Bargteheide. Zum ersten Mal sind Menschen in Asien rekrutiert worden, um in Bad Oldesloe und Bargteheide zu Altenpflegern ausgebildet zu werden.

Cap Thi Ngoc strahlt. „Ich mag Senioren und helfe gern“, sagt die 24-Jährige in gebrochenem Deutsch. 10.000 Kilometer liegen zwischen ihrem Zuhause und dem Ort, an dem sie jetzt ihre Ausbildung startet. Die junge Vietnamesin ist eine von sieben Azubis, die in Bad Oldesloe und Bargteheide ab Oktober eine Ausbildung zum Altenpfleger beginnen.

In Deutschland herrscht Pflegenotstand. Seit Jahren kann der Bedarf an Fachpersonal aus eigener Kraft nicht mehr gedeckt werden. Auch in den Stormarner Pflegeeinrichtungen ist dieser Trend deutlich zu spüren. Die Pflegeeinrichtungen Riedel aus Bad Oldesloe und Steinbuck aus Bargteheide wollen deshalb neue Wege gehen und haben sieben jungen Menschen aus Nordvietnam für eine Ausbildung nach Stormarn geholt.

30 Prozent des Pflegepersonals kommt aus dem Ausland

Der Einsatz von ausländischen Fachkräften im Pflegebereich ist nicht neu. „30 Prozent unseres Pflegepersonals kommt aus dem Ausland“, sagt Christiane Kiesel, Mitarbeiterin der Pflegeeinrichtung Steinbuck. Kiesel kümmert sich im Diversity Management um die ausländischen Mitarbeiter, die aus 15 unterschiedlichen Ländern stammen.

Dass junge Menschen aus dem Ausland zur Ausbildung nach Deutschland geholt werden, ist jedoch ein neuer Schritt. Das Projekt „Pflegenachwuchs aus Vietnam“ ist für alle Seiten ein Abenteuer. Cap Thi Ngoc ist froh, dass sie noch sechs weitere Vietnamesen an ihrer Seite hat. Seit acht Wochen leben die 18- bis 24-Jährigen in einer Wohngemeinschaft in Bargteheide zusammen und lernen fleißig die deutsche Sprache. „Fundierte Deutschkenntnisse sind wichtig, denn die Anforderungen in der Ausbildung sind für alle gleich“, sagt Kiesel.

Intensiver Kontakt mit Vietnamesischem Kulturverein

Der Personalmangel macht kreativ. Entstanden ist die Idee durch den intensiven Kontakt mit dem Vietnamesischen Kulturverein Bad Oldesloe. Die Firma Beratung und Vermittlung Nord (B&V) aus Bad Oldesloe hat bei der Organisation geholfen. Die Planungen für das Projekt haben gut zwei Jahre gedauert.

Sie freut sich, Senioren in Stormarn helfen zu können: Auszubildende Cap Thi Ngoc (links) und Van Giang Dang, Vorsitzender des vietnamesischen Kulturvereins Bad Oldesloe
Sie freut sich, Senioren in Stormarn helfen zu können: Auszubildende Cap Thi Ngoc (links) und Van Giang Dang, Vorsitzender des vietnamesischen Kulturvereins Bad Oldesloe © HA | Christina Schlie

Schon in dem asiatischen Land gab es viele Hürden zu meistern. „Das Interesse an dem Projekt ist groß“, sagt Van Giang Dang, Vorsitzender des vietnamesischen Kulturvereins. Einige Teilnehmer haben die zahlreichen Tests jedoch nicht bestanden und durften nicht nach Deutschland ausreisen.

Gute Chancen auf Übernahme

In Vietnam gibt es kein vergleichbares Pflegesystem, eine Ausbildung erfolgt meist in einem Krankenhaus. Klassische Pflegeeinrichtungen sind in dem Land nicht vorhanden, die Menschen werden in ihren Familien alt. Die Ausbildung in Deutschland bietet den jungen Vietnamesen eine große Perspektive. „Uns ist sehr daran gelegen, die Azubis nach ihrer Ausbildung zu übernehmen“, sagt Kiesel.

Ein Projekt, von dem alle Seiten profitieren. Die Menschen werden immer älter, der Bedarf an Pflegekräften wächst kontinuierlich. „Eigentlich müsste jeder dritte Schulabgänger, egal aus welcher Schulform, einen Pflegeberuf erlernen“, sagt Christiane Kiesel. Bis zum Jahr 2020 werden eine halbe Million Menschen in der Pflege benötigt, so die Prognose von Mathias Steinbuck, Geschäftsführer der „stb-care“-Pflegeeinrichtungen. Die hohe Belastbarkeit in diesem Job und niedrige Bezahlung machen es den Pflegeeinrichtungen schwer, Nachwuchs zu finden.

Anhebung des Stundenlohns 2017 geplant

Die Pflegekassen geben den Heimbetreibern den Stundenlohn vor. 2017 soll der Mindestlohn im Bereich Pflege in den alten Bundesländern von 9,75 Euro auf 10,20 Euro angehoben werden. Ein Umdenken sei dringend erforderlich, so Kiesel.

Um den vietnamesischen Schülern den Start zu erleichtern, planen die Ausbildungsbetriebe sogenannte Tandems mit deutschen Azubis sowie zusätzliche Sprachkurse und Reflektionen über das Erlernte. „Die Bewohner der Einrichtungen sind sehr offen gegenüber den fremden Kulturen und freuen sich“, sagt Kiesel. Pflegeeinrichtungen, die über ein ähnliches Projekt nachdenken, können sich an Christiane Kiesel (c.kiesel@stb-care.de) wenden.