Reinfeld. Reinfelderin Susanne Braun-Speck hat die erste Datenbank dieser Art in Stormarn entwickelt. Arbeitsagentur ist nicht begeistert, Unternehmen schon
Viele Stormarner unterstützen die Flüchtlingsarbeit ehrenamtlich. Diese Hilfe kann sehr unterschiedlich sein. Der eine wird Flüchtlingspate oder gibt Deutschunterricht, der andere spendet Möbel oder Kleidung. Auch die Reinfelderin Susanne Braun-Speck möchte sich für die Integration von Flüchtlingen einsetzen. Ihre Idee: eine erste Online-Praktikumsbörse für Flüchtlinge in Stormarn schaffen. Dieses Vorhaben finden viele Unternehmen großartig. Doch die Agentur für Arbeit in Bad Oldesloe ist davon wenig begeistert.
Wenn sich Susanne Braun-Speck nicht gerade Gedanken über die neue Internetplattform für Flüchtlinge macht, arbeitet sie als Geschäftsführerin einer Vermittlungsagentur von IT-Fachleuten. Deswegen kommt es nicht von ungefähr, dass die 47-Jährige die Idee mit der ersten Praktikumsbörse hatte. Sie sagt: „Ich möchte mit dem helfen, was ich am besten kann.“ Dazu gehöre eben auch die Gestaltung von Webauftritten. Deswegen entwickelte sie die Internetseite www.work-in-g.de. Aufgeschlüsselt heißt dies: Work in Germany. Braun-Speck sagt: „Flüchtlinge können hier nach Praktikumsplätzen in Stormarn und Umgebung suchen. Arbeitgeber können freie Stellen veröffentlichen.“
Die Onlinebörse funktioniert wie die marktüblichen Job-Portale
Die Funktionsweise ist simpel. Die Reinfelderin sagt: „Durch vorgegebene Auswahlkriterien fällt die Bedienung hoffentlich auch auf Smartphones leicht.“ Das heißt: Flüchtlinge können zum Beispiel Berufsfeld und Ort per Klick auswählen, anstatt es eintippen zu müssen. Wer einen Lebenslauf hat, kann den hochladen – in Sekundenschnelle. Ferner ist das Portal in fünf Sprachen übersetzbar: Deutsch, Englisch, Arabisch, Farsi sowie Französisch.
Die Nutzer von work-in-g.de sind auf der einen Seite die Arbeitgeber, Kommunen und Vereine als Anbieter. Auf der anderen Seite sind es die Flüchtlinge mit Bleibeperspektive als Suchende. Braun-Speck sagt: „Wir möchten Hilfe zur Selbsthilfe leisten.“ Es sei ein Schritt zur Integration von Asylbewerbern, die momentan nur geduldet werden. Sie sollen dadurch die Gelegenheit erhalten, das Arbeitsleben kennenzulernen. Braun-Speck: „Das Jobcenter kümmert sich um Flüchtlinge, die als asylberechtigt anerkannt oder mehr als 18 Monate in Deutschland geduldet wurden.“ Ihr Portal steht allen offen, die mindestens vier Monate in Deutschland sind. Die private Praktikumsbörse hat aus Sicht der Arbeitsvermittlerin zwei Vorteile. Sie sagt: „Die Flüchtlinge können die deutsche Sprache in der praktischen Anwendung lernen.“ Zudem könne auf Sicht dem Fachkräftemangel entgegengesteuert werden.
Der operative Geschäftsführer der Agentur für Arbeit in Bad Oldesloe, Klaus Faust, hält von der privaten Praktikumsbörse nicht allzu viel. Faust sagt: „Ehrenamtliches Engagement ist bei der Begleitung und Integration zu uns geflüchteter Menschen unentbehrlich und kann gar nicht genug gewürdigt werden.“ Allerdings sei die berufliche Beratung, Vermittlung in Arbeit, Ausbildung und Praktika sowie finanzielle Förderung der beruflichen Eingliederung weiter Aufgabe der Agenturen für Arbeit und der Jobcenter. Deren Jobbörse biete für Unternehmen eine gute Plattform, ihre Stellen- und Ausbildungsangebote sowie Praktikastellen zu veröffentlichen.
Bei Work-in-g.de ist es für die Flüchtlinge vorteilhaft, dass das Portal ohne Bürokratie und ohne seitenlange Formulare auskommt. Job-Suchende gehen darüber auch keine Verpflichtungen ein. Anders ist das laut Braun-Speck beim Arbeitsamt. „Wer sich dort arbeitssuchend meldet, der geht auch die Verpflichtung ein, sich umfangreich zu bewerben.“ Wie solle das gehen, ohne Deutschkenntnisse, fragt sich die 47-Jährige.
Stormarner Firmen möchten freie Stellen online ausschreiben
Stormarner Unternehmen scheinen hingegen Gefallen an der Onlinebörse gefunden zu haben. So sagt der Geschäftsführer von In-Line Software in Reinfeld, Karsten Liese: „Ich kann mir vorstellen, dass wir Einträge machen und darüber Praktikanten suchen.“ Die Firma könne sich die Zusammenarbeit mit Flüchtlingen gut vorstellen. „Eine schriftliche Bewerbung auf Englisch muss aber trotzdem noch eingereicht werden“, sagt Liese.
Auch die Diversity-Managerin der Pflegeeinrichtung Steinbuck in Bargteheide äußert sich positiv zu der Idee. „Wir würden auf jeden Fall mitmachen.“ Sie stehe zwar in engen Kontakt zur Agentur für Arbeit in Bad Oldesloe, aber ihr dauere es manchmal zu lange, bis Genehmigungen für die Flüchtlinge durchgehen. Außerdem habe der Arbeitgeber etwas davon, sein Angebot an zwei Stellen aufgeben zu können.
Die Entwicklerin des Flüchtlingsportals, Susanne Braun-Speck, sagt: „Die Agentur für Arbeit ist für Genehmigungen und Förderprogramme der richtige Partner.“ Sie aber möchte besonders den Flüchtlingen helfen, die ihren ersten Deutschkursus hinter sich haben und sich nun selbst aktiv auf die Suche nach Möglichkeiten machen möchten.
Auf der Suche nach einer Praktikumsstelle oder einer Arbeit ist momentan die Irakerin Haneen Abdullah. Seit Dezember lebt die 28-Jährige in Klein Hansdorf. Sie sagt: „Ende April ist mein Deutschkursus zu Ende.“ Dann möchte sie ihre Zeit bis zum Integrationskursus sinnvoll nutzen, um die deutsche Sprache besser zu lernen. „Das geht am besten, wenn ich arbeite und Deutsch reden muss“, sagt sie.
Im Irak hat Abdullah eine kaufmännische Ausbildung gemacht. In Deutschland möchte sie lieber als Polizistin arbeiten. Deswegen suche sie ein Praktikum bei der Polizei oder bei einem Sicherheitsdienst. „Ich werde mir die neue Onlinebörse anschauen, vielleicht finde ich dort ein passendes Angebot“, sagt sie hoffnungsvoll.
Weitere Informationen unter www.work-in-g.de oder unter Telefon 0172/433 22 77.