Delingsdorf. Wo Tannenträume wahr werden können? In Delingsdorf. Wir begleiteten eine Familie auf der Suche. Auch HSV-Kicker Diekmeier wird fündig.

„So mittel“, antwortet der zehn Jahre alte Liam auf die Frage, welche Größe der Weihnachtsbaum haben soll, den sein Vater Marc Geschke und dessen Lebensgefährtin Annika Bollmeyer heute gemeinsam mit ihm aussuchen wollen. Und wo soll er später stehen? „Vorn rechts in der Mitte.“ Aha. Das wäre geklärt. Liams sechs Jahre alter Bruder Lenny konnte nicht mitkommen. Er ist krank, musste bei Oma und Opa bleiben. Aber ihm sei sowieso egal, wie der Baum aussähe, meint der 42 Jahre alte Papa. „Hauptsache, es liegen genügend Geschenke darunter“, sagt Marc Geschke.

12.000 Nordmanntannen zieht Glantz im hofeigenen Wäldchen groß

Die Entscheidung ist gefallen: Unter der Delingsdorfer Nordmanntanne feiern Liam (l.) und Marc Geschke sowie Annika Bollmeyer in Seevetal Weihnachten HA Verena Künstner

Zu dritt sind sie aus dem südlich von Hamburg gelegenen Seevetal (Landkreis Harburg) extra nach Delingsdorf auf den Erdbeerhof von Enno Glantz gekommen, um sich für das Weihnachtsfest die passende Tanne zu besorgen. Und vor allem, um sie selbst abzusägen. Bei rund 12.000 Nordmanntannen, die Glantz im hofeigenen Wäldchen großzieht, ist die Auswahl riesig. Von gerade einmal kniehoch bis zu knapp zwei Meter lang sind die „Nordmänner“, die seit Jahren die beliebtesten Weihnachtsbäume der Deutschen sind.

„Das liegt an der langen Haltbarkeit und ihren weichen, dunkelgrünen Nadeln“, sagt Enno Glantz, der sich gerade deshalb auf diese Sorte spezialisiert hat. Laut dem Bundesverband der Weihnachtsbaum- und Schnittgrünerzeuger (BWS) steigt der Marktanteil der Abies nordmanniana jährlich. 2015 liegt er bei knappen 80 Prozent.

Zunächst heißt es Warten: Alle 16 Leihsägen sind im Einsatz

Im Glantzschen Tannenwäldchen ist der Andrang groß. Bevor Annika, Marc und Liam auf die Suche nach ihrem Traumbaum gehen können, müssen sie noch ein wenig warten. Sämtliche Sägen sind im Einsatz. Glantz-Mitarbeiter Jarek Maciakiewicz, der mit einem Kollegen für den Verkauf zuständig ist, hat gerade eben die letzte der 16 Leihsägen ausgegeben. „Dann trinken wir eben vorher noch einen Punsch und wärmen uns am Feuerkorb auf“, beschließen die drei Niedersachsen.

Für den Transport kommt der frisch gesägte Weihnachtsbaum ins Netz und wird auf Wunsch angespitzt. Marc Geschke (l.) packt selbst mit an
Für den Transport kommt der frisch gesägte Weihnachtsbaum ins Netz und wird auf Wunsch angespitzt. Marc Geschke (l.) packt selbst mit an © HA | Verena Künstner

Ohne Wartezeit können sich Claudia Schellenberg und Matthias Beckmann mit ihren beiden Kindern Elisabeth, 11, und Eduard, 8, ins Wäldchen aufmachen. Die Hamburger haben ihre eigene Säge dabei. Bisher brachten sie den Namen Glantz nur mit Erdbeeren in Verbindung. „Im Sommer sind wir oft auf den Selbstpflück-Feldern unterwegs“, sagt Claudia Schellenberg.

In diesem Winter sägen sie nun das erste Mal ihren Weihnachtsbaum selbst. Nach einer Viertelstunde haben sie ihn gefunden: Stolze zwei Meter misst er, 30 Euro kostet er. Das ist der Höchstpreis für die Nordmanntannen in Delingsdorf. Exemplare bis 1,20 Meter kosten 20 Euro, Bäume zwischen 1,20 Meter und 1,70 Meter 25 Euro.

Beim Schmücken hilft die ganze Familie mit. „Bunt wird er“, sagt Claudia Schellenberg. „Und eine HSV-Kugel haben wir auch“, ergänzt Eduard.

Claudia Schellenberg und Matthias Beckmann kommen mit ihren Kindern  Elisabeth und Eduard aus Hamburg
Claudia Schellenberg und Matthias Beckmann kommen mit ihren Kindern Elisabeth und Eduard aus Hamburg © HA | Verena Künstner

Prominente Gäste in Delingsdorf

Das würde Dennis Diekmeier wahrscheinlich gefallen. Der Fußballprofi vom Hamburger SV ist an diesem Tag auch in Delingsdorf. Gemeinsam mit dem Schauspieler Stephen Dürr („Alles was zählt“, „In aller Freundschaft“) und der Moderatorin Susanne Böhm wurde Diekmeier von Enno Glantz zum Tannensägen eingeladen. „Wir freuen uns über unsere prominenten Gäste“, sagt Glantz.

Frisch gestärkt durch Erdbeerpunsch und Bratwurst sind mittlerweile auch Marc, Annika und Liam aus Seevetal mit Säge und Adleraugen im Tannenwald unterwegs. „Ich würde am liebsten einen nehmen, den sonst keiner haben will“, sagt Annika Bollmeyer. Die 33-Jährige guckt dabei liebevoll ein ziemlich verwachsenes Bäumchen mit drei Spitzen an. Doch ihre beiden Begleiter haben bereits ein anderes Exemplar ausgewählt. Gerade gewachsen, nicht zu ausladend und „perfekt proportioniert“, wie Marc Geschke fachmännisch feststellt. Der soll es sein.

Sicher landet der 1,80 Meter große Nordmann in den Armen der Frau

Zunächst versucht der zehnjährige Liam sein Glück als Baumfäller. „Papa, du musst mir helfen!“, ruft er. Während der Sohn die unteren Äste hochhält, setzt der Vater die Säge an. Er kennt sich aus, denn am Vortag hat der Key-Account-Manager den Kettensägeschein gemacht. Ein Vorweihnachtsgeschenk seiner Freundin Annika. „Das hilft mir aber jetzt auch nicht viel“, sagt er und sägt sichtlich angestrengt den Stamm durch. „Vorsicht, Baum fällt!“ Sicher landet der 1,80 Meter große Nordmann in Annikas Armen. Geschafft.

Annika Bollmeyer verkürzt sich die Wartezeit mit einem Erdbeerpunsch
Annika Bollmeyer verkürzt sich die Wartezeit mit einem Erdbeerpunsch © HA | Verena Künstner

Für schwere Bäume bietet Glantz spezielle Schubkarren an, mit denen die Kunden ihre selbst gesägten Tannen zum Erdbeerhäuschen am Eingang der vier Hektar großen Plantage transportieren können. Dort werden sie bezahlt, für den Transport eingenetzt und auf Wunsch angespitzt.

„Wir haben den ganzen Tag nur mit gut gelaunten Menschen zu tun“, sagt Verkäufer Maciakiewicz, der die Tanne von Marc, Annika und Liam transportfähig macht. Bis zum 23. Dezember wird er mit seinem Kollegen täglich ab 10 Uhr im Tannenwald sein und mit Rat, Tat und Leih-Sägen zur Verfügung stehen.

Aufstellfertige Tannen gibt es im Lichterwald

Wer nicht aufs Selbstsägen versessen ist, kann sich im sogenannten Lichterwald eine aufstellfertig gesägte und gespitzte Tanne aussuchen. „Auch die stammen aus eigenem Anbau“, sagt Enno Glantz, der auf seinem Gut in Hohen Wieschendorf (bei Wismar) eine weitere Plantage betreibt.

Nach einem Bummel über den Delingsdorfer Weihnachtsmarkt, bei dem Annika Bollmeyer noch das eine oder andere Geschenk entdeckt, machen sich die drei wieder auf den gut 50 Kilometer langen Heimweg. In acht Tagen wird ein Delingsdorfer Baum, mit dunkelroten und silbernen Kugeln geschmückt, in einem Haus in Seevetal stehen. Wo genau? Vorn rechts in der Mitte...

So bleibt der Baum möglichst lange in Form

Schützen: Bewahren Sie den eingenetzten Baum bis zum Einzug in die Wohnung an einer sonnen- und windgeschützten Stelle im Freien oder in einer kühlen Garage auf.

Wässern: Um ein Austrocknen zu verhindern, den Baum in einen Eimer mit Wasser stellen. Eine etwa zwei Meter hohe Tanne verbraucht bis zu zwei Liter Flüssigkeit am Tag.

Ausnetzen: Einen Tag vor dem Schmücken sollte der Baum aus dem Netz geholt und aufgestellt werden. Er braucht diese Zeit, um die Äste wieder in die richtige Position zu bringen.

Aufstellen: Am längsten behält der Baum seine Nadeln, wenn er nicht direkt an der Heizung oder in Zugluft platziert wird. Baumständer, die mit Wasser gefüllt werden, sind wegen ihres Gewichts sicherer. Außerdem wird der Baum weiter mit Feuchtigkeit versorgt.

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