Glinde. Unternehmen stellt laut Betriebsrat Fertigung in Glinde ein, 19 Mitarbeiter müssen gehen. Schwere Vorwürfe gegen US-Mutterkonzern

Sie konstruierten den Schrägaufzug im Bürohaus Dockland an der Hamburger Van-der-Smissen-Straße. Auch Deutschlands höchsten, gläsernen Außenlift für das Kristall-Wohngebäude im Holzhafen sowie jene für die U 4 in der HafenCity. Die Mitarbeiter des Traditionsunternehmens Hütter-Aufzüge gehören in ihrer Branche zu den Besten. Mit ihren schrägen Varianten ist die Firma aus Glinde sogar weltweit Marktführer. Jetzt bangen Teile der Belegschaft um ihre Jobs. Die Fertigung im Süden Stormarns wird eingestellt und verlagert. 19 Mitarbeiter müssen sicher gehen, dazu noch Kollegen aus fertigungsnahen Bereichen. Ein kleines Acht-Personen-Team aus Vertrieb, Konstruktion und Verwaltung soll am Standort in der Siemensstraße verbleiben. Das bestätigte Betriebsrat Ralf Münzel der Abendblatt-Regionalausgabe Stormarn.

Als die Geschäftsführung die Angestellten über diesen Schritt informierte, seien diese nicht überrascht gewesen, berichtet der 51-Jährige. Er erhebt schwere Vorwürfe gegen den weltgrößten Aufzughersteller Otis, der Hütter vor rund zwei Jahren übernommen hatte: „Die haben nie den Eindruck hinterlassen, dass sie an diesem Standort interessiert sind. Wir wurden kontinuierlich vom Markt genommen.“ Er habe schon damals mit dieser Entwicklung gerechnet.

Verkauf 2013, weil die fünfte Generation das Geschäft nicht fortführen wollte

Diese Meinung teilt auch ein Mitarbeiter, der namentlich nicht genannt werden möchte: „Wir haben zwei Jahre hart gearbeitet und von Otis keine Hilfe bekommen.“ Es habe nach dem Verkauf viele Versprechungen gegeben, die nicht eingehalten wurden.

Das Unternehmen Hütter-Aufzüge war von Heinrich Hütter 1876 am Hamburger Standort Kehrwieder im Hafen gegründet worden. 1972 sattelte die Firma nach Glinde um. Neben Standardlösungen für die Branche spezialisierte sich Hütter auf individuelle und anspruchsvoll zu fertigende Aufzüge. Das brachte der Firma, die unter anderem Projekte in Südkorea, Indonesien, Saudi-Arabien, Oman und China realisierte, internationales Renommee ein. Mehrfach wurde sie für ihre Innovationen ausgezeichnet. Zum Beispiel 2010 von der US-Zeitschrift „Elevator World“ für einen Aufzugbau im chinesischen Xi’an.

Weil die fünfte Generation das Geschäft nicht fortführen wollte, verkaufte die Familie das Unternehmen im August 2013 an den US-Konzern Otis, sprach von „einem perfekten Partner“. Die Amerikaner haben weltweit rund 64.800 Mitarbeiter, davon 2500 in Deutschland. 1200 sind Servicetechniker, die sich hierzulande auf 100 Standorte verteilen. 2014 machte Otis weltweit 13 Milliarden US-Dollar Umsatz.

Seit Übernahme mehr als die Hälfte der Belegschaft abgezogen

Der Name Hütter blieb auch nach der Übernahme erhalten. Bernd Hütter, der die Firma mit seinem Bruder Achim 25 Jahre geleitet hatte, sollte Geschäftsführer des Aufzugherstellers bleiben. Sechs Wochen später war er nicht mehr im Amt. Heute gehört der Familie noch die Immobilie in der Siemensstraße. Der Mietvertrag mit Otis endet 2018. Dann werden viele Mitarbeiter, die jetzt noch in Glinde beschäftigt sind, dort nicht mehr arbeiten. „Die Chance, den Jobabbau abzuwenden, ist gleich Null“, sagt Münzel. Derzeit werde im Unternehmen über einen Interessenausgleich und Sozialplan geredet.

Bei der Übernahme durch Otis waren am Standort Glinde noch 76 Mitarbeiter aktiv, in den vergangenen 25 Monaten wurde mehr als die Hälfte abgezogen. Wann genau Hütter die Fertigung einstellt, weiß der Betriebsrat nicht. Genauso wenig, wohin sie verlagert wird. Münzel sagt aber: „Otis hat die Philosophie, nicht in Deutschland zu fertigen.“

Glindes Bürgermeister Rainhard Zug erfuhr von den Plänen durch das Abendblatt. Der Verwaltungschef sagt: „Das ist ein Schlag ins Kontor. Es ist traurig mitanzusehen, wenn eine Unternehmensperle wie Hütter von einem großen Mitbewerber aufgekauft und dann plattgemacht wird.“ Die Firma Hütter war am Dienstag trotz mehrfacher Anfragen der Redaktion zu keiner Stellungnahme bereit.