Oststeinbek. LKA warnt vor PC-Betrug. Experte gibt sieben Tipps. PC-Doktoren haben jede Menge Arbeit. Ein authentischer Fall aus Oststeinbek.
Peter Niendorf und seine Mitarbeiter sind zurzeit ganz besonders gefragte Doktoren. In ihrer Praxis im Gewerbegebiet am Rande Oststeinbeks behandeln sie Patienten, durch deren Herzen Strom fließt und deren Gehirne magnetisch aufgeladen sind. Die für gewöhnlich pfeilschnell rechnen und doch plötzlich nichts mehr können – weil ihre Besitzer Betrügern aufgesessen sind. Betrügern, die anrufen und vor den Augen ihrer Gesprächspartner deren Computer unbrauchbar machen. Das Landeskriminalamt (LKA) in Kiel warnt zurzeit aus gegebenem Anlass vor Anrufern, die sich als Mitarbeiter des Windows-Herstellers Microsoft ausgeben und technische Hilfe anbieten.
Viele Menschen fallen auf die Tricks der Betrüger rein. Sie kommen anschließend in Praxen wie die von Peter Niendorf. „In letzter Zeit hatten wir einige solcher Fälle“, sagt der Computer-Experte. Ein Patient gehört Anke H. aus Oststeinbek, die sich jetzt darüber ärgert, dass sie wider besseres Wissen fast alles falsch gemacht hat.
LKA-Sprecher Stefan Jung: „Die Betrüger rufen Bürger an, sprechen Englisch und geben sich als Mitarbeiter der Firma Microsoft oder aber als Windows-Support aus.“
„Mich hat eine Frau angerufen und behauptet, sie sei Microsoft-Mitarbeiterin in San Francisco“, sagt Anke H.
Stefan Jung: „Seien Sie immer kritisch am Telefon.“
Die 68 Jahre alte Oststeinbekerin, durchaus ein kritischer Geist, lässt sich auf das Gespräch ein, „leider“, wie sie später sagt. Sie spricht nahezu perfekt Englisch. Die Anruferin erklärt ihr, dass der Computer zu Hause in Oststeinbek am folgenden Tag wegen eines Virus’ „nichts mehr sagen“ werde. Ihr Mann bedeutet ihr noch per Handzeichen, dass sie aufhören, dass sie die Finger vom Computer lassen solle. Aber Anke H., vertieft in das Gespräch, ignoriert das Winken.
Stefan Jung: „Notieren Sie sich angezeigte Rufnummern von Ihrem Telefondisplay.“
Die Telefonnummer notiert sich Anke H. aber noch. Eine Garantie, das sie der Anruferin gehört, gibt es nicht. Möglicherweise ist sie gefälscht – Telefonie per Computer macht das heutzutage problemlos möglich.
Stefan Jung: „Gewähren Sie niemandem Unbekannten Fernzugriff auf Ihren Rechner.“
„Gehen Sie jetzt bitte an den Computer“, sagt die Dame, die aus San Francisco zu kommen vorgibt. Anke H. geht an den Rechner. Geduldig erklärt ihr die Anruferin Schritt für Schritt, was sie wo zu klicken habe. Und Anke H. klickt Schritt für Schritt. Und dann kommt der Moment, in dem die Frau am anderen Ende der Telefonleitung Geld verlangt. „Überweisen Sie bitte 400 Euro.“ Auf Anke H.s Bildschirm erscheint im selben Moment ein Foto der ihrem Wohnort am nächsten gelegenen Postbank-Filiale. In diesem Moment wird ihr klar, dass ihr Computer jetzt fremdgesteuert wird, aus San Francisco oder von sonst wo aus der Welt.
Stefan Jung: Gehen Sie sensibel mit Ihren persönlichen Daten um, geben Sie keine Bankinformationen preis. Und gehen Sie nicht auf die Angebote des Anrufers ein. Legen Sie im Zweifel auf.“
Anke H. erklärt der Anruferin, dass sie Rentnerin sei und jetzt nicht einfach so 400 Euro zahlen könnte. Daraufhin deutet die Betrügerin an, auch mit 200 Euro zufrieden zu sein. Die Oststeinbekerin, jetzt endgültig misstrauisch, legt auf. Ihr Computer sagt seitdem nichts mehr – um im Bild der Unbekannten Frau vom Telefon zu bleiben.
Stefan Jung: „Informieren Sie umgehend Ihr Bankinstitut und erstatten Sie Anzeige bei Ihrer nächstgelegenen Polizeidienststelle.“
Anke H. ruft bei der Polizei in Glinde an und schildert, was ihr gerade passiert ist. Ein Beamter lobt sie dafür, dass sie den Vorfall zur Anzeige bringt. Am Dienstagnachmittag hat die Oststeinbekerin noch einen persönlichen Termin bei der Polizei.
Stefan Jung: „Ändern Sie Ihre Passwörter für den Computer, Ihres E-Mail Kontos sowie bei den Banken. Lassen Sie Ihren PC vorsorglich von einem Fachmann überprüfen. Aktualisieren Sie regelmäßig Ihr Betriebssystem und Ihre Virenschutzsoftware. Nutzen Sie nur offizielle Bezugsquellen für Programme.“
Nun also befindet sich der PC aus dem Hause H. in der Praxis von Peter Niendorf und seinem Team in Behandlung. Der Computer-Doktor ist zuversichtlich, dass er die Daten von der Festplatte wird retten können. Dass es weitere Opfer aus der Region geben könnte, hält er für nicht unwahrscheinlich: „Die Betrüger gehen systematisch Telefonbücher durch und rufen Menschen mit Vornamen an, die auf ein höheres Lebensalter schließen lassen.
Informationen zum Thema gibt es auch unter der Cybercrime-Hotline des LKA, Telefon 0431/160-4545, montags bis freitags von 9 bis 15 Uhr.