reinbek. Bei Baumgarten in Reinbek: Bäcker lassen sich regelmäßig prüfen, um Qualität zu sichern und sich von Billigherstellern abzugrenzen.
Möglicherweise war das Wetter schuld: Einigen Brötchen konnte Michel Isensee vom Institut für Qualitätssicherung von Backwaren (IQBack) bei seiner Prüfung in Reinbek kein Zertifikat ausstellen. Dafür aber allen Broten: 70 Prozent der 56 getesteten Laibe erhielten die Bestnote, die restlichen bewertete Isensee als gut.
Aber was war mit den Brötchen los? Liegt das Ergebnis daran, dass Isensee am liebsten „knusprige Brötchen“ isst? Wohl kaum. Zwar testet er die Backwaren nur mittels seiner Sinne – Sehen, Fühlen, Riechen, Schmecken – allerdings legt er dabei bundesweit von allen Prüfern angewandten Bewertungskriterien an. „Es könnte tatsächlich am Wetter liegen“, sagt Michael Baumgarten (49), Bäckermeister aus Reinbek. „Bei hoher Luftfeuchtigkeit müssen Brötchen drei bis vier Minuten länger gebacken werden. Aber auch dann halten sie sich nicht so lange.“ Die Prüfung des IQBack fand in einer von Baumgartens Filialen statt. Isensee prüft immer an solchen öffentlich zugänglichen Orten. „Interessierte sollen die Chance haben, Einblick zu gewinnen“, sagt er.
Der gelernte Bäckermeister, der durch Fortbildungen zum Prüfer wurde, kennt die Tücken des Bäckeralltags. „Fehler, die ich entdecke, sind oft durch die Tagesform bedingt“, sagt Isensee. Viele Bäcker seien unter Zeitdruck, weil sie ihre Filialen beliefern müssten. Sie ließen die Backwaren dann meist nicht noch einige Minuten nach Ende der Backzeit im Ofen, wie er es empfehle.
Betriebe unterziehen sich der Prüfung freiwillig
Michael Isensee stellt den Bäckern einen Bewertungsbogen aus, auf dem er Fehler und Tipps vermerkt. „Das soll ihnen helfen“, sagt er, „Schließlich unterziehen sie sich der Prüfung freiwillig.“
Seit 25 Jahren prüft das IQBack bundesweit selbstbackende Betriebe. Seit 20 Jahren nimmt die Reinbeker Bäckerei Baumgarten an den Tests teil. „Unsere Zertifikate können Kunden inzwischen auch auf unserer Homepage finden,“ sagt Michael Baumgarten. Er möchte sich damit von Discountern abgrenzen, die mit Backmischungen arbeiten. „Bei uns zählt noch die Qualität, die Verwendung regionaler Produkte.“
Das sagt auch Brigitta Hondt (51), deren Bäckerei in Büchen dem Verband der Traditionsbäcker Schleswig-Holstein angehört. „Die Mitglieder unseres Verbandes, die sich dazu verpflichten, nach alten Rezepten zu backen, nehmen alle an der Prüfung teil.“
Seit zwei Jahren werde der Wettbewerbsdruck durch billigere Hersteller, die mit Backmischungen arbeiten, allerdings weniger. „Die Kunden folgen anscheinend unserem Wunsch nach Qualität“, sagt Baumgarten. Allerdings wünsche er sich eine bessere Kooperation der Betriebe untereinander. So nähmen nicht alle Mitglieder der Innung Nord, einer Vertretung der Bäckerhandwerksmeister, an den Tests teil. Das liegt dann aber wohl eher nicht am Wetter.
Der Test: So erkennt man hochwertige Backwaren
Michael Isensee durchschneidet den Brotlaib, riecht daran, drückt ins Brotinnere. Aus einer Scheibe bricht er ein fingerkuppengroßes Brotstück, probiert. Brötchen unterzieht er dem Crashtest: Knuspern sie beim Zusammendrücken?
„Ich möchte verbrauchernah testen“, sagt Isensee. So beanstandet er, dass ein Mohnbrötchen zu salzig sei – „mit Marmelade könnte man es nicht essen“. Schon von außen kann Isensee Rückschlüsse auf das Brötchenaroma ziehen. „Gleichmäßige Bräune ist ein Anzeichen dafür, dass eine umfassende Kruste das Innere frisch hält“, so Isensee. Wenn Brötchen zusammenbacken, ist davon auszugehen, dass sie nicht lange frisch bleiben. Auch die Größe sagt einiges über die Qualität aus.
Vollkornbrötchen werden aufgrund der enthaltenen Schalen nicht so groß und sind relativ schwer - sie sättigen allerdings auch gut. Bei Brötchen aus gemahlenem Korn gilt es, die goldene Mitte zu treffen. Sind sie zu klein, ist der Hefeteig zu lange gezogen. Sind sie zu groß, fehlt Aroma. „Brötchen sind wie Luftballons. Stark aufgeblasen wird die Luftballonfarbe schwächer, schmecken die Brötchen nicht so intensiv“, sagt Bäcker Michael Baumgarten. Von außen sei bei Weizenbrötchen ein wabenförmiges Einreißen der Kruste ein Anzeichen für Qualität.
Gut bestreichen lassen sich Brötchen und Brote mit einer gleichmäßigen Porung. Sie krümeln dann auch nicht so stark. Eine bessere Porung als reine Weizenbrötchen haben solche, denen etwas Dinkelmehl beigemischt wird.
Auch beim Brot entscheidet die Kruste über eine wichtige Eigenschaft von Backwaren: die Haltbarkeit. Ist die Brotrinde zu dünn, trocknet das Brot schnell aus. „Ich bevorzuge insgesamt Feinbrot. Kastenbrot, das Gegenmodell, erfährt hauptsächlich von oben und unten Hitze. Die Kruste ist dadurch seitlich dünner“, sagt Isensee. Einiges bleibt Geschmackssache. So lobt Isensee die von ihm getesteten Laugenstangen – würde sie sich aber knuspriger wünschen. Weiterhin sind aus Sauerteig gebackene Dinkel- oder Roggenbrote, die es in Norddeutschland besonders zahlreich gibt, einigen Verbrauchern zu sauer, weswegen einige Bäcker Sirup beimischen - „das kann auch zu süß werden“, sagt Isensee.
Weist das Brotinnere einen andersfarbigen Fleck auf, solle man Isensee zufolge übrigens nicht erschrecken: „Es bleibt immer mal Fremdteig in der Knetmaschine zurück.“