Siek. Politiker sprechen sich für Grundstück an einer Sackgasse aus. Kirche schlägt sich auf Seite der Anwohner, die Bau verhindern wollen.

Hupkonzerte, der Lärm an- und abfahrender Autos, ein regelrechtes Verkehrschaos – das, so glauben Anwohner der Sieker Straße Dohm, könnte Alltag werden, wenn die neue Kindertagesstätte direkt an der Sackgasse errichtet wird, an der sie wohnen. Aus diesem Grund wollen die Bürger den Bau auf dem Gelände, auf dem jetzt ein großer Spielplatz ist, verhindern. „Wir sind nicht gegen eine neue Kita“, sagt Peter Frömbling, Sprecher der Interessengemeinschaft Dohm. „Aber bei diesem Standort handelt es sich um eine Fehlplanung.“

Der Neubau ist von der Politik beschlossen worden, weil der derzeitige Kindergarten auf dem Kirchengelände nicht mehr zeitgemäß sei. Spätestens 2017 soll die Kita am neuen Standort bezugsfertig sein. Geschätzte Baukosten: zweieinhalb bis drei Millionen Euro. „Der Standort am Dohm ist am besten“, sagt Sieks Bürgermeister Arnold Trenner. „Das haben uns die Architekten bestätigt.“

Anlieger fürchten pro Tag 200 Verkehrsbewegungen

Die Anwohner sehen das anders. „Es gibt etliche Gründe, die gegen diesen Standort sprechen“, sagt Peter Frömbling. Zum Beispiel sei die zu erwartende Verkehrsbelastung zu hoch für die kleine Sackgasse. „Wir haben Zählungen am jetzigen Kita-Standort gemacht“, so Frömbling. „Im Durchschnitt können wir mit rund 200 Verkehrsbewegungen pro Tag rechnen.“ Am Dohm gebe es aber nur 14 Parkplätze, die Straße sei lediglich 4,7 Meter breit. „Das endet im Verkehrschaos“, sagt Frömbling. „Ich kann mir nicht erklären, warum die Gemeindevertreter das nicht von allein einsehen.“

Auch der Verlust des Spielplatzes spreche gegen den neuen Standort. „Dieser Platz ist für die Bürger ein Treffpunkt und eine Idylle mitten in der Gemeinde“, sagt Frömbling. „Wenn hier eine Kita gebaut wird, würde das bedeuten, dass die Interessen der Kinder ausgetauscht werden.“ Das sei nicht im Sinne der Sieker Familien.

Anwohner schrieben Briefe an Landrat und Politik

Schon seit Oktober vergangenen Jahres ärgere sich Peter Frömbling mit dem Thema herum. Zusammen mit Nachbarn schrieb er Briefe an den Landrat, die Gemeindevertreter und das Amt Siek, schilderte die Situation, listete Argumente auf. Vor einem Monat legten die Anwohner den Gemeindevertretern außerdem einen Katalog mit 40 Fragen vor, die sich rund um die Planungen des Neubaus drehen. Drei Auszüge: „Bleiben die vorhandenen Parkplätze am Dohm so bestehen?“, „müssen Bäume gefällt werden?“ und „woran sind die Verhandlungen mit der Kirche gescheitert?“

Vor allem auf die letzte Frage hätten die Sieker gern eine Antwort. Sie verstehen nicht, wieso die Kita nicht dort neu gebaut wird, wo sie schon seit Jahren steht – auf dem Gelände der Kirche. „Zwischen der Kirche und der Gemeinde hat es bei den Verhandlungen wohl Streit gegeben“, mutmaßt Frömbling. „Wir wünschen uns, dass sich die beiden Parteien vertragen und vernünftige Entscheidungen treffen.“

Pastor Schack möchte Kita auf Kirchengelände behalten

Bürgermeister Arnold Trenner weiß nichts von einem Streit. „Die Kirche hat uns einen Erbpachtvertrag über 35 Jahren angeboten“, sagt er. Das sei für die Gemeinde nicht in Frage gekommen. „Es wäre ja schön doof, eine neue Kita zu bauen, wenn die in 35 Jahren vielleicht wieder weg muss.“

Laut Christian Schack, dem Pastor der Sieker Friedenskirche, stimmt das so nicht. „Wir haben der Gemeinde einen Mustervertrag angeboten, der natürlich noch abwandelbar ist“, sagt er. Von 35 Jahren sei aber nie die Rede gewesen. „Wir haben großes Interesse daran, die Kita bei uns zu halten“, so der Pastor. „Unser Gelände ist größer als das am Dohm, bietet Erweiterungsmöglichkeiten und ausreichend Parkplätze.“ Auf den beliebten Spielplatz müsse dann auch niemand verzichten.

Warum Sieks Vertreter sich trotzdem nach einem neuen Standort umschauen, kann sich Schack nicht erklären. Er sagt zum Abendblatt: „Ich habe das Gefühl, dass die Gemeinde nicht mit offenen Karten spielt.“ Auch die restlichen 39 Punkte des Kataloges bieten laut Frömbling Stoff für Diskussionen. Dass die Gemeinde nach mehr als vier Wochen immer noch nicht auf Fragen reagiert hat, sei für ihn unbegreiflich. Bürgermeister Arnold Trenner sagt dazu: „Wir sind noch immer in der Findungsphase. Es gibt noch nicht einmal einen konkreten Bebauungsplan, also können wir auch noch keine Fragen beantworten.“

Für die Anwohner am Dohm ist das keine Entschuldigung. „Wir sind nicht einmal vertröstet worden, haben überhaupt keine Rückmeldung erhalten“, sagt Regine Haas, die ebenfalls an der Straße wohnt. Frömbling fügt hinzu: „Ich finde es ignorant, uns Wähler so dumm dastehen zu lassen.“

Infoveranstaltungen um Mitstreiter zu finden

Um Mitstreiter gegen den Kita-Neubau zu finden, organisiert Frömbling jetzt Infoveranstaltungen. Die erste gibt es an diesem Sonntag, 19. Juni, um 14 Uhr. Veranstaltungsort ist der Spielplatz, der laut Gemeinde übrigens trotz Neubaus erhalten bleiben soll. „Allerdings in abgespeckter Version“, sagt Trenner. „Unsere Architekten haben gesagt, dass die Fläche das hergibt.“ Ein schwacher Trost für die Standort-Gegner. „Ein kleiner Spielplatz direkt an einer Kindertagesstätte funktioniert nicht“, sagt Pastor Schack. „Das ist eine halbherzige Lösung, die niemandem richtig gerecht wird.“

„Der Standort an der Kirche ist und bleibt ideal für eine Kita“, sagt Frömblings Nachbar Dirk Radtke. „Deswegen müssen die Gemeinde und die Kirche wieder zueinander finden.“ Denn das sei für alle die beste Lösung