Bargteheide. Fall Andreas Reigbert aus Bargteheide: Verkehrsausschuss will einheitliche Regelung innerhalb des HVV-Gebiets

Der Fall des an Multipler Sklerose erkrankten Elektromobilfahrers Andreas Reigbert aus Bargteheide muss im Hause des Hamburger Verkehrsverbunds (HVV) thematisiert werden. Das haben die Mitglieder des Kreisverkehrsausschusses beschlossen. Reigbert hatte dem Gremium am Montagabend ausführlich seine derzeitigen Probleme geschildert.

Wie berichtet, darf der 53-Jährige seit Kurzem mit seinem elektrischen Wägelchen nicht mehr in den Linienbus – jedenfalls nicht in jeden. „Die Autokraft beispielsweise lehnt die Beförderung jetzt ab, während die Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein aus Kulanz auch E-Scooter weiterhin mitnehmen“, beschreibt Björn Schönefeld, Nahverkehrsexperte in der Kreisverwaltung, den augenblicklichen Umgang mit dem Thema.

Kreis bringt Problem bei HVV-Sitzung Mitte des Monats zur Sprache

Ein unhaltbarer Zustand, und das nicht nur für Andreas Reigbert, der auf den Bus angewiesen ist, um damit die Strecke bis zum nächsten barrierefrei ausgebauten Bahnhof in Ahrensburg zurückzulegen. „Die Betroffenen brauchen Verlässlichkeit. Ob sie mitgenommen werden oder nicht, darf kein Zufall sein“, sagt der Kreisverkehrsausschussvorsitzende Lukas Kilian (CDU). „Deshalb müssen wir uns um eine einheitliche Lösung kümmern.“

Einheitlich heißt HVV-einheitlich. Deshalb wird Björn Schönefeld das Problem bei der nächsten sogenannten Aufgabenträgerrunde Mitte dieses Monats zur Sprache bringen. Der Ausschussvorsitzende Lukas Kilian hofft, dass die Frage, wie mit Elektromobilen zu verfahren sei, dann Niederschlag in den HVV-Standards finden wird. „An die wäre dann bei uns im HVV-Gebiet zum Beispiel auch Autokraft gebunden, selbst wenn das Unternehmen in anderen Landesteilen anders mit dem Thema umgeht.“

Verwaltungsfachmann Björn Schönefeld rechnet unterdessen nicht mit einer allzu schnellen Lösung. „Das ist zurzeit ein schwieriges Thema bundesweit“, sagt er. Ehe der Umgang mit E-Mobilen nicht abschließend geklärt sei, ließen viele Verkehrsbetriebe ihre Mitarbeiter entscheiden. „Und die“, so Schönefeld, „sagen verständlicherweise eher Nein. Schon aus Versicherungsgründen.“ Die Haftungsfrage ist übrigens auch für den Kreis Stormarn ein entscheidendes Argument. Er könnte als Aufgabenträger des öffentlichen Personennahverkehrs eine lokale Sonderregelung erzwingen, sieht aber lieber davon ab. Zu groß ist die Angst vor Regressansprüchen. Schönefeld: „Was ist, wenn der Busfahrer scharf bremsen muss, so dass ein E-Mobil umkippt?“

Weitere Schwierigkeiten aus Sicht der Verkehrsbetriebe: E-Mobile sind sehr groß und sehr schwer, dabei in ihrer Bauart aber so unterschiedlich, dass kaum eines mit einem anderen verglichen werden kann. Trotz dieser Unwägbarkeiten: Die Verantwortlichen beim Kreis haben erkannt, dass es zumindest Klärungsbedarf gibt.

Andreas Reigbert hat unterdessen Post bekommen. Nach den Berichten in der Abendblatt-Regionalausgabe Stormarn interessiert sich die nationale und internationale Rollstuhlfahrer-Szene für sein Schicksal. Er bekommt moralische Rückendeckung und praktische Tipps, selbst aus Spanien und den USA. Bargteheides Bürgermeister Henning Görtz hat ihm einen persönlichen Brief geschickt. Und die Deutsche Bahn und der Hamburger Verkehrsverbund haben geantwortet, allerdings sehr zurückhaltend. Eine endgültige Stellungnahme wurde angekündigt.

„Ich bin froh, dass es Reaktionen gibt. Auch von den offiziellen Stellen. Das zeigt Respekt vor meiner Situation“, sagt Reigbert. „Aber es nützt mir nichts.“ Und es ist ja nicht nur der Bus, der ihm Probleme bereitet. Er kommt auch am Bargteheider Bahnhof nicht in den Zug – deshalb ist ja überhaupt nur auf den Bus angewiesen: Die Bahnsteige sind zu niedrig, der Höhenunterschied ist zu groß, die Rampe im Zug daher zu steil. Die Kuppe, die sich an der Knickstelle oben bildet, nicht ohne Risiko überwindbar. Das hat Andreas Reigbert gerade erfahren müssen, als er mit seinem E-Mobil krachend auf der Rampe aufsetzte – weil er eben nicht nach Ahrensburg Bus fahren durfte. Jetzt ist sein E-Mobil möglicherweise kaputt, und auch die Bahn will ihn künftig nicht mehr mitnehmen.

„Eine Aufpflasterung an der Stelle des Bahnsteigs, an der die Waggons mit der Rampe halten, wäre eine kostengünstige Lösung“, sagt Andreas Reigbert. Das sieht auch Lukas Kilian, der Verkehrsausschussvorsitzende, so: „Die Bahn sagt immer, die Barrierefreiheit komme mit der S 4. Wir müssen deutlich machen, dass das noch absolute Zukunftsmusik ist.“