjahr ausgesetzt
Dass die Zahl der Tiere im Sommer steigt, bestätigen die Mitarbeiter. Monika Ehlers, Schriftführerin des Tierschutzvereins Ahrensburg-Großhansdorf, sagt dazu: „Im ersten Halbjahr wurden in unserem Einzugsgebiet bereits 113 Tiere ausgesetzt. Dazu kommen dann noch die Tiere, die persönlich abgegeben werden. Das waren bis jetzt 83.“ Immerhin konnten 64 Prozent dieser neuen „Heimbewohner“ bereits vermittelt werden. „Oft geht das ganz schnell. Manchmal gibt es aber auch Problemfälle, die sehr lange bei uns sind“, sagt die Schriftführerin des Tierschutzvereins.
Vier ausgebildete Tierpflegerinnen kümmern sich um die verbleibenden Tiere. Eine von ihnen ist Julia Specht. Sie ist zuständig für die Pflege der 14 Hunde. „Cloe und Daisy stehen noch zur Vermittlung“, sagt die 29 Jährige, während sie die beiden Chihuahua- Damen auf ihrem Schoß streichelt. Die ausgebildete Pflegerin könne nicht verstehen, warum es Menschen übers Herz bringen, ihr Haustier einfach auszusetzen. „Cloe und Daisy wurden in einer Transportbox auf einem Parkplatz an der B 404 gefunden“, erzählt Specht kopfschüttelnd.
Körperliche und seelische Schäden
Die Mitarbeiter des Tierheims vermuten, dass viele Haustierbesitzer sich nicht trauen, ihre Tiere persönlich abzugeben und sie deshalb anonym aussetzen. „Dabei kostet es bei uns keinen Cent“, sagt Julia Specht. Viele Heime nehmen Tiere nur gegen eine Gebühr auf. Das Heim am Waldreiterweg 101 verzichtet bewusst auf Gebühren, um zu vermieden, dass noch mehr Tiere in Pappkartons am Straßenrand landen. „Das Tier kann körperlich und seelisch Schaden nehmen, wenn es ausgesetzt wird. Das macht auch die Betreuung sehr viel schwieriger“, sagt Julia Specht.
Was kann ich tun, wenn ich ein Tier finde?
Bei einem unbekannten Tier kenne sie weder Namen noch Alter, geschweige denn Eigenschaften oder besondere Bedürfnisse. Das erschwere die Arbeit immens. Jutta Böttcher, die das Großhansdorfer Tierheim seit mehr als 35 Jahren leitet, ist aufgefallen, dass vor allem sehr alte Tiere abgegeben werden. „Die Leute wollen Tierarztkosten sparen“, vermutet sie. „Besonders auffällig ist das bei Katzen. Kranke Tiere sind auch nicht leicht zu vermitteln“, sagt die 57-Jährige. Jungtiere werden meist nur von Bauernhöfen in der Umgebung ausgesetzt und abgegeben. „Bauern lassen ihre Haustiere selten kastrieren. Wenn es dann zu viel Nachwuchs gibt, werden die Kleinen zu uns gebracht“, erklärt die Heimleiterin und zeigt auf zwei zierliche Katzen.
Pension für Haustiere
Die grau-gemusterte Lola sei schon recht zutraulich geworden, ihre schwarz-weiße Schwester Leni dagegen lasse sich noch nicht anfassen. Die zwei Monate alten Kätzchen sind erst seit zwei Wochen im Tierheim. Sie stehen zur Vermittlung, aber erst müssen sie an den Menschen gewöhnt werden. Das Tierheim in Großhansdorf bietet außerdem eine Pension für Haustiere an, deren Halter in den Urlaub fahren. Die Nacht inklusive Futter und Pflege kostet für Katzen sechs Euro, für Hunde je nach Größe zwischen zwölf und 15 Euro. „Wir sind momentan komplett ausgebucht“, sagt Jutta Böttcher. In den Ferien sei der Ansturm auf die Pensionsplätze selbstverständlich besonders hoch. „Einige melden sich Monate vorher an. Wir haben viele Stammkunden“, erzählt die Heimleiterin. Eine frühe Anmeldung sei daher ratsam. Sind alle Plätze belegt, bieten sich andere Tierpensionen im Kreis als Alternative an.
„Tiere müssen runterkommen“
Auch im Reinbeker Tierheim haben die Pfleger in diesem Sommer reichlich zu tun. Der Tierschutzverein Einhorn beherbergt momentan 200 Tiere: 69 Katzen, acht Hunde und 123 Vögel sowie Klein- und Wildtiere. „Dieses Jahr spüren wir die großen Ferien zum ersten Mal richtig. In den vergangenen Jahren haben wir im Sommer nicht mehr Tiere gehabt als sonst auch“, sagt Karen Schönbrodt, Leiterin des Heims am Senefelder Ring.
Vor allem die Zahl der Fundtiere sei in diesem Sommer stark gestiegen, berichtet die 54 Jährige gegenüber dem Abendblatt. Seit Beginn der Sommerferien hätten außerdem von allen Heimbewohnern nur zwei der insgesamt 34 Kaninchen eine neue Familie gefunden. Das liege aber nicht nur an den Ferien, sondern auch daran, dass alle Neuankömmlinge erst einmal zwei Monate im Heim verbringen müssten. „Die Tiere müssen erst einmal runterkommen“, sagt die Heimleiterin. Bei Hunden und Katzen sei das besonders wichtig. „Wir müssen die Tiere kennenlernen, bevor wir sie an die richtigen Familien vermitteln können“, erklärt Schönbrodt. In Großstädten wie Hamburg seien Tierheime weitaus mehr belastet als in Stormarn. Doch auch die Heime im Kreis stießen während der Sommerferien oft an ihre Grenzen.