Ahrensburg. Die Planungen für den Bau der S4 laufen, doch wie ist der aktuelle Stand? Das Abendblatt beantwortet die wichtigsten Fragen.

Es ist ein großes Ereignis, das schon einige Jahre seinen langen Schatten vorauswirft. Ein Thema, das zwar noch weit weg zu sein scheint, das aber in gar nicht mehr so ferner Zukunft die Ahrensburger nicht nur im Wortsinn bewegen wird. Die Planungen für den Bau der S-Bahn-Linie 4 laufen, in Ahrensburg informierten jetzt Planer der Bahn über den Stand des Projekts (wir berichteten).

Sechs Experten der Bahn und des Nahverkehrsverbunds Schleswig-Holstein (NAH.SH) saßen bereit, um die Fragen der Bürger zu beantworten. Das Wort übernahm aber als Erster S 4-Projektleiter Stephan Albrecht von der DB Netz AG, der in einer fast einstündigen Präsentation den Verlauf des Großprojekts skizzierte und das Publikum über den aktuellen Planungsstand informierte. Das war insofern nützlich, als bei den häppchenweisen Informationen über Untersuchungen, Planänderungen und Einsparmaßnahmen die Öffentlichkeit das große Ganze aus dem Blick zu verlieren drohte.

Wie ist der Stand, wie geht es jetzt weiter? Das Abendblatt beantwortet die wichtigsten Fragen:

Warum soll die S 4 überhaupt gebaut werden?

Stephan Albrecht erinnerte noch einmal daran, dass die Strecke zwischen Hamburg und Bad Oldesloe eine der am meisten befahrenen Pendlerrouten von und nach Hamburg sei. Allein zwischen 2000 und 2010 habe die Zahl der Passagiere um 50 Prozent zugenommen. Als eher globale Ziele des Projekts nannte er die bessere Erschließung der Metropolregion, die Trennung von Güter- und Fernverkehr sowie des schnellen und langsamen Nahverkehrs. Hinzu kommen Ziele, die Bahnkunden unmittelbar ansprechen: Steigerung der „Pünktlichkeitsquote“, mehr Züge bei durchgängigem Taktverkehr (in der Hauptverkehrszeit zwischen Ahrensburg und Hamburg zehnminütig), umsteigefreie Verbindung in die Hamburger Innenstadt sowie die dringend notwendige Entlastung des Hamburger Hauptbahnhofs durch Umverlagerung auf S-Bahn -Verkehre.

Albrechts Vortrag beantwortete einige Fragen, bevor sie gestellt werden konnten – zum Beispiel die nach der schnellsten direkten Verbindung zwischen Hamburg und Ahrensburg: Die Regionalexpress-Züge (RE) zwischen Hamburg und Lübeck mit Halt in Ahrensburg sollen erhalten werden, die Regionalbahnen (RB) dagegen komplett durch die „systemeigene S-Bahn-Linie“ ersetzt werden.

Wie ist der Stand der Planung?

Bei der S 4 geht es laut Albrecht nicht nur um den Hamburger Osten und das dortige Umland, sondern um eine Linie, die von Altona bis nach Bad Oldesloe reicht. Das Projekt ist in zwei Bereiche unterteilt, die sogenannte S 4 (Ost) besteht aus drei „Planfeststellungsabschnitten“ (PFA), von denen der erste von Hasselbrook bis zum Güterbahnhof-Wandsbek am Holstenhofweg (drei Kilometer) reicht, der zweite bis zur Landesgrenze hinter Rahlstedt (neuneinhalb Kilometer) und der dritte bis Ahrensburg-Gartenholz (mehr als acht Kilometer). Danach folgen nur noch punktuelle Baumaßnahmen, weil die bestehenden Anlagen weitergenutzt und sowohl auf die Fortsetzung des dritten Gleises vom Gartenholz bis Bargteheide und auf den Bahnhof Delingsdorf verzichtet wird.

Seit April 2016 läuft bereits die parallele Entwurfsplanung für die PFA II und III, also auch für den Ahrensburger Abschnitt. Bis Mitte nächsten Jahres sollen unter anderem eine Umweltverträglichkeitsstudie, Gutachten zur Hydrogeologie, zum Schallschutz und zu archäologisch wichtigen Arealen (Tunneltal) vorliegen. Auch der zusätzliche Flächenbedarf müsste dann ermittelt sein.

Was sind die nächsten Schritte?

Im Juli 2017 könnte der Planfeststellungsantrag beim Eisenbahn-Bundesamt eingereicht werden. Dann folgt mit dem Anhörungsverfahren ein Prozedere, das den üblichen Baugenehmigungsverfahren ähnelt – mit öffentlicher Auslegung, Einwendungen von Bürgern und Naturschutzverbänden, Stellungnahmen von Trägern öffentlicher Belange, Erwiderungen der Deutschen Bahn, einer Bürgerveranstaltung und Stellungnahme der Anhörungsbehörde. Erst wenn das Eisenbahn-Bundesamt einen Planfeststellungsbeschluss erlässt, besteht Baurecht. Vergleicht man das mit der Terminierung für den ersten Planabschnitt, so ist es nicht ganz abwegig, sechs Jahre bis zum Baubeginn anzunehmen.

Wird der Braune Hirsch mit einem Damm oder von einer Brücke überquert?

Eine der Fragen, die Ahrensburger Bürger geklärt haben wollten, konnte Albrecht nicht beantworten. Klar ist, dass der Bahnübergang Brauner Hirsch an gleicher Stelle durch eine Überquerung ersetzt wird – nicht aber, ob das ein (für das Land Schleswig-Holstein) kostengünstigerer Damm oder eine (von der Stadt Ahrensburg bevorzugte) langgezogene Brücke sein wird.

Wie hoch werden die Schallschutzwände in Ahrensburg?

Erschreckt waren die Bürger über die Aussichten in Sachen Schallschutz, der in einer Stadt, die so zentral vom Bahnverkehr durchschnitten wird, besonders wirksam sein muss – zumal der Güterverkehr mit der festen Fehmarnbelt-Querung deutlich zunehmen wird.

Stephan Albrecht sagte, die Bahn müsse sich an die Grenzwerte der Bundesimmissionsschutzordnung halten (zum Beispiel bei Wohngebieten 57 Dezibel (dB) am Tag und 47 dB nachts). In Ahrensburg würde man deshalb wohl abschnittweise die Schallschutzwände mit der maximalen Höhe von sechs Meter verwenden, kombiniert mit besonders intensiver Gleisüberwachung und häufigem Schienenschleifen sowie eventuell Schienenstegdämpfern und Radschmieranlagen. Insbesondere die Aussicht auf sechs Meter hohe Schutzwände entsetzte einige Bürger. Über den verständlichen Wunsch nach Sichtachsen durch transparente Wände oder Unterbrechungen konnten die Experten zu diesem frühen Zeitpunkt nur sagen, dass hierfür die Abstimmung mit direkten Anwohnern nötig sei.

Welche Baumaßnahmen und welche Einschränkungen sind zu erwarten?

Neu gebaut wird die Station Ahrensburg-West. In der Station Ahrensburg sind Umbauten erforderlich. Der Mittelbahnsteig zwischen Gleis 1 und 2 wird auf 96 Zentimeter angehoben. Im Gartenholz werden die bestehenden Bahnsteige abgerissen und durch einen neuen Mittelbahnsteig ersetzt. Außerdem wird die sogenannte Bestandsstrecke in Abschnitten versetzt und ein drittes Gleis gebaut. Das alles werde nicht ohne Einschränkungen und Sperrpausen gehen, sagte Albrecht. Außerdem muss es diverse Neubauten (oder zumindest Anpassungen) von Straßen- und Eisenbahnbrücken (Ostring) sowie Fußgängerquerungen (Moorwanderweg) geben.

Wann verkehrt die S4 in Ahrensburg – und was kostet das Großprojekt?

Zurzeit werden die Kosten des gesamten Projekts auf 919 Millionen Euro geschätzt. Die Frage nach dem Start der S 4 mochte Stephan Albrecht nicht beantworten. „Das wäre wie ein Blick in die Glaskugel“, sagte er. Klar ist, dass der geplatzte Hamburger Olympia-Traum das Projekt von dem Druck befreit hat, den ersten Bauabschnitt-Ost schon 2024 zu vollenden. Für Stormarn erscheint Ende der 2020er-Jahre ein realistisches Ziel.