Ahrensburg. Wählergemeinschaft entscheidet sich um. Gebäude kostet rund 570.000 Euro und muss für Millionen saniert werden
Ihre letzte Sitzung in diesem Jahr am heutigen Montag werden Ahrensburgs Stadtverordnete mit einer überraschenden Entscheidung beschließen. Im letzten Tagesordnungspunkt des öffentlichen Teils soll es um „Entwicklungsmöglichkeiten des Speichergebäudes hinter dem Marstall“ gehen. Tatsächlich geht es um die Frage, ob die Stadt den alten Speicher kauft.
Und die Antwort darauf wird voraussichtlich anders ausfallen als die Beschlüsse in zwei Ausschüssen zuvor: Der Finanzausschuss hatte den Kauf wegen der prekären Haushaltslage abgelehnt, und der Bau- und Planungsausschuss nahm dieses Nein zum Anlass, das Thema ohne weitere Diskussion von seiner Tagesordnung zu streichen. Dem wird jetzt ein Beschluss für den Kauf folgen, mit knapper, aber sicherer Mehrheit.
Das unerwartete Ergebnis kommt zustande, weil die Wählergemeinschaft WAB sich umentschieden hat und, wie ihr Stadtverordneter Peter Egan sagt, zum „Zünglein an der Waage“ wird. Er sagt zwar auch, dass die WAB nach wie vor nicht glücklich damit sei, einer Investition zuzustimmen, für die es weder ein konkretes Nutzungskonzept noch eine belastbare Investitionsrechnung gebe.
Dagegen sei aber abzuwägen gewesen, dass sich die Stadt unter vertretbarem finanziellen Einsatz und Risiko eine interessante städtebauliche Option sichere. „Zwei städtebauliche Aspekte sprechen für den Kauf, auch wenn die Realisierungspläne noch sehr vage sind: zum einen das Potenzial, Akzente für die Neugestaltung der Innenstadt zu setzen, zum anderen der Anstoß für private Investoren. Unser städtisches Engagement am Gutshof soll ein Signal sein an die Privatbesitzer der anderen Gebäude, in die Zukunft des Quartiers zu investieren.“
Die WAB verhehlt nicht, dass sie auch durch den Zeitdruck umgestimmt wurde: Das Vorkaufsrecht der Stadt für den alten Speicher endet am 31. Dezember. „Die städtebaulichen Chancen wiegen für die WAB schwerer als die finanziellen Risiken. Wir werden daher der Vorlage zustimmen“, sagt Egan.
Voraussichtlich werden die Fraktionen der SPD, der Grünen und der WAB geschlossen für die Beschlussvorlage stimmen, die CDU und die FDP geschlossen dagegen. Weil zwei Grüne bei der heutigen Stadtverordnetenversammlung fehlen, dürfte es auf ein Stimmenverhältnis von 16:13 zugunsten des Kaufs hinauslaufen.
Tobias Koch, Fraktionschef der CDU, überzeugen die Gründe für den Sinneswandel nicht: „Die neue Mehrheit für den Kauf ändert nichts an unserer Auffassung. Es geht eben nicht allein um den Kaufpreis, sondern auch um die Kosten der anschließenden Sicherung und der baulichen Sanierung bis hin zu den Betriebskosten für ein unbekanntes Nutzungskonzept.“ Es sei unverantwortlich, so ein neues Projekt zu beginnen, wenn man all das in Relation setze zu drastischen Steuererhöhungen 2016 und einer hohen Neuverschuldung. „Wir schaffen es ja nicht einmal mehr, dringend erforderliche Projekte wie die Sanierung von Straßen und Schulen zu finanzieren.“
Thomas Bellizzi (FDP) kritisiert, dass es kein Nutzungskonzept gebe, also unwägbare Folgekosten, und das vor dem Hintergrund eines nicht ausgeglichenen Haushalts 2016. „Wir kaufen eine Katze im Sack, nichts ist konkret durchgerechnet. Kaufinteressenten wie das Rote Kreuz und die Awo haben angesichts der geschätzten Kosten von 2,5 bis drei Millionen Euro für erste Instandhaltungsmaßnahmen abgewinkt. Auch wenn die Ideen für die Speichernutzung inhaltlich, städteplanerisch und denkmalschützerisch nachvollziehbar sind, ist eine Kaufentscheidung zurzeit nicht seriös.“
Unterstützung bekommen die Befürworter des Kaufs durch Schleswig-Holsteins Landeskonservator Michael Paarmann, der angekündigt hat, dass der Speicher unter Denkmalschutz gestellt werde und das Landesamt wegen der besonderen historischen und städtebaulichen Gründe alle Bemühungen, das Gebäude zu erhalten, zu sanieren und neu zu nutzen, unterstütze.
Den Backstein des Anstoßes können sich die Stadtvertreter noch vor ihrer Sitzung in der Reithalle ansehen, soweit es die Beleuchtung hinter dem Marstall-Parkplatz erlaubt. Die Stadt hatte den 1895 erbauten Speicher 1999 für eine Million Mark an die Eigentümer des benachbarten Park-Hotels verkauft, das sich vergrößern wollte. Die geplante Nutzung wurde nie realisiert.
2005 vereinbarten die Eigentümer mit Ahrensburg eine zehn Jahre währende Rückkaufoption, die jetzt ausläuft. Ungefähr 570.000 Euro würde der Rückkauf inklusive Grunderwerbssteuer und Notargebühren kosten. Zahlen müsste Ahrensburg davon etwa ein Drittel, weil das Übrige durch die Städtebauförderung finanziert würde.