Ahrensburg. Bei Wanderungen, Gesprächen mit Einheimischen und beim Sightseeing macht sich Peter Kania mit Ahrensburger Verhältnissen vertraut.

Die Ferienzeit nutzt Peter Kania in diesem Jahr für eine persönliche Entdeckungsreise. Er macht Sightseeing in einer Stadt, die er noch nicht kennt, unternimmt dort ausgiebige Wanderungen bis in die Grüngürtel, bewegt sich viel im örtlichen Papiergebirge und versucht oft, mit Einheimischen ins Gespräch zu kommen.

Mit Städtetrip und Aktivurlaub hat das alles nichts zu tun, sondern es geht um Arbeit, um schnellen Einstieg in den neuen Job. Peter Kania ist seit dem 1. August Leiter des Bauamts in Ahrensburg. Jetzt will er rasch die Stadt besser kennenlernen, von der er schon bei ersten Online-Recherchen ein positives Bild gewonnen hat, nachdem er zu Beginn dieses Jahres auf eine Stellenanzeige in der Fachzeitschrift Bauwelt gestoßen war. Peter Kania (56) bewarb sich, weil er nach 26 Jahren im selben Job eine neue Herausforderung suchte. Seit 1990 war der Bauoberrat Kania Chef des Amts für Stadtentwicklung und Bauordnung in Nordenham, am Westufer der Weser gegenüber von Bremerhaven.

Bauamtsleiter auf Wohnungssuche

Am 28. April stellte Kania sich in Ahrensburg vor. Ende Mai wurde er vom Abendblatt überrascht und telefonisch nach seinem neuen Job befragt. „Ich wusste, dass ich auf Platz eins der Kandidatenliste stehe, aber dass ich ausgewählt wurde, habe ich durch die Anfrage erfahren.“ Die Bestätigung aus dem Rathaus folgte. Und Kania hatte schon vor Dienstantritt eine Ahnung davon, dass es in Ahrensburg auch andere Informationskanäle als die offiziellen gibt.

Mitte Juli hat Kania ein Apartment in Bahnhofsnähe bezogen, das nur eine vorübergehende Bleibe sein soll. Er sucht weiter nach einer geeigneten Wohnung oder einem Haus, damit auch seine Ehefrau bald umziehen kann. Schon jetzt hat Kania die für einen Bauamtsleiter nützliche Erfahrung gemacht, dass es zurzeit nicht einfach ist, in Ahrensburg eine passende und zudem bezahlbare Unterkunft zu finden.

Wunsch nach transparenten Verfahren

61 Mitarbeiter hat das Bauamt, die meisten sind zurzeit im Urlaub. Kania nutzt die ruhige Zeit, um sich über Abläufe und Themen informieren zu lassen, Akten zu studieren und sich mit Hilfe von Planwerken und „guten Gutachten“ einen Überblick zu verschaffen. Besuche in den Fraktionen und in parlamentarischen Gremien stehen nach den Ferien an. Schon vor der Sommerpause saß Kania inkognito im Umweltausschuss und erlebte in einer turbulenten Sitzung, wie der Flächennutzungsplan wegen eines Details nicht verabschiedet wurde. Ein Vorgeschmack auf Ahrensburger Verhältnisse?

Dazu kann Kania sich noch nicht äußern. Grundsätzlich bewertet er Debattenkultur bei Bauprojekten positiv: „Das haben wir Planer uns immer gewünscht. Es ist gut, wenn Menschen sich dazu äußern, wie sie leben wollen – und wie nicht“, sagt er. Deshalb sollten Verfahren transparent sein und Alternativen aufgezeigt werden. Doch irgendwann müsse auch eine Lösung her.

Positive erste Eindrücke

Gern spricht Kania über seine positiven ersten Eindrücke. „Ahrensburg ist städtisch geprägt. Viele Menschen bewegen sich im Zentrum. Die Stadt ist in einem ordentlichen Zustand, es gibt keine gravierenden Leerstände – das sieht in vielen deutschen Mittelstädten anders aus. Außerdem ist Ahrensburg sehr grün, es wird Wert auf die Detailgestaltung gelegt.“ Kanias vorläufiges Fazit: „Ich habe den Eindruck, dass es eine örtliche Identität gibt, dass die Ahrensburger ihre Stadt lieben.“ Irritiert hat ihn der starke Verkehr in der Innenstadt. „Die Zahlen sind durchaus bemerkenswert“, sagt er diplomatisch. Als unglücklich empfindet er auch, wie sich der Rathausplatz präsentiert: „Mit dem Innenstadtkonzept sollten wir bessere Lösungen vorschlagen und eine multifunktionale Nutzung gewährleisten. Autos gehören nicht unbedingt auf diesen Platz. Wir müssen aber auch wissen, wo wir sie stattdessen unterbringen.“

Das Innenstadtkonzept, das durch den städtebaulichen Denkmalschutz finanziert wird, sieht Kania als Glücksfall. „Das ist eine große Chance für Ahrensburg.“ Aber auch für ihn selbst, denn die von Industrie geprägte Mittelstadt Nordenham hatte diese Möglichkeiten nicht – im Gegensatz zu Ahrensburg, das in der Metropolregion wächst und gedeiht. „Es braucht beides in einer Stadt: menschengerechten Städtebau und als Basis dafür eine starke Wirtschaft. Beides zusammen schafft Positives.“

Von Metropolregionen profitieren

Stadtplanung heißt für ihn auch, von anderen zu lernen. Wie lokale Zen­tren von einer Metropolregion profitieren können, hat er in Tokio beobachtet, als er seine dort studierende Tochter, das jüngste von drei Kindern, besuchte. Dort hätten sich lokale Strukturen herausgebildet, die nicht auf Konkurrenz setzten, sondern einander ergänzten.

Auf die Frage nach Baumeistern und Werken, die ihn beeindrucken, nennt der Architekt Kania spontan Le Corbusier. „Weniger wegen der Lösungen als wegen der interessanten theoretischen Überlegungen. „Architekten müssen verstehen, wie eine Gesellschaft sich wandelt und welche Anforderungen die jeweilige Zeit an ihre Arbeit stellt. Heute bräuchten wir eher Flexibilität und Offenheit als unveränderliche Grundrisse“, sagt Kania. Er selbst macht in Ahrensburg gerade sehr direkte Erfahrungen mit dem Zeitgeist der 70er-Jahre. „Mein kleines Apartment ist auf ein Klappbett ausgelegt.“