Trittau/Bad Oldesloe. Weil die Mitgliederzahlen stagnieren, setzten einige Schützenvereine jetzt auf moderne Technik bei der Nachwuchsarbeit.

Das Schützenwesen gehört in vielen Städten und Gemeinde zur Tradition, ist seit einem Jahr sogar Unesco-Kulturerbe. Einen Werbeeffekt hat das nicht: Vereinen und Gilden sterben die Mitglieder weg. Jüngere Generationen lassen sich für das Brauchtum mit dem Biedermann-Image nur schwer oder nicht begeistern. Mit militärisch anmutenden Uniformen, Schützenfesten und rustikal eingerichteten Schützenhäusern lassen sich Jugendliche einfach nicht hinter dem Smartphone hervorlocken.

Die Bürgerschützengilde Bad Oldesloe versucht vorsichtig den Weg einer Modernisierung. „Wir haben schon vor Jahren den Uniformenzwang und Schützenfeste abgeschafft“, sagt der stellvertretende Kommandeur, Klaus-Andreas Blottnicki. „Damit kann die Jugend nicht viel anfangen.“ Innerhalb von zwölf Jahren ist die Mitgliederzahl der fast 400 Jahre alten Gilde von 300 auf 150 gesunken. In der Jugendsparte sind nur noch vier Jungschützen aktiv. Werbemaßnahmen laufen regelmäßig ins Leere. Eine Flyer-Aktion an Oldesloer Haushalte brachte keine Resonanz, der Tag der offenen Tür wurde mangels Nachfrage abgesagt.

Nur Sportfreunde werden aufgenommen

Dennoch befindet sich der Verein derzeit in einer Erholungsphase. „Wir hatten 2016 zwölf Neuzugänge“, sagt Blottnicki. Anfragen gebe es immer wieder, „wohl auch aus Angst vor der aktuellen politischen und gesellschaftlichen Situation im Land“, sagt der 62-Jährige. „Aber solche, die nur in den Verein eintreten, um sich eine Pistole unter das Kopfkissen zu legen, sortieren wir gleich wieder aus“, stellt der Schütze klar. „Es geht uns um den Sport.“

Oliver Graf ist Vorsitzender der Trittauer Schützengilde
Oliver Graf ist Vorsitzender der Trittauer Schützengilde © HA | Finn Fischer

Im Kreis Stormarn gibt es 21 Schützenvereine, -gilden und -sparten mit 1860 Mitgliedern. Die Zahlen sind seit Jahren rückläufig, einige Vereine ausgenommen. Einer von ihnen ist die Schützengilde Trittau, die an diesem Wochenende ihr Schützenfest feiert (siehe dazu auch Seite 2). Die Gilde hat 182 Mitglieder. „Wir haben wieder Zuwächse“, sagt der Vorsitzende Oliver Graf. Bis vor zwei Jahren herrschte auch bei den Trittauern noch eine andere Situation. Zwischenzeitlich waren die Mitgliederzahlen auf rund 120 geschrumpft. Mit moderner Technik wollen die Trittauer Schützen jetzt auch die Jüngsten an den Verein binden. Auf dem Luftgewehr-Stand können Mitglieder auch mit modernen Lichtpunktgewehren üben. Die fallen nicht unter das Waffengesetz, da keine Projektile verwendet werden. Das scheint langsam aber sicher einen messbaren Effekt zu haben.

Schießen fördere Konzentration bei Kindern

Jugendleiterin Margot Jackson sagt: „Durch das Schießen lernen die Kinder Konzentration und Ruhe.“ Auch der sichere Umgang mit der Waffe wird trainiert. Mittlerweile hat die Gilde wieder eine Jugendabteilung mit 23 Kindern und Jugendlichen. Doch auch Oliver Graf und seine Schützenkameraden sehen sich immer wieder mit Vorurteilen und dem schlechten Image des Schießsports konfrontiert. Nach Amokläufen oder -androhungen komme es zu Vereinsaustritten und mitunter auch zu Anfeindungen.

Die Vereine sind Teil regionaler Identität

Das Schützenwesen ist vielerorts ein wichtiger, historisch gewachsener und lebendiger Teil regionaler Identität. Es umfasst unterschiedliche Bräuche und Traditionen.

Am 11. März 2016 haben die UNESCO-Kommission, die Kultusministerkonferenz und die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien sieben Formen des Immateriellen Kulturerbes ausgezeichnet, auch das Deutsche Schützenwesen.

Die Vereine entstanden im 19. Jahrhundert. Neben gesellschaftlichen und sozialen Aspekten hatten Schützenvereine und -gilden auch die Aufgabe, ihre Heimatstadt im Falle eines Angriffes zu verteiligen. Heute beschränken sich die Vereine ausschließlich auf die Ausübung des Schießsports.

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„Da spielt es dann auch oft keine Rolle, wenn an dem Ereignis gar kein Sportschütze beteiligt war“, sagt Graf. Positive Ereignisse wie derzeit die sportliche Leistungen von Schützen bei Olympia in Rio hätten hingegen keinen messbaren Einfluss auf die Mitgliederzahlen.

Olympische Spiele lassen hoffen

Die Ahrensburger Schützengilde hat ihr großes Fest in diesem Jahr bereits hinter sich (wir berichteten). Bei den Schlossstädtern hofft der Vereinsvorstand durchaus noch auf einen positiven Effekt durch die Olympischen Spiele. „Dort zeigt sich, dass das, was wir machen, ein Hochleistungssport ist“, sagt Thomas Looft. Der 56-Jährige ist seit vier Jahren Vorsitzender der Gilde. Die Ahrensburger Schützen hatten vor zehn Jahren eine besonders schwere Zeit. 2007 brannte das Schützenhaus ab, danach gab es viele Vereinsaustritte. Zwischenzeitlich gab es nur noch 130 Mitglieder. Mittlerweile hat sich die Zahl bei 160 eingependelt. Um Nachwuchs zu werben, bietet die Gilde auch Ausfahrten und Freizeiten an. Thomas Looft sagt gegenüber dem Abendblatt: „Wir sind kein Sauf- und Ballerverein, es geht uns um den Sport.“ Die Ahrensburger verzichten bewusst auf das Angebot an Mitglieder, mit großkalibrigen Waffen zu schießen.

Dazu äußert sich Margot Kunde vom Kreisschützenverband Stormarn mit den Worten: „Deutschland hat eines der härtesten Waffengesetze der Welt. Das macht den Vereinen zu schaffen.“ Vor allem beim Werben neuer Mitglieder sei das ein Problem. „Teure Technik wie Lichtpunktgewehre für Kinder kann sich nicht jeder Verein leisten.“ Das Schießen mit Luftdruckwaffen ist erst ab zwölf Jahren erlaubt. Kunde: „Bis dahin sind schon viele Kinder in anderen Vereinen untergekommen.“