Wichtige Projekte stehen in Ahrensburg in der Warteschleife. Abendblatt-Redakteur Lutz Wendler stellt die Top Ten vor.
Wichtige Projekte stehen an. Aber deren Umsetzung scheitert oft daran, dass bis zum St. Nimmerleinstag diskutiert wird. Die Debatten im Stadtparlament, in Fachausschüssen und Einwohnerversammlungen haben Sachverhalte so sehr kompliziert, dass selbst Beteiligte Orientierungshilfe benötigen. Abendblatt-Redakteur Lutz Wendler stellt die Top Ten der Warteschleife vor.
1. Der große Plan
Der Flächennutzungsplan (FNP) ist laut Baugesetzbuch die Grundlage für stadtplanerisches Handeln. Die strategischen Ziele einer Kommune können damit aus jeder Perspektive beleuchtet werden. Der Planungshorizont eines FNP beträgt 15 Jahre. Seriöse Prognosen darüber hinaus sind kaum möglich.
Der aktuelle Ahrensburger FNP ist von 1974 und wurde 45 Mal geändert. Entwicklungsziele und Ausgangsdaten sind längst überholt – 25.000 Einwohner hatte die Stadt 1974, heute sind es 33.941.
Es wird also höchste Zeit, den neuen Plan zu verabschieden, der seit 2007 diskutiert und an dem seit 2010/11 gearbeitet wird. Inzwischen liegt ein weitgehend abgestimmter FNP vor. Doch das Verfahren wird durch politischen Streit über Details verzögert, wie zuletzt über eine Nordtangentenroute, die nach Meinung einiger Fraktionen längst als Option hätte gestrichen sein sollen. Wenn es so weitergeht, wird der FNP erst verabschiedet, wenn er seinen Planungshorizont 2025 erreicht.
2. Rathausplatz
Angeblich liegen im Rathaus in der sprichwörtlichen Schublade zuhauf Wünsche von Bürgern und Stadtplaner-Entwürfe, die Ahrensburgs größten Platz zu dem machen wollen, was er eigentlich sein sollte: ein städtischer Raum mit hoher Aufenthaltsqualität. Doch stattdessen wurde nichts davon umgesetzt, und die Fläche, die repräsentativ sein müsste, ist kaum mehr als ein großer Parkplatz. Schlimmer noch: die privaten Gebäude, die diesen wild gewachsenen Platz säumen, sind eine bunte Ansammlung von Bauklötzchchen und kein angemessenes Gegenüber für das denkmalgeschützte Rathaus, das am 13. November 1970 eingeweiht wurde.
Der Platz blieb ein Provisorium, das über die Jahre nicht schöner wurde. Trotz Gutachterverfahren (1991), Ideenwettbewerb (2001), Diplomarbeit (2002/03), Markthallen-Konzept (2010) und Umfrage zur Bebauung (2011) hat sich nichts geändert. Aktuelle Hoffnung ist das Innenstadtkonzept. Darin werden zum Beispiel Parkplätze in Tiefgaragen vorgeschlagen.
3. Nordtangente
Eine Nordtangente, die Beimoorweg und Lübecker Straße entlasten soll, beschäftigt Ahrensburg seit 2007. Mehrere Routen durchs Gewerbegebiet-Nord, die 8000 Fahrzeuge pro Tag umleiten sollen, wurden diskutiert, manche nach Anliegern Clariant- oder Famila-Variante (7 und 11) benannt oder dem CDU-Verkehrsexperten Eckehard Knoll zugeschrieben (15). 2012 scheiterte eine konsensfähige Nordumfahrung unerwartet in der Stadtverordnetenversammlung, obwohl alles vorbereitet war, inklusive Einigung mit Nachbar Delingsdorf und Zuschuss vom Land. Jetzt wird wieder verhandelt. Neuester Streitpunkt ist die ersatzlose Streichung der Clariant-Variante, obwohl es die von Delingsdorf am ehesten akzeptierte Trasse ist.
4. Beimoor Süd
Über geeignete Flächen für die Ansiedlung von Gewerbe zu verfügen ist eine Sache – sie zu erschließen und zu vermarkten eine andere. Geschätzt 15 Jahre beschäftigt sich Ahrensburg mit der Gewerbegebietserschließung am Beimoorweg im Nordosten der Stadt.
Besonders zäh ging es beim verbliebenen freien Stück von etwa 31 Hektar – kurz Beimoor-Süd II genannt – voran. Eine Schwierigkeit ist, dass acht Hektar des Gebiets von einem privaten Investor für ein Fachmarktzentrum erschlossen werden sollen, aber wohl noch keine Einigkeit mit den möglichen Nutzern (unter anderem Famila, Aldi) erzielt wurde.
5. AOK-Kreuzung
Ein Tor zur Stadt sollte einladend sein. Davon kann in der südlichen Ahrensburger Innenstadt nicht die Rede sein. Wer möchte schon über einen Ort hereingebeten werden, der AOK-Knoten genannt wird? Die Kreuzung Hamburger Straße/Woldenhorn/An der Reitbahn ist kein repräsentativer Ort. Täglich sind hier etwa 30.000 Fahrzeuge unterwegs. Auf die Randbebauung und eine unattraktive Baulücke hat die Stadt nur begrenzt Einfluss, wohl aber auf Gestaltung und bessere Regulierung des Straßenverkehrs.
2011 fiel die Entscheidung gegen einen großen Kreisel und für eine effektivere Ampelregelung. Im Innenstadtkonzept heißt es lakonisch: „Aufgrund städtebaulicher Auswirkungen sowie fehlender Mittel ist der Umbau bisher nicht umgesetzt worden.“
6. Lindenhof
Paradebeispiel für ein so verzwicktes Bauprojekt, dass die Übersicht abhanden kommt, ist das Lindenhof-Grundstück beim Bahnhof, das als Parkfläche genutzt wird. Das Thema beschäftigt die Stadt seit 2008/09. Initiator war das Baustudio, das mit Hochtief die Projektgesellschaft Lindenhof (PGL) gründete, mit der Ahrensburg einen städtebaulichen Vertrag schloss. Die PGL fand nach Umwegen in der Curata Immobilien GmbH einen Investor, für den sie ein Wohn- und Gewerbegebäude entwickeln und bauen soll.
Die Stadt stimmte einem Totalübernehmervertrag mit Curata zu, doch die notarielle Beurkundung wurde auf den 23. August verschoben, und es gab eine einmonatige Fristverlängerung des beiderseitigen Rücktrittsrechts bis Oktober. Das macht einige Politiker misstrauisch. Die SPD formulierte elf Einwände gegen den vorhabenbezogenen B-Plan, Kaufleute protestierten, weil die Stadt öffentlichen Parkraum einbüßt. Der avisierte Baustart im September erscheint fraglich
7. Badlantic
1983 wurde das Badlantic für 24 Millionen Mark gebaut. Vor 33 Jahren war es als erstes Spaßbad in der Region ein Publikumsmagnet. Jährlich kamen bis zu 600.000 Besucher – 2014 waren es nur noch 263.800 (moderne Erlebnisbäder in Norderstedt und Kaltenkirchen haben 800.000 beziehungsweise 460.000). Der Spaß ist Ahrensburg bei einem jährlichen Defizit von etwa 1,7 Millionen Euro, das die Stadt (seit 2015 alleiniger Eigentümer) trägt, vergangen.
Das Gutachten eines auf Schwimmbäder spezialisierten Architekturbüros offenbart den Modernisierungsstau im Badlantic – insbesondere energetisch muss stark nachgebessert werden. Ein funktionaler Neubau auf weniger Fläche werde langfristig günstiger als eine Sanierung der alten Gebäude. Verwaltung und Teile der Politik plädieren für das kleinere moderne Sportbad. Doch zunächst sollen Sportvereine, Schulen und weitere Nutzer gehört werden. Die Ergebnisse werden wohl im Herbst im Hauptausschuss diskutiert.
8. Alte Reitbahn
Ein besonders begehrtes Grundstück ist die Alte Reitbahn, die als Parkplatz genutzt wird. Seit Jahren konkurrieren verschiedene Interessenten um die citynahe Fläche. 2014 überzeugte ein Projektentwickler, dessen Geschäftsführerin CDU-Stadträtin war, mit der Idee, in einen Wohn- und Gewerbebau ein Kino zu integrieren. Doch es kam kein vorhabenbezogener B-Plan zustande.
Stattdessen präsentierte die Verwaltung 2015 einen neuen Investor, der mit dem Plan überraschte, ein Kino anstelle des Edeka-Marktes beim Bahnhof zu bauen und den Supermarkt in ein Wohn- und Geschäftshaus an der Reitbahn zu verlegen. Der neue Investor hat bis Mitte 2017 Zeit für einen vorhabenbezogenen B-Plan – inklusive der Auflage, 30 Prozent geförderten Wohnraum zu bauen.
9. Ein Kino für Ahrensburg
Am 31. Mai 2006 gab’s den Filmriss: Das Kinocenter an der Klaus-Groth-Straße, kurz Minimaxi, wurde geschlossen. Seither sind die Wege weit für Ahrensburger Kinofans: Die Koralle in Volksdorf ist 5,65 Kilometer entfernt, das Cinema Paradiso in Bargteheide etwa zehn, Hamburger Multiplexe noch einige Kilometer mehr.
Mitglieder des Ahrensburger Kinder- und Jugendbeirats demonstrierten 2015 für einen Kinoneubau Romina Hertz
Seit 2006 wird über ein neues Kino in Ahrensburg diskutiert und über mögliche Standorte fantasiert. Der Marstall war im Gespräch, auch eine Aufstockung des Parkhauses Alter Lokschuppen. Realistischer war das Projekt Alte Reitbahn. Daraus entwickelte sich ein neues, von der Stadt forciertes Projekt: ein Kino mit 769 Plätzen in fünf Sälen an Stelle des Edeka-Marktes beim Bahnhof, der in einen Neubau an der Reitbahn umziehen soll.
10. Moorwanderwegbrücke
Eine Verbindung stellt die Moorwanderwegbrücke zuverlässig her: die von einem Haushalt zum nächsten. Sobald ein Etatdefizit drohte, war der Neubau einer der ersten Streichkandidaten, verbunden mit der Ankündigung, die Investition werde aufs Jahr darauf vertagt. Der Unterbau ist so marode, dass Verkehrssicherheit nicht mehr gewährleistet ist. Der jährliche Lümmellauf darf nur unter Auflagen (einzeln im Schritt-Tempo) die Brücke ins Tunneltal passieren.
2018 steht die TÜV-Sicherheitsuntersuchung an. Gestritten wird über die Kosten (Schätzungen bis zu 865.000 Euro). Gerade wurden 280.000 Euro für die erste Planungsphase freigegeben. Es könnte aber sein, dass auch diese Zusage kein Garant für Fortschritte auf sicherem Untergrund ist.