Bargteheide. Dritter Abschnitt der Bargteheider Westumgehung ist frühestens 2019 fertig. Stadt musste das Gutachten zu den Tieren erneuern

Die Planung für den Weiterbau der Bargteheider Westumgehung ist um mindestens ein Dreivierteljahr zurückgeworfen worden. Die Arbeiten an dem Abschnitt zwischen der Jersbeker Straße und der Lübecker Straße (die frühere B 75) werden frühestens in zwei bis drei Jahren beginnen. Der Grund ist das sogenannte Fledermaus-Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zum A-20-Bau bei Bad Segeberg. Die Richter hatten bisherige Gutachten im Grunde für ungültig beziehungsweise für nicht aussagekräftig genug erklärt.

Das Land Schleswig-Holstein hat alle Planfeststellungsverfahren bei ähnlichen Straßenbauprojekten auf den Prüfstand gestellt. „Die Gutachten mussten wiederholt werden. Die Nachkartierung der Fledermäuse hat uns ein halbes Jahr gekostet“, sagt Bargteheides Bürgermeister Henning Görtz. „Ich finde das extrem ärgerlich.“ Dadurch seien zusätzliche Kosten im fünfstelligen Bereich entstanden.

Bundesverwaltungsgericht hatte Methodik der Gutachten bemängelt

Noch schlimmer sei aber der Zeitverlust, den die Erneuerung der Gutachten nach sich ziehe. Erst in anderthalb Jahren – also Mitte des Jahres 2017 – dürfte der Planfeststellungsbeschluss, also die Baugenehmigung, erteilt werden. Nach der Ausschreibung der Arbeiten ist dann erst 2018 mit dem Baubeginn zu rechnen.

Zwei der insgesamt vier Abschnitte der Entlastungsstraße sind bereits befahrbar. Der Teil zwischen dem Kreisel an der Jersbeker Straße und der Alten Landstraße wurde im vergangenen Jahr eröffnet. Der erste Abschnitt von der Alten Landstraße zur Hamburger Straße ist bereits seit vier Jahren frei. „Das führt schon jetzt zu einer spürbaren Verkehrsentlastung im Stadtgebiet“, sagt Henning Görtz. Allerdings könne die Westumgehung erst ihre volle Wirkung entfalten, wenn auch der dritte Abschnitt abgeschlossen sei.

Bürgermeister Henning Görtz steht am Kreisel an der Jersbeker Straße, wo der nächste Abschnitt der Ortsumgehung beginnen soll
Bürgermeister Henning Görtz steht am Kreisel an der Jersbeker Straße, wo der nächste Abschnitt der Ortsumgehung beginnen soll © HA | Finn Fischer

An dem hängen noch weitere Projekte. Der dritte Bauabschnitt umrahmt – derzeit nur auf dem Papier – ein potenzielles Gebiet für Wohnbebauung an der Hamburger Straße im Norden der Stadt. „Dort können wir erst weitere Schritte unternehmen, wenn wir die Westumgehung haben. Bei den Planungen kommt es nun auch zu Verzögerungen“, so Görtz.

Für die gründliche Untersuchung der Vorkommen geschützter Arten und die Prüfung der Umweltverträglichkeit hat der Bargteheider Verwaltungschef durchaus Verständnis. In diesem Fall zweifelt Görtz jedoch am praktischen Nutzen der Nachkartierung: „Bad Segeberg ist eine Fledermaus-Hochburg, und daher ist es dort an der A 20 ein sensibles Thema. Aber soweit mir bekannt ist, gibt es hier in dem betroffenen Gebiet keine größeren Fledermausvorkommen.“

So ist die Neuerstellung der Gutachten wohl eher bürokratischer und juristischer Natur. Ohne die Nachkartierung würde das Land kein grünes Licht geben. Außerdem könnten Anwohner klagen und das Projekt über Jahre zurückwerfen.

Alle 15 Fledermausarten im Norden sind gefährdet

In Schleswig-Holstein leben 15 unterschiedliche Fledermausarten. Alle stehen auf der Roten Liste und werden als gefährdet eingestuft. Vor allem der Verlust des Lebensraumes sorgt für eine Dezimierung des Bestandes.

Die Gefahren des Straßenverkehrs machen den nachtaktiven Tieren ebenfalls zu schaffen. Fledermäuse jagen oft auf Feldern nach Insekten, meist entlang von Wallhecken oder Knicks, die oft auch vertikal zu Straßen verlaufen. Die Tiere fliegen so direkt auf die Straßen zu, können dort dann mit Fahrzeugen kollidieren.

Sogenannte Hog Over, dicht gepflanzte Baumreihen, stehen an den anderen Teilabschnitten der Westumgehung. Sie sollen die Fledermäuse auf natürliche Weise zu einer größeren Flughöhe verleiten, damit sie beim Überqueren der Straße in der Luft in Sicherheit sind. fif

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Thomas Degenhardt, Mitarbeiter im Bauamt des Rathauses, erläutert die Hintergründe. „Wir waren mit den Planungen gut davor. Dann haben wir das Glückslos gezogen“, sagt er. Das „Glückslos“ ist der Zeitpunkt, an dem das Bundesverwaltungsgericht die Methodik bei der Fledermaus-Untersuchung für nicht ausreichend erklärte. Das war 2013, nachdem die Naturschutzorganisationen BUND und Nabu gegen den Bau der A 20 bei Bad Segeberg geklagt und recht bekommen hatten. Seitdem liegt das 150-Millionen-Euro-Projekt auf Eis.

Daraufhin geriet das Land in Sorge, dass anderen Bauprojekten ähnliche Klagen drohen könnten. „Die Defizite in den Gutachten hätten uns noch Probleme machen können. Wir mussten sie grundsätzlich wiederholen“, so Thomas Degenhardt. „Und die Nacharbeiten waren nicht nur redaktioneller Natur. Die Gutachter mussten noch mal raus und nachkartieren. Und das geht nur in bestimmten Jahreszeiten.“

Die Untersuchungen sind mittlerweile abgeschlossen und werden der zuständigen Landesbehörde erneut vorgelegt. Degenhardt: „Wir hoffen, dass jetzt alles durchläuft. In dem Fall ist der nächste Schritt dann das Planfeststellungsverfahren.“

Anschließend folgen Baugenehmigung, Ausschreibung und die Umsetzung. Ab 2019 könnten Autos das Bargteheider Stadtgebiet dann komfortabel umfahren.