Bad Oldesloe. Rund 90 Gäste kamen zur Jubiläumsfeier für das Amt der Gleichstellungsbeauftragten im Kreis. Eine Gender-Expertin gab den Frauen Tipps.
Die Gleichstellung von Männern und Frauen, in allen Altersstufen und Lebensphasen, mit und ohne Kinder – mit dieser Aufgabe beschäftigt sich der Kreis Stormarn seit mittlerweile 25 Jahren. Und teils bereits sehr erfolgreich: Während andernorts regelmäßig über zu wenig Frauen in der Politik geklagt wird, „ist der Stormarner Kreistag mit einem Frauenanteil von knapp 38 Prozent bereits landesweiter Spitzenreiter“, sagte Stormarns Gleichstellungsbeauftragte Birte Kruse-Gobrecht auf der Jubiläumsfeier in Bad Oldesloe, zu der sie Gleichstellungs-Experten, Politiker und an Gender-Arbeit Interessierte eingeladen hat.
Dennoch: „Wir haben noch viel zu tun in Sachen Gleichstellung“, stellte Kruse-Gobrecht klar und überließ Referentin Marion Knaths das Wort. Die Gründerin des Hamburger Unternehmens Sheboss, das sich auf Führungskräftetrainings für Frauen spezialisiert hat, erklärte, wie sich Frauen gegenüber ihren männlichen Kollegen besser behaupten können. Dabei arbeitete sie die Unterschiede im Verhalten von Männern und Frauen heraus.
Bei der Begrüßung verhalten sich Männer und Frauen sehr unterschiedlich
„Wenn Männer nervös sind, neigen sie dazu, mehr Raum einzunehmen. Sie kennen doch sicher den einen oder anderen Kollegen, der es schafft, seine Sitzfläche zu verdoppeln“, sagte Knaths und erntete Zustimmung und Gelächter der rund 90 Gäste – darunter nur etwa knapp 20 Männer. Frauen hingegen, so die Gender-Expertin weiter, neigten in solchen Situationen dazu, sich körperlich zu verkleinern. „Manche Kollegen spielen sich da vorne auf wie Hollywood-Star John Wayne. Die Frauen werden stattdessen energetisch schmal.“ Knaths Tipp: Hände weg vom Körper und ebenfalls mehr Raum einnehmen.
Ein weiterer geschlechtsspezifischer Unterschied sei die Begrüßung. Zur Veranschaulichung bat Knaths die Bargteheider Stadtvertreterin Wiebke Garling-Witt auf die Bühne, die für die Stormarner Grünen auch im Kreistag sitzt. „Kennen Sie das Geklopfe von Männern bei der Begrüßung?“, fragte Knaths und stellte eine „typische Szene“ nach: „Stellen Sie sich vor, Sie sind Johannes B. Kerner und moderieren das aktuelle Sportstudio. Und ich bin dessen langjähriger Moderator Dieter Kürten“, sagte Knaths, griff dabei nach Wiebke Garling-Witts Hand – und klopfte ihr brüderlich auf die Schulter.
Die Begrüßung lief eindeutig schief. Die Politikerin wich sofort zurück, wirkte erschrocken. Was war passiert? „Das Schulterklopfen, das Anfassen ist der Übergriff in den privaten Raum eines Menschen, ohne eingeladen zu sein“, erklärte die Führungskräfte-Trainerin. Die meisten Frauen wollten nicht angefasst werden von Kollegen, sondern ihm nur die Hand reichen. Das Problem: „Wenn ein Kollege Sie anfasst und Sie weichen zurück, dann haben Sie sich untergeordnet. Das ist ein ganz starkes, körperliches Signal“, sagte Knaths. Denn auch Berührungen seien Kommunikation. Und sie legten die Hierarchie fest. Deshalb gelte auch: „Fassen Sie niemals einen Ranghöheren an. Aber setzen Sie es bei Kollegen und Kolleginnen gezielt ein“, so Knaths.
Testperson Wiebke Garling-Witt bestätigte die Ausführungen der Führungskräfte-Trainerin: „Ich fand es so treffend, was ich in diesen Paar Minuten mit Frau Knath erlebt habe. Genau so kenne ich es aus der Realität“, sagte die Grünen-Politikerin, die als einzige Frau im Kreisverkehrsausschuss sitzt.
Ob Frauen in Führungspositionen wollen, hängt vom beruflichen Umfeld ab
Mehrfach angesprochen wurde das mangelnde Interesse von Frauen an politischen oder Führungspositionen. So sagte etwa Landrat Klaus Plöger mit Blick auf die bevorstehende Landrats-Wahl: „Es gibt sicher einige, die hoffen, dass auf meinem Stuhl irgendwann eine Frau sitzt. Aber wenn man sich die aktuelle Lage anguckt, dann muss man auch sagen: Die Frauen müssen auch kommen und sagen: ,Ich will das.’ Es hat sie niemand daran gehindert.“ Der Hintergrund: Für den Posten des Landrats haben sich zehn Männer und vier Frauen beworben.
Plöger sagte, er sei offen dafür, dass Frauen hohe Positionen in Politik und Wirtschaft übernehmen. „Aber wenn keine sich bewirbt, kann man eben nichts machen“, so seine These. Führungskräfte-Expertin Knaths sieht das anders: „Frauen wollen ja nicht – das ist das Argument, das immer gebracht wird. Aber ob Frauen wollen oder nicht, das hängt stark damit zusammen, in welchem Umfeld sie sich bewegen und ob sie sich wohlfühlen. Das zeigt auch eine aktuelle Studie.“
Demnach wurden weibliche und männliche Studienabgänger befragt, ob sie beruflich Karriere machen wollen. Jeweils ein Drittel der jungen Frauen und Männer bejahten dies. Zwei Jahre später wurden sie erneut befragt. Bei den Männern sei das Ergebnis unverändert gewesen, sagt Knaths. Bei den Frauen hingegen sei der Anteil derer, die Karriere machen wollten, dramatisch eingebrochen.“