Ammersbek. Fünf Unfälle in diesem Jahr an Ammersbeker Einmündung der L 225. Einer endete vergangene Woche tödlich. Polizei sieht Schwerpunkt.

Es ist Mittwochmorgen, gegen 7.50 Uhr, vor genau einer Woche: Eine 60 Jahre alte Frau nimmt in Ammersbek einem Motorradfahrer an der Einmündung Hoisbütteler Mühle die Vorfahrt – dort, wo die Landesstraße 225 von Ahrensburg kommend auf die Lübecker Straße zwischen Bargteheide und Hamburg trifft. Zwar bemerkt sie das anfahrende Kraftrad noch und bleibt stehen. Doch da ist es schon zu spät: Der 35 Jahre alte Mann versucht zu bremsen. Er stürzt dabei schwer und stirbt noch am Unfallort.

Es ist der wohl tragischste, aber längst nicht der einzige Unfall an dieser Ecke: Fünfmal hat es hier seit Jahresbeginn gekracht, viermal davon wegen missachteter Vorfahrt. Bei der Polizei gilt die Einmündung daher für das Jahr 2016 bereits als Unfallschwerpunkt.

Bürgermeister sieht „Handlungsbedarf“

Ammersbeks Bürgermeister Horst Ansén sieht „Handlungsbedarf“, ebenso wie viele Anwohner und Autofahrer, die täglich hier vorbeifahren. Eine Mitarbeiterin der direkt an der Einmündung liegenden Bäckerei sagt: „Die Kunden reden häufig darüber, wie gefährlich diese Straße ist.“ Ihre Kollegin erinnert sich noch an den tragischen Mittwochmorgen. „Du stehst hier und verkaufst deine Brötchen“, sagt sie, „und 500 Meter weiter kämpft jemand um sein Leben.“ Der Motorradunfall sei immer noch Gesprächsthema in der Backstube.

© HA | Sebastian Knorr

Annemarie Kläge, die seit Mitte April als Verkäuferin in der Spargelbude mit direktem Blick auf die Kreuzung arbeitet, war am Unfalltag zu Hause. Sie weiß allerdings von einem weiteren Unfall zu berichten: „Ein VW-Bus bog gerade auf die Lübecker Straße als aus Richtung Hoisdorf eine ältere Dame kam“, erinnert sich Kläge, der Bulli-Fahrer habe die Geschwindigkeit des herannahenden Autos wohl falsch eingeschätzt, dann sei es zum zusammenstoß gekommen. Keine zwei Wochen sei das her. „Es ist eine ziemlich gefährliche Strecke“, sagt Annemarie Kläge, „auch der Übergang für Fußgänger und Fahrradfahrer ist ein Witz.“ Hier bräuchte es eine Ampel, so die 63 Jahre alte Ammersbekerin. Ein Vorschlag, den auch die Mitarbeiterinnen der Bäckerei immer wieder hören. Denn das Problem ist: Gerade morgens im Berufsverkehr stauen sich die Autos, die von Ahrensburg kommen und links nach Hamburg abbiegen wollen. Für die Einfädelung auf die Lübecker Straße bleibt wenig Zeit.

2006 wurde an der Stelle eine Verkehrsinsel angelegt

Die Möglichkeit einer Ampel und auch eines Kreisverkehrs wurde bereits vor zehn Jahren diskutiert und schließlich verworfen. Auch damals war die Kreuzung mehrere Jahre lang Unfallschwerpunkt. Der für die Kreuzung verantwortliche Landesbetrieb für Straßenbau in Lübeck reagiert darauf mit einer Änderung der Straßenführung: Eine Verkehrsinsel auf der Landesstraße 225 sowie der Wegfall einer Rechtsabbiegerspur auf der Lübecker Straße Richtung Bünningstedt sollte die Situation entspannen.

Wer Richtung Hoisbüttel fährt müsse von jetzt an stärker abbremsen, weil er die Kurve nur im rechten Winkel nehmen kann, hieß es damals aus Lübeck. Außerdem wurde damit verhindert, dass die nachfolgenden Autos die Abbiegenden überholen. Fahrer die aus Bünningstedt kommen, haben so mehr Gelegenheiten in die Hauptstraße einzubiegen. Das damals entscheidende Argument gegen Kreisverkehr und Ampelanlage: Die relativ geringfügige Änderung der Straßenführung war weitaus günstiger als ein Kreisel, der rund 250.000 Euro hätte kosten sollen, und eine immerhin noch halb so teure Ampel. „Die Insel war die richtige Maßnahme“, sagt Bürgermeister Horst Ansén. „Wenn sie allerdings nicht ausreicht, um Sicherheit zu gewährleisten, dann muss etwas geschehen.“

„Ob etwas gebaut wird, ist von vielen Faktoren abhängig“

Jens Sommerburg, Leiter des Landesbetriebs Straßenbau und Verkehr, sagt: „Wir schauen uns die Knotenpunkte regelmäßig an.“ In solche Ortstermine fließe dann auch die Expertise von Polizei und Verkehrsaufsicht mit ein: „Ob etwas gebaut wird, ist von vielen Faktoren abhängig.“

Im Fall der Ammersbeker Einmündung heißt es zunächst also abwarten. Sommerburg: „Erst muss die Polizei die Daten auswerten, gegebenenfalls trifft sich dann eine Kommission, die dann über Maßnahmen entscheidet.“

Bei aller Unsicherheit, was tatsächlich an der Einmündung geändert werden könnte – nach einem sinnvollen Termin für eine Baustelle müssten die Verantwortlichen nicht lange suchen: Vom 25. Juli bis zum 2. September ist die Lübecker Straße von der Einmündung an bis Bargteheide gesperrt, weil die Fahrbahn erneuert werden muss.

Wie wird ein Verkehrsknoten zum Unfallschwerpunkt

Unfallschwerpunkt werden solche Verkehrsknotenpunkte genannt, an denen innerhalb eines Jahres entweder mindestens drei Unfälle gleichen Typs – wie jetzt an der Einmündung in Ammersbek –, sechs verschiedene Unfälle oder zwei Unfälle, die schwere Verletzungen zur Folge hatten, registriert werden.

Die Ammersbeker Einmündung war bereits 1999 bis 2003 Unfallschwerpunkt, danach ist die Zahl der Unfälle zurückgegangen.

Nachdem im Jahr 2006 die Verkehrsinsel angelegt wurde, tauchte die Einmündung dann erst 2014 und jetzt 2016 wieder als Schwerpunkt in der Statistik auf.