Bad Oldesloe. Noch immer vermüllen Kunststofftüten die Umwelt. Nun schließen sich Geschäfte einer Initiative des Handelsverbandes Deutschland an.

Sie ist im Schnitt nu 25 Minuten in Benutzung, wandert danach in den Müll, oder verschandelt die Umwelt. Dennoch nutzt jeder Bundesbürger Jahr für Jahr durchschnittlich 76 Stück davon. Bislang hat der Einzelhandel wenig Anstrengungen unternommen, die Plastikflut an den Ladentheken einzudämmen. Nun hat Handelsverband Deutschland (HDE) den Plastiktüten den Kampf angesagt, will seine Mitglieder zum Umdenken bewegen will. Teile des Stormarner Handels ziehen bereits mit.

Einige Einzelhändler bieten schon länger Alternativen zur Plastiktüte an, setzen auf Papier oder Jutebeutel. „Der Lebensmittelhandel in Deutschland hat bereits vor Jahrzehnten mit einer Selbstverpflichtung, Tragetaschen kostenpflichtig an den Endverbraucher abzugeben, ein Zeichen gesetzt“, sagt HDE-Geschäftsführer Kai Falk. Viele Händler böten darüber hinaus den Kunden Alternativen zur Kunststofftüte an, zum Beispiel Tragetaschen aus Baumwolle oder Kunststoff-Fasergewirk. Kai Falk sagt: „Die Vermüllung der Landschaft und der Meere durch Tüten stoppen wir am effektivsten mit funktionierenden Recycling- und Verwertungsstrukturen. Deutschland kann hier europaweit ein gutes Vorbild sein.“

Bei Lehmanns Bioladen gibt es keine Einkaufstüten aus Kunststoff mehr

In vielen Städten und Gemeinden Stormarns tragen die meisten Kunden ihre Einkäufe aber immer noch in Plastiktüten nach Hause. Dabei mangelt es nicht an umweltfreundlichen Alternativen. Doch Papiertüte, Jutebeutel und der klassische Korb fristen eher ein Nischendasein. Nicht so bei Lehmanns Bioladen in Bad Oldesloe. Hier gibt es seit etwa zwei Jahren keine Einkaufstüten aus Kunststoff mehr. „Wir wollen unseren Kunden nichts vorschreiben, aber einen Denkanstoß geben“, sagt Inhaberin Myriam Klahn zum Abendblatt. Hier sind nur noch Papiertüten erhältlich. Doch der Renner sind die Leih-Jutebeutel. „Unsere Kunden haben viele Leinenbeutel zu Hause“, sagt Myriam Klahn. „Die können sie bei uns abliefern und wir geben sie weiter.“ Das Konzept funktioniere seit zwei Jahren ohne Probleme.

Eine Anti-Plastiktüten-Bewegung gibt es in Bad Oldesloe jedoch nicht. In vielen Geschäften gibt es noch immer kostenlose Kunststoffbeutel, wie etwa im Kaufhaus Rohde. „Das ist natürlich ein Thema, das auch uns beschäftigt“, sagt Filialleiter Marco Schmidt. „Seit der Aktion „Einkaufen in Bad Oldesloe“ haben wir auch Papiertüten im Angebot“, sagt Schmidt, das sei für ihn eine Art Testlauf. Doch es habe auch schon Beschwerden über die Tüten gegeben: Bei Regen sei die Leistungsfähigkeit des Plastik-Ersatzes schnell erreicht.

Verschiedene Drogeriemärkte haben kostenlose Plastiktüten abgeschafft

Nicole Brandstetter vom Verein Wir für Oldesloe sagt: „Bei der Imagekampagne haben wir bewusst auf Papiertüten gesetzt, obwohl in der Werbebranche immer noch die Meinung weit verbreitet ist, dass Werbung auf Kunststofftüten wirksamer ist.“ Noch beschäftige sich der Verein nur am Rande mit dem Thema. „Zweifellos wird die Müllvermeidung den Einzelhandel künftig weiter beschäftigen.“

Myriam Klahn, Inhaberin von
Myriam Klahn, Inhaberin von © Finn Fischer | Finn Fischer

Einige Geschäfte haben die kostenlose Plastiktüte bereits abgeschafft, wie etwa in den Drogeriemärkten Rossmann und dm. „2015 haben wir uns dazu entschieden, in einigen Märkten testweise auf kostenlose Plastiktüten zu verzichten“, sagt Erich Harsch, Vorsitzender der dm-Geschäftsführung. „Unsere Kunden haben das überwiegend positiv aufgenommen. Deshalb ist es für uns folgerichtig, die Initiative des Handelsverbandes mitzutragen und kostenlose Plastiktüten in allen Märkten abzuschaffen“.

Die Taschen sind bei den Veranstaltungen der Verbrauchergemeinschaft erhältlich

Bei Tchibo müssen Kunden bereits 20 Cent berappen. „In diesem Frühjahr führen wir zusätzlich eine faltbare Mehrwegtragetasche ein, die auch bei Gelegenheitskäufen praktisch mitgenommen werden kann“, sagt Stefan Dierks, Leiter Produkte und Strategien im Bereich Unternehmensverantwortung. Sigrun Stolle, Vorsitzende der Verbrauchergemeinschaft Stormarn, kauft seit Jahren mit einem Leinenbeutel ein. Vor kurzem hat der Verein einen eigenen Jutebeutel entworfen, den Plastikvermeider. „Wir wollen die Verbraucher damit auf dieses wichtige Thema aufmerksam machen“, sagt Sigrun Stolle. Es sei nur ein kleiner Beitrag, aber man müsse klein anfangen. „Mit dem Plastikvermeider wollen wir für ein umweltbewusstes Einkaufen werben“, sagt Stolle. Die Taschen sind in Zukunft bei den Veranstaltungen der Verbrauchergemeinschaft erhältlich.

Wie konkret die Gefahr ist, die von Plastikmüll ausgeht, zeigen Zahlen des Umweltbundesamtes. Drei Viertel des Mülls im Meer bestehen aus Kunststoffen, deren Abbau Jahrhunderte benötigt. Durchschnittlich 13.000 Plastikmüllpartikel treiben mittlerweile auf jedem Quadratkilometer Meeresoberfläche. Für 136 Arten von Meereslebewesen ist bekannt, dass sie sich regelmäßig in Müllteilen verheddern und strangulieren. 43 Prozent aller Wal- und Delfinarten, alle Arten von Meeresschildkröten sowie 36 Prozent der Seevögel und viele Fischarten verschlucken hin und wieder Plastikmüll. Langfristig, so fürchten die Fachleute, könne das ein Massensterben in den Ozeanen verursachen.