Ahrensburg. Neues Forschungsprojekt der Hermann-Jülich-Werkgemeinschaft beschäftigt sich mit dem Thema „Persönliche Zukunftsplanung“.
Das Klappern von Töpfen und Geschirr dringt aus der Küche. Der Duft von frischen Kräutern durchzieht den Raum. Es ist Mittagszeit im Robben Café auf dem Gelände des Vereins Wilde Rosen im Ahrensburger Ortsteil Wulfsdorf. Hauke ist damit beschäftigt, Petersilie und Schnittlauch für die Sauce zu schneiden. Auch Geschirr spülen gehört zu seinen Aufgaben. „Das macht ihm Spaß“, sagt Gabriela Grimmelmann, Leiterin des Cafés. In Zusammenarbeit mit der Hermann-Jülich-Werkgemeinschaft kümmert sich der Verein um ein möglichst selbstbestimmtes Leben von Menschen mit seelischen und körperlichen Behinderungen. An drei Standorten betreut die Werkgemeinschaft 110 Erwachsene.
Das „Robben Cafe“ ist Arbeitsplatz und sozialer Treffpunkt in einem
Auch Hauke lebt in einer heilpädagogischen Wohnstätte. Seit 2009 ist das selbstverwaltete Wohnprojekt Wilde Rosen sein Zuhause. Tagsüber arbeitet der 30-Jährige in der Küche des Cafés. Es bietet dem jungen Erwachsenen eine Möglichkeit zu arbeiten, ist aber auch sozialer Treffpunkt. Als „fleißig, aber still und in sich gekehrt“ beschreibt Grimmelmann Hauke: „Er hat sehr wenig Zutrauen in sich selbst.“
Hauke ist einer von neun Teilnehmern an einem neuen Forschungsprojekt der Hermann-Jülich-Werkgemeinschaft zum Thema „Persönliche Zukunftsplanung“. „Es geht darum herauszufinden, welche Wünsche und Bedürfnisse die Behinderten für ihre Freizeitgestaltung haben“, sagt Anke Brammen, Mitglied des „Steuerungskreises Inklusion“, der das Projekt leitet. Die Behinderten werden von Paten und einem Unterstützerkreis aus Familie, Freunden und Betreuern begleitet. Jeder Pate kümmert sich persönlich um einen Teilnehmer. In einem ersten Treffen haben beide einander bereits kennengelernt. „Es war unglaublich emotional“, beschreibt eine Patin das Kennenlernen. Viele hätten vor Aufregung gezittert. Erkennungsmerkmal zwischen Menschen mit und ohne Behinderung waren farbige Luftballons.
Was macht die Hermann-Jülich-Werkgemeinschaft?
Das Organisationsteam des Forschungsprojektes hatte im Vorwege Betreute und Betreuer mittels Fragebogen einander zugeteilt. Zwölf Sinnesfragen wie „was hörst oder riechst Du gern?“, oder „magst Du Geschichten oder Dinge lernen?“, kamen darin vor. Das Projekt startete im September 2015. „Wir hatten Anlaufschwierigkeiten“, erinnert sich Anke Brammen. Doch das sei kein Problem, da das Projekt erst am 31. Januar 2017 ende. Die Idee dazu war bereits vor vier Jahren entstanden. Monate vergingen, bis Kooperationspartner gefunden waren. Jetzt sind die Andreas-Tobias-Stiftung, die Alanus Hochschule mit dem Studiengang Heilpädagogik/Social Care sowie die Universität Witten/Herdecke mit dem Lehrstuhl für Forschungsmethodik und Statistik in der Psychologie mit an Bord.
Wie funktioniert Inklusion? Das ist im Forschungsprojekt eine zentrale Frage. Eine Patin beschreibt es so: „Wir leben nicht in einer genormten Welt. Jeder von uns ist auf seine Art anders und behindert. Es geht darum, soziale Nachhaltigkeit zu schaffen. Und zwar auch in der Praxis.“ Unter den Projektteilnehmern sind Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen – jung und alt, Männer wie Frauen. Manche werden rund um die Uhr betreut. „Unser wichtigstes Ziel ist, Wege aufzuzeigen, wie Menschen mit teils schwersten Behinderungen ein selbstbestimmtes Leben führen können“, sagt Anke Brammen. 40 bis 50 Stunden stehen den Paten in 2016 zur Verfügung, um Kontakte zu knüpfen, Vertrauen aufzubauen und die Wünsche für deren Freizeitgestaltung herauszufinden. Begleitet wird das Projekt fachlich von Professor Dr. Christiane Drechsler von der Alanus Hochschule und Professor Dr. Thomas Osterman der Uni Witten/Herdecke. Auch Angehörige der Behinderten sollen sich einbringen können. Der Pate müsse auch die Chance bekommen, sein Gegenüber genau kennenzulernen. „Denn“, so Brammen, „Eltern implizieren gern eigenen Wünsche auf ihre Kinder.“
Paten und Betreuer können für das Projekt weitere Hilfskräfte mobilisieren
Es ist nicht Bedingung zur Projektteilnahme, dass die Betreuer eine sozialpädagogische Vorbildung mitbringen. Doch alle neun Paten hatten schon vorher Kontakt zu Menschen mit Behinderungen. „Empathie und ein offenes Herz“ seien die wichtigsten Kriterien, so die Mitarbeiterin der Jülich-Werkgemeinschaft. Alle Paten würden zusätzlich von den Mitgliedern des Steuerungskreises geschult.
Ob eine Tanz- oder Sportveranstaltung, das Interesse an Natur, Tieren oder gemeinsamen Ausflügen – im ersten Schritt geht es im Projekt darum, die Wünsche der Teilnehmer herauszufinden. Für die Realisierung können weitere Hilfskräfte mobilisiert werden.