Ammersbek. Familie des an der Hoisbütteler Mühle gestorbenen Motorradfahrers will weiteren Unfällen vorbeugen. Bürgermeister möchte dabei helfen.
„Wir wollen andere Menschen vor dem Schmerz bewahren, den wir erleiden müssen.“ Jasmin Schimmel, die Lebenspartnerin des Ende April an der Hoisbütteler Mühle tödlich verunglückten Motorradfahrers, kann ihre Tränen bei diesem Satz nicht mehr unterdrücken. Sie kommt mit Gabriela und Christina Eckhardt, Mutter und Schwester des Opfers, regelmäßig zur Unfallstelle.
Jasmin Schimmel legt frische Blumen auf die Verkehrsinsel, an der ihr Partner mit nur 35 Jahren auf so tragische Weise gestorben ist, zündet Kerzen für ihn an. Die drei Frauen sind sich einig: Die Einmündung, an der die aus Ahrensburg kommende Landesstraße 225 auf die Lübecker Straße trifft, muss schnellstens entschärft und umgebaut werden.
„Es ist doch nur eine Frage der Zeit, wann hier wieder etwas Schlimmes passiert“, sagt Christina Eckhardt. Mit ihrem eineinhalb Jahre alten Sohn Leevi auf dem Arm blickt sie auf die Straßen: Immer wieder stauen sich vor den Stoppschildern Autos, die links auf die Hauptstraße nach Hamburg einbiegen wollen. Dort ist Tempo 70 erlaubt. Immer wieder kommt es zu unübersichtlichen Situationen. „Ob Ampel oder Kreisverkehr: Hier sollte möglichst schnell etwas verändert werden“, sagt Christina Eckhardt. Kurzfristig könne man Plakate aufstellen, ähnlich wie die „Runter vom Gas“-Aktion an Autobahnen.
Motorradfahrer stürzte bei seiner Vollbremsung
Ihr Bruder Benjamin war am Mittwoch, 27. April, gegen 7.50 Uhr mit seiner Honda XBR 500 auf dem Weg zu seiner Arbeit bei Getriebebau Nord in Bargteheide. Laut Polizei nimmt eine 60 Jahre alte BMW-Fahrerin dem technischen Produktdesigner an der Einmündung die Vorfahrt. Die Frau bemerkt ihren Fehler und hält an. Doch Benjamin Eckhardt stürzt bei seiner Vollbremsung, zieht sich beim Zusammenprall tödliche Verletzungen zu.
„Ich hatte ihm Frühstück gemacht und gesagt, dass er gut auf sich aufpassen solle“, erzählt Jasmin Schimmel. Einige Stunden später steht das Kriseninterventionsteam des Rettungsdienstes in ihrer Firma und überbringt ihr die Todesnachricht. „Ich konnte das nicht glauben, bis ich Benjamin sehen durfte“, sagt sie. Den Aufenthaltsraum, in dem sie das Gespräch führte, kann sie seitdem nicht mehr betreten.
Ampel und Kreisverkehr wurden wegen Kosten abgelehnt
„Plötzlich bricht die Welt zusammen“, erinnert sich Gabriele Eckhardt an den Tag, an dem sie ihren Sohn verlor. Der 35-Jährige sei ein ruhiger Mensch und rücksichtsvoller Motorradfahrer gewesen. „Er wusste um die Gefahren und hat immer mit den Fehlern anderer gerechnet“, sagt die Mutter. Zudem kannte er die Strecke gut, schließlich war sie sein täglicher Arbeitsweg. „Er stand auch nicht unter Zeitdruck“, sagt seine Schwester Christina, „denn er hatte Gleitzeit.“
In den Tagen danach erfahren die Angehörigen, dass es in diesem Jahr bereits der fünfte Unfall an der Stelle war. Viermal war das Missachten der Vorfahrt der Auslöser. Als dort am 10. Mai erneut ein Motorradfahrer im morgendlichen Berufsverkehr mit einem Auto zusammenstößt, steht für die Hinterbliebenen von Benjamin Eckhardt fest: Sie müssen handeln.
„Die Unfallumstände waren ja fast gleich, sogar bis zur Uhrzeit“, sagt Christina Eckhardt. Glücklicherweise geht die Kollision glimpflich aus: Der 34 Jahre alte Kradfahrer aus Hamburg verletzt sich nur leicht.
Kommunalpolitiker beraten über Sofortmaßnahmen
„Es macht einen wütend, dass nichts unternommen wird“, sagt Gabriela Eckhardt. Tatsächlich kracht es an der T-Kreuzung seit Jahrzehnten regelmäßig. In den 1980er-Jahren war dort eine Ahrensburgerin nach dem Zusammenstoß zweier Autos gestorben. 2006 ließ der Landesbetrieb für Straßenbau und Verkehr (LBV) in Lübeck eine Verkehrsinsel errichten, die Rechtsabbiegerspur nach Ahrensburg wurde gestrichen. Das war deutlich günstiger als zum Beispiel ein Kreisverkehr.
Deutlich sicherer ist die Strecke offenbar nicht geworden. Das sieht auch Ammersbeks Bürgermeister Horst Ansén so. „Ich unterstütze die Forderungen der Angehörigen voll und ganz“, sagt er. Über „Sofortmaßnahmen“ beraten die Gemeindevertreter kommende Woche (siehe unten). „Außerdem wollen wir deutlich machen, dass nicht nur aus Verwaltungssicht etwas geschehen muss, sondern aus Sicht aller Fraktionen.“ Auch Fußgänger und Radfahrer klagen darüber, wie gefährlich es ist, die Fahrbahnen zu überqueren.
Letzte Wort über Umbauten hat der LBV
Ob und wann sich etwas tut, hängt vor allem von der Einschätzung der zuständigen Behörden ab. „Es wird in absehbarer Zeit einen Ortstermin geben“, sagt Polizeisprecher Holger Meier. Zunächst müsse man den Bericht des Sachverständigen abwarten: Für dessen Untersuchungen war die Lübecker Straße nach dem Unfall Ende April stundenlang gesperrt worden. Kommende Woche könne das Ergebnis vorliegen. Das letzte Wort über eventuelle Umbauten hat dann der LBV, der für die Landesstraße zuständig ist. Die Zeit wäre günstig: Vom 25. Juli bis 2. September ist die Straße für eine Grundsanierung ohnehin gesperrt.
„Wichtig ist, dass schnell etwas geschieht“, sagt Christina Eckhardt. Dabei sieht sie ihren kleinen Sohn Leevi an. Der muss ohne seinen Onkel Benjamin aufwachsen, wird ihm aber immer verbunden sein: Beide wurden am 9. Dezember geboren.
Die Ammersbeker Gemeindevertreter befassen sich am Dienstag, 24. Mai, mit den Unfällen an der Hoisbütteler Mühle. Sie wollen erörtern, ob und wie die gefährliche Einmündung entschärft werden kann.
Die öffentliche Sitzung beginnt um 19.30 Uhr im Saal des Dorfgemeinschaftshauses (Am Gutshof 1). Ein weiteres Thema ist die Hundesteuer. Die FDP beantragt, den gerade von 75 auf 120 Euro erhöhten Jahressatz auf 90 Euro zurückzuschrauben. Hundehalter hatten rund 320 Protestunterschriften gesammelt.