Ahrensburg. Großhansdorfer Mütter laden Rechtsanwältin Gesa Stückmann mit ihrem Online-Vortrag „Kinder und Internet“ ins Emil-von-Behring-Gymnasium ein
Als die Rostocker Rechtsanwältin Gesa Stückmann 2007 erstmals die Opfer in einem Fall von Cyber-Mobbing unter Jugendlichen vertrat, ahnte sie nicht, dass das juristische Neuland schon bald zu ihrem größten Aufgabengebiet werden würde. „Das entwickelte sich peu à peu, durch Mundpropaganda“, sagt sie. Und das so nachhaltig, dass sie als Spezialistin 2009 vom Innenministerium in Mecklenburg-Vorpommern gebeten wurde, an Schulen über die Gefahren des Internets für junge Menschen zu sprechen. „Bis 2013 habe ich dann 600 Vorträge vor Schülern und Eltern gehalten. Das war mir aber zu aufwendig, weil ich viel unterwegs sein musste.“
Die Lösung brachte sinnigerweise der Online-Fortschritt. Gesa Stückmann entdeckte die Form eines Webinars, also des Vortrags im Netz: Sie sitzt in ihrem Büro, ihr Vortrag wird online per Webcam an verschiedene Orte gesendet und die Zuhörer, inzwischen in ganz Deutschland, können sogar Zwischenfragen stellen. „Das Webinar ist eine unschlagbare Form der Verbreitung: technisch unkompliziert, finanzierbar, interaktiv, und ich kann zeitgleich an mehreren Orten sprechen“, sagt sie. Allein 2015 hat sie mit ihrem Vortrag „Kinder & Internet“ schätzungsweise 10.000 Zuhörer erreicht.
Die Qualität ihres Webinars hat sich auch in Stormarn herumgesprochen. Nächste Station ist Großhansdorf, wo sich am heutigen Donnerstag um 18.45 Uhr Eltern in der Mensa des Emil-von-Behring-Gymnasiums versammeln, weil sie sich Aufklärung über ein Thema erhoffen, das sie beunruhigt – auch deshalb, weil sie selbst sich oft weniger gut auskennen als ihre Kinder. „Die können besser damit umgehen als wir, aber sie können die Konsequenzen ihres Handelns im Netz weniger gut einschätzen“, sagt Svenja Schult, Elternbeirätin an der Grundschule Wöhrendamm. Auch sie hatte durch Mundpropaganda von Gesa Stückmann und ihrem Online-Vortrag erfahren, eine Veranstaltung in Hoisbüttel besucht und mit Mirjam Raeder, Schulbeirätin an der Grundschule Schmalenbeck, verabredet, das Webinar so schnell wie möglich nach Großhansdorf zu holen.
Zielgruppe sind Eltern der Kinder, die zurzeit als besonders gefährdet gelten: Grundschüler an der Schwelle zum Übergang auf eine weiterführende Schule. „Wir laden vor allem die Eltern von acht- bis zwölf Jahre alten Kindern ein“, sagt Raeder. Die Kinder der Klassen drei bis sechs gelten als Risikogruppe, weil nicht wenige schon über eigene Smartphones verfügen, die ihnen Möglichkeiten eröffnen, deren Gefahren sie selbst noch nicht einschätzen können.
Svenja Schult erzählt von ihrer älteren Tochter, die ein Smartphone bekam, das für mehr Sicherheit auf dem Schulweg sorgen sollte. „Meine Tochter war rasch in einer WhatsApp-Gruppe. Die Masse an Mitteilungen, die kam, hat mich total überrascht.“ Noch unangenehmer war das Thema eines Elternabends: Unter den Kindern kursierte ein populäres Video, das zeigt, wie ein Hund von einem Auto überrollt wird. „Mit unserer Einladung wollen wir Eltern dafür sensibilisieren, auf Gefahren für ihre Kinder im Internet zu achten. Und wir erwarten Tipps zur Vorbeugung“, sagt Mirjam Raeder.
Rechtsanwältin Gesa Stückmann wird etwa 90 Minuten lang über Themen wie das Recht am eigenen Bild und Cyber-Mobbing unter Jugendlichen sprechen und die Gefahren durch Beispiele aus ihrer Praxis veranschaulichen. So wie in ihrem ersten Fall, als zwei Schülerinnen Mobbing-Opfer waren: „In geschlossenen StudiVZ-Gruppen wurde menschenverachtend gegen sie gehetzt, und es kursierten bösartig bearbeitete Fotos von ihnen“, erzählt Stückmann. Die Eltern der Opfer hätten damals richtig reagiert, indem sie Beweismittel im Netz sicherten und sich juristischen Beistand suchten.
„Es ist erschreckend zu sehen, wie Kinder unter solchen Attacken leiden, wenn sie wie ein Häufchen Elend weinend vor einem sitzen“, sagt die Anwältin. Es gebe rechtliche Handhabe gegen die Täter, Abmahnungen und Unterlassungserklärungen wegen Verletzung der Persönlichkeitsrechte und sogar Strafanzeigen wegen Verleumdung, Stalking oder Körperverletzung.
Gesa Stückmann: „Mir geht es in den Webinaren mehr darum, durch Aufklärung Prävention zu betreiben, damit es gar nicht erst zum Rechtsstreit kommen muss. Es liegt mir fern, Internet und Handy zu verteufeln und den Kindern den Umgang damit zu verbieten. Aber sie sollten für die Gefahren sensibilisiert sein und lernen, verantwortungsvoll damit umzugehen.“
„Kinder & Internet“, Do, 18. Februar, 18.45 Uhr, Emil-von-Behring-Gymnasium, Sieker Landstraße 203a. Eintritt frei, Spenden sind willkommen.Links zu weiteren Informationen und Beratung:www.law4school.de (Gesa Stückmann)www.internet-abc.dewww.erziehung-zur-medienkompetenz.de